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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.12.1915
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- 1915-12-03
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- 03.12.1915
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Nr. 281. Z >?hrUch?'!m,ch ^ Ä»>iw»Ä^Mr8!M^^ÄÄÄ^^ sA " ° cir» jShrlich.' Nach dsw Ausland erfolgt Lief«rruog»Z Nauru 15 13.50 M^'/»S.2SNl-,'/, 6.50 M.; für Nicht-»> über L^>^ig oder dur^ Kreuzband, an Nichtwit^Neder in rni^lieder 40 "Pf., 32 M..^60^M.. 100^N. — Deilagen werden ü UMMmöÄMrftMerÄÄÄrSeUlAskMü^NWlLr^ Leipzig, Freitag den 3. Dezember >9lS. 82. Jahrgang. Redaktioneller Teil Der tausendjährige Dom. Ein deutsches Märchen von F. H, Ehmcke. Mitten im Herzen von Deutschland lag ein wundervoller uralter Dom. Ein sagenhaster Kaiser — so hieß es — hätte einem Gelübde gemäß seinen Bau begonnen, als er von einem Kriegszug aus dem Welschlande heimkehrte. Daher stammten wohl auch noch die wenigen antiken Säulen an den ältesten Bauteilen, die unter unendlichen Mühen aus beschwerlichen Pässen über das Gebirge gebracht worden waren. Die Säulenknäuse freilich wiesen nur zum Teil die er habene Selbstverständlichkeit ihres Ursprungs auf. Hier hatte, soweit sie verloren gegangen oder zerstört, die Hand des nor dischen Steinmetzen nachgeholfen, und es waren da in runen- hafte Verschlingungen allerlei absonderliche Fratzen und Untiere eingeflochten, wie sie wohl in den heidnischen Mären des alten Germanenvolkes ihr schattenhaftes Spukwesen trieben. Noch ehe die Kuppel sich über den ragenden Hallen wölbte, starb der Kaiser. Während Kämpfe um das Erbe entbrannten, blieb der Bau unvollendet liegen. Erst als des alten Fürsten Nachkomme sich im Besitz befestigt sah, ließ er die Arbeiten wieder ausnehmen. Unterdessen hatte die Baukunst sich neue Ziele ge steckt, und der leitende Dombaumeister führte, wie er das im nahen s Frankenlande gelernt, die Wölbungen noch weiter in die Höhe, so daß sich die Bögen oben im spitzen Winkel brache». Nicht gar so überschlank und mit so spinnwebfeincn Zieraten ge schmückt wie bei den fremden Vorbildern. Es haftete den Strebe pfeilern und den Gewölberippen doch viel heimatliche Derbheit und erdwüchsige Kraft an, so daß, wer sich auf dergleichen Dinge verstand, wohl wußte, daß sie eben nur hier und nicht ander wärts gewachsen waren. Die schlanken Glockentürme strebten in die Höhe, wuchsen und wuchsen — in wiederum eine spätere Zeit. Da war vom Süden her das Licht einer neuen Kunst, einer Wiedergeburt der Antike aufgegangen, und seine Strahlen fielen auch auf unfern Dom. Die Kirchengemeinde, die unterdessen auch ihren Glauben und ihre Frömmigkeit erneuert hatte, beschloß die Türme mit einem Dach zu krönen. Der Künstler, der dessen Form bestimmte, ließ seiner Phantasie die Zügel schießen und zog mit dem Stift einen schön geschweiften Umriß, einer Zwiebel nicht unähnlich, aufs Papier, so daß der Meister Dachdecker all seine Kunst ausbieten mußte, seinen Zügen zu folgen. Welsche Hauben nannte man die beiden Mützen, die die Türme jetzt be kommen hatten und die ihnen doch so behäbig und so gründlich auf dem alten Kopse saßen wie nur irgend einem guten deutsche» Michel seine Zipfelmütze. Gar die Kanzel erst, die doch einer berühmten anderen im sonnigen Italien nachgebildet war, hatte unter dem Schnitz- mcsscr ihres Schöpfers so ganz andere krause und eigenwillige Züge angenommen. Adam und Eva, die zwischen den Ranken wie in einer Laube saßen, sahen den vierschrötigen Bürgern und drallen Bürgerinnen trotz ihrer praradiesischen Maskenfreiheit zum Verwechseln gleich — und der gute alte Noah war dem Sternwirt vom alten Markt, der seine Nase ties in den Römer hängen ließ, wie aus dem Gesicht geschnitten. Und in den bunten Glasschildsreien, mit denen reiche Pa trizierfamilien die hohen Fenster schmückten, sah man blond bärtige Helden, mit Turbanen und Nömerharnischen, aus deren Händen eine blauäugige Gottesmutter köstliche Angebinde ent gegennahm. Aber ehe noch der weltfrcudige Schmuck des Gotteshauses vollendet war, ballten sich neuerdings finstere Schicksalswolken über dem Land zusammen. Glaubensstreitigkeiten gaben den Anlaß, Machtgier der Mächtigen die Ursache zu einem furcht baren Bruderkampf. Auch der Dom blieb nicht verschont. Ein Brand raubte ihm das Dach. Etliche der bunten Fenster zerbarsten unter dem Hagel von Geschossen zu winzigen Splittern. Und was kostbar und zu Geld zu machen war, siel endlich der sinnlosen Wut und Habsucht des Pöbels zum Opfer. Als die Stürme sich ausgetobt hatten, waren 30 lange Jahre ins Land gegangen. Die man als Kinder noch über dem alters grauen Becken getauft hatte, waren, soweit der Tod sie verschont, in harter Zucht zu ernsten Menschen herangercist und sahen mit andern Auge» ins Leben als jene, die dereinst in der Sakristei den Ehebund schlossen und jetzt zumeist in ihren kühlen Grüften ruhten. 'Es war wohl eine andere, eine ganz andere Zeit mit einem andern Glauben und einer neuen Gottesanschauung. Aber was den neuen Männern, die jetzt die Geschicke der schwer behaup teten Vaterstadt leiteten, als köstliches Erbe verblieben, das war doch eine große Ehrfurcht und eine stille Liebe für das, was von den Voreltern überkommen war. So machten sie sich denn daran, das alte Gotteshaus, den Ruhm und Stolz des Landes, wieder aus der Verwahrlosung aufzurichten. Wie durch ein Wunder war doch noch vieles er halten geblieben. Eigentlich aus jeder der mannigsachen Bau zeiten etwas. Den uralten Steinpfeilern war am wenigsten Schaden ge schehen, von den Glockentürmen war der eine erhalten, der andere bekam jetzt eine neue, womöglich noch schwungvollere Zwiebel aufgesetzt. Die Kanzel prangte in voller Herrlichkeit inmitten zerbrochenen Kirchengestühls, nur dem Adam hatte ein wüster Patron den Arm abgeschlagen, der gerade nach dem Apfel greisen wollte. Der Baldachin über des Priesters Haupt war leider in Flammen aufgegangen und mußte durch einen neuen ersetzt werden, der wie das Dach einer chinesischen Pagode aussah, von Gold glitzernd und ringsherum mit kleinen Glöckchen behängt. Der aussührende Meister hatte etwas Ähnliches bei seinem Ge vatter, dem reichen Handelsherrn, gesehen. Es war ein Zier schränkchen aus Lackholz, das mit einer Gewürzfracht weit über den Ozean aus dem Lande der Mitte gekommen war. Ganz sklavisch nachgeahmt hatte es der kunstfertige Mann beileibe nicht, in die Mitte der Kuppel hatte er sogar statt des bösartigen Drachen eine sanfte Taube in einem Strahlenkranz dargestellt, die als Sinnbild des Heiligen Geistes allsonntäglich über dem kugel runden Haupt des Herrn Archidiakonus schwebte. Wenn dieser sich auch bisweilen über die Sünden der Welt erregte und mit seinen seiften Händen auf die abgegriffene Brüstung schlug, wie es vordem viele seiner Vorgänger getan, so waren im allgemeinen doch ruhigere Zeiten über das Land gekommen. Das zeigte sich auch im Innern der Kirche, wo allmählich die >585
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