Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.11.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1915-11-27
- Erscheinungsdatum
- 27.11.1915
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19151127
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191511270
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19151127
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1915
- Monat1915-11
- Tag1915-11-27
- Monat1915-11
- Jahr1915
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktionell» Teil. ^r 276, 27. November 1915. tur«-Bande nach dem Westen durchschnitten sind und sich wenig« Pens nicht schnell wieder anknüpfen lassen werden. Darum sind neue Betätigungsfelder zu suchen und zu erobern. Vor acht Tagen saß bei mir in anregender Aussprache ein deutscher Buch händler aus Hamburger Schule. Der kam aus einem der öst lichen Kronländer Oesterreichs, woher jetzt auch ihn die Pflicht des Waffendienstes gerufen hatte. Der Name der Stadt, aus der er kam, war mir bis dahin überhaupt fremd gewesen. Auf meine erstaunte Frage, ob er denn dort als deutscher Buchhändler zurechtkäme, antwortete er durchaus bejahend. Die Stadt, so erzählte er, habe etwa 18 000 Einwohner, die Bevölkerung be stünde zumeist aus Rumänen, auch die der Umgebung, und sei wohlhabend. Der wohlhabende rumänische Bauer zahle für seine Söhne, die er die Stadtschule besuchen lasse, 60 und 70 Kronen für Schulbücher und dergleichen ohne Augenzucken. Deutsch wäre Mutz-Unterrichtsfach und die Kenntnis der deutschen Sprache auch unter den Erwachsenen vielfach anzutreffen. Die Schuljugend zöge er an sich heran durch billige Hefte mit bunten Umschlägen, um sie dann stufenweise weiter in die deutsche Lite ratur zu führen. Kurz, er fände dort sein Brot. Aufpassen müsse man allerdings scharf, denn alle Angestellten hielten Veruntreu ungen für erlaubt. Ich füge noch hinzu, daß dieser deutsche Buchhändler Frau und Kinder dort zurückgclassen hat, die das Geschäft, das natürlich auch mit Nebenartikeln arbeitet, derweile weiterführen. Wenn also jetzt schon deutsche Buchhändler im Osten ihr Bro: gefunden haben, um wieviel mehr wird das künftig der Fall sein! Es ist doch kein Zweifel, daß unsre wirtschaftlichen Be ziehungen zu Oesterreich-Ungarn, den Balkanländern und der Türkei einen gewaltigen Aufschwung nehmen werden. Deutsü wird dort hoffentlich sehr bald die langjährige Herrschaft der französischen Sprache brechen. Ich las jüngst in den Alldeutschen Blättern, daß in Koustantinopel die früher so zahlreichen fran zösischen Anschriften an den Läden verschwunden, daß alle fran zösischen Schulen geschlossen wären. Schon sind Deutsche, die dem Wehrstand angehören, in einer viel größeren Zahl dort, als man gewöhnlich annimmt. Diese werden natürlich meistens zu- rückkehren, aber in der Heimat rüsten sich Kausleute, Ingenieure, Gelehrte aller Art und sonstige Leute zum Zug nach Osten. Ein Lehrkursus für türkische Sprache, der jetzt vom Kolonialinstitm in Hamburg eingerichtet ist, hat sogleich 140 Teilnehmer gefun den, nebenher treiben auch noch viele andere die türkische Sprache. Mit diesen allen, ja womöglich ihnen voran, müssen die deutschen Buchhändler gehen, als Vorposten deutscher Kultur, als Bringer deutschen Geistes. Noch tobt der Krieg, aber wir vertrauen alle, daß wir im letzten Auszug des großen Dramas stehen. Wenn nun die Stunde kommt, da die Schützengräben verlassen werden und der Heimmarsch angetreten wird, dann werden wir Daheimgeblie benen den Rückkehrenden einen herzlichen und dankbaren Em pfang bereiten, werden auch allen, die daheim bleiben wollen, Arbeitsstätten offen halten. Aber immer schon sind die Deutschen von einem Trieb in die Ferne, ins Ausland beseelt ge wesen. Früher ging dieser Zug meistens nach England, Frank reich, Italien und übers Weltmeer nach Amerika. Diese Wege werden künftig nicht mehr gangbar sein, wenigstens zunächst nicht. Der Kurs mutz geändert und nach Osten gestellt werden. Und ich vertraue, daß manche unserer Kollegen, die jetzt im Kriege sich bewährt haben, nicht aus Abenteuerlust, sondern aus einem Kraftgcfühl zu neuer Betätigung diese Wege gern wandern wer den. Diesen im besonder», alskünftigenVorposten deut- s ch c r Ku l tu r, gilt mein Heilruf! Uns allen aber wünsche ich, daß, wenn das heilige Weihnachtsfest herangekommen sein wird, wir in Hoffnung auf baldigen Frieden uns zurusen dürfen: Fröhliche Weihnachten auf Vorposten und daheim! Hamburg, November 19iL. Justus Pape. Keeks. Pasteten, Lampreten nnd — Verleger. Die Damen vom Bahnhofsdienst hatten eine halbe Stunde Ruhe, bis der nächste Soldatcnzug durchkam. Frau Kommerzienrat sammelte ihre Helferinnen mit einem wohlwollenden »Machen wir's uns bequem, meine Damen« um sich. Etwas erschöpft ließ sie sich auf einer Bank nieder. Sie war befriedigt. Ihre Arbeitsverteilung hatte wundervoll ge klappt. Nur eine ganz leise innere Stimme sagte ihr, daß etwas wieder vergessen worden war, — sie wußte nur noch nicht, was es war. Ihr Auge fiel auf eine leere Keeksbüchse. »Liebe Frau Direktor«, rief sie einer Dame zu, »bitte telephonieren Sie. Wir brauchen sofort noch recht viel Keeks! Aber bitte bestellen Sie ausdrücklich nur Keeks von Bahlsen, Hannover; denn andere. . « »Nein, die Keeks von Krietzsch in Wurzen sind genau so gut.« Die Frau Superintendent wollte es immer besser wissen. »Haferkeeks von Paul Garms sind gesund und schmecken herrlich«, sagte die Frau Doktor. »Er hat aber auch Bananen- keeks«, wurde sie von einer anderen Frau Doktor belehrt. »Wie wäre es mit Lessing-Keeks?«, fragte ein sehr hübsches junges Mädchen. Ihre Mutter zog sie beiseite. »Kind, blamier' uns doch nicht vor so gebildeten Leuten! Du meinst Leibniz- Keeks; Du mußt Dir endlich merken, daß das der Leibniz mit .Nathan der Weise' ist.«*) Andere Damen hatten inzwischen neue Vorschläge gemacht. »Keeks bleibt Keeks«, rief eine klug aussehende Frau vom Gabentische herüber und strich fleißig weiter Butterbrote. »Nein, es bleibt bei Bahlsen-Keeks«, bestimmte Frau Koru- merzienrat und schnitt mit einer Handbewegung jede weitere Erörterung ab. Sie ließ ihren Feldherrnblick umherschweifen und lächelte befriedigt. Plötzlich sprang sie in die Höhe. »Ach, die Bücher!«, ries sie aus und schlug die Hände überm Kopf zusammen. »Ich wußte doch, es war etwas vergessen worden! Jetzt haben wir die Bücher wieder yicht verteilt!« »Na, das ist doch kein Beinbruch«, tröstete die eine Frau Doktor. »Wir geben einfach von jetzt an jedem Soldaten zwei solche Schwarten, — dann sind wir sie los«, riet die Frau Spinnerei direktor. »Meine Damen: eine edle Spende!«, ermahnte Frau Kom merzienrat. »Wir wollen den Herren Verlegern sehr dankbar sein, daß sie meiner Anregung folgten. Und überhaupt hört man doch, daß gerade Bücher bei unseren Soldaten . . . .« Sie voll endete den Satz nicht, denn sie mutzte ihre Aufmerksamkeit der Frau Superintendent schenken, die so seltsam kopfschüttelnd vor dem Bücherstapel stand. Die Frau Superintendent zog sie auch richtig mit einem Blicke herbei. »Ich weiß nicht«, sagte die hagere Dame sehr gedehnt, »ich weiß nicht; mit Büchern ist es so eine eigene Sache: man weiß nie, was drinsteht!« Frau Kommerzienrat hatte einen blitzartigen Einfall. Sie gab ihm sofort Ausdruck. »Aber das steht doch draußen drauf!«, erklärte sie lachend und legte ihre Weiche Hand begütigend auf die Schulter der Frau Superintendent. »So?« Frau Superintendent blieb zweifelnd und nahm einige Bücher vom Stapel. Sie schüttelte weiter den Kopf. »Wenn ich diese Titel lese, dann weiß ich noch lange nicht, ob . . . .« »Nein, der Titel ist mir auch immer gleichgültig«, unter brach eine der herangetretenen Damen. »Ich lese sehr viel, aber wenn ich beim Lesen bin und jemand mich fragt, wie das Buch heißt, dann mutz ich immer erst Nachsehen, was draußen drauf steht!« »Ach die vielen Bücher! Gibt's denn das überhaupt?«, rief eine sehr lustige Rentierstochter aus. Frau Superintendent blieb sachlich. »Man kann doch so ! ! Jawohl, io sagte sie!
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder