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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.10.1880
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- Erscheinungsdatum
- 04.10.1880
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- Deutsch
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welcher ein Menschenalter hindurch die deutschen Gauen verwüstete und aus lange Zeit hinaus das geistige und gewerbliche Leben brachlegte. — Frankfurts Niedergang und Ende wurden Veranlassung zu Leipzigs Aufkommen und Blüthe. Als im Jahre 1764 die letzten Leipziger und norddeutschen Handlungen sich von Frankfurt verab schiedeten, begann auch, indem man sich von dem ausschließlichen Tauschhandel lossagte, für denBuchhandel insgemein eineneueZeit. An die Spitze der Reformfreunde (im guten und bösen Sinn) war 1764 Philipp Erasmus Reich getreten, der Theilhabcr der Weidmannschen Buchhandlung. Im Gegensätze zu K. Buchner's etwas episch-behaglicher Schilderung der Persönlichkeit dieses Mannes nennt Schürmann auf Grund der noch nicht lange zugäng lich gewordenen Acten den vermeintlichen Reformator des deutschen Buchhandels, „einen falschen Biedermann, unfähig eines gemein nützigen Gedankens, dessen selbstsüchtiges, unter plumpem Morali- siren nur auf die Uebervortheilung Andrer gerichtetes Treiben aber durch eine Anzahl Vorgänge verschleiert worden ist, welche auf einen ganz andern Charakter seiner Handlungsweise schließen lassen, als derselben eigen war". Nach dem erbrachten Beweismaterial ge winnt man allerdings eine ähnliche Ansicht von dem Charakter des vielgewandten Mannes. Seine Thätigkeit unter der Maske eines Wohlthäters für den ganzen deutschen Buchhandel war im Wesent lichen der Ausfluß eines schroffen Eigennutzes: so die Einführung eines besonderen Leipziger Zahlungsmodus, seiner theueren Bücher preise, ferner sein Verhalten gegen die oesterreichischcn Nachdrucke! (namentlich Hrn. von Trattner in Wien) und dergl. mehr. Befand sich auch eine namhafte Anzahl von Leipziger Berlagshandlungen im Gefolge Reich's, so theilten doch weder alle Leipziger noch be sonders die Reichsbuchhandlungen seine Ansichten und die Achtung vor der Reinheit seiner Handlungen, ja man trat hier und dort in offenen Zwist mit dem „Fürsten der Leipziger Buchhändler" und beehrte ihn mit keineswegs schmeichelhaften Benennungen. Es war eine sonderbare Tücke des Schicksals, daß der Mann, welcher in so herber Weise mit den Nachdruckern umging und ihnen durch seinen weitragenden Einfluß das Handwerk möglichst zu er schweren suchte, durch den Nachdruck der Werke seines besten Autors, Gellert's, in Preußen geschädigt wurde, ja daß der Ber liner Nachdruck durch Berufung des Urhebers (Pauli in Berlin) an den König, des großen Friedrich's eigene Sanktion erhielt. Dieser Fall mag Reich eher als viele andere ähnliche dazu bewogen haben, zur Gründung einer„Deutschen Buchhandlungs-Gesellschaft" Anregung zu geben, welche zunächst die Verfolgung der Nachdrucker und Genossen, sowie der Schleuderer und sog. schleichenden Buch händler auf ihre Fahne schrieb. Die Gesellschaft bildete sich (aus etwa SO Handlungen) am 10. Mai 1765 und suchte unter Führung Reich's die Protection der sächsischen Regierung zu gewinnen, welcher sie von Reich's Seite als Körperschaft empfohlen wurde, die lediglich (n. p. durch ihn) dazu bestimmt sei, den Buchhandel Sachsens in Ansehen zu bringen. Erreicht wurde aber weder die thatkräftige Unterstützung seitens der Regierung noch überhaupt ein nennenswerther Erfolg in der Richtung, welche die „Grund gesetze der Deutschen Buchhandlungs-Gesellschaft" einschlugen: so starb die Verbindung, kaum geboren, eines stillen Todes und die Nachdrucker und Genossen Pfiffen höhnisch den Grabgesang. Am deutlichsten erhellt die zweifelhafte Gesinnung und Stel lung Reich's gegenüber den auswärts wohnenden Berussgenossen, namentlich gegen die, welche ihm bei seinen „Reformen" willig ihren Arm geliehen hatten, aus seinen „Schlichen zur Herbei führung eines Uebersetzungsmonopols" für Sachsen, d. h. einer Privilegisirung (für Sachsen) der in Leipzig verlegten Ueber- setzungen, in denen Reich eifrig thätig war. Eine derartige Privile gisirung schloß alle aus den Leipziger Markt gebrachten Concur- renzausgaben natürlich ans und machte Reich und Genossen zu unbedingten Herren der Lage. Hierbei gilt zu bedenken, daß ein solches Privileg von immenser Wichtigkeit war zu einer Zeit, wo Uebersetzungen aus fremden Sprachen in Deutschland eine sehr hervorragende Rolle spielten. Aber auch dieser Streich mißlang zum Theil; gerade der königliche Büchercommissar, an den sich die Petition zunächst richtete, durchkreuzte Reich's selbstsüchtige Pläne. Nichtsdestoweniger bestimmte ein chursächsisches Mandat vom Jahre 1773, daß für Uebersetzungen derjenige Verleger den Vorzug und das Ausschließungsrecht haben solle, welcher sich zu erst in der Leipziger Büchcrrolle einzeichnen lasse und für pünkt liches Erscheinen und gute Uebersetzung Sorge trage. Im Wesent lichen hatte also Reich erlangt, was er gewollt. Gegen solche Terrorisirung des Reichsgebiets durch die Leipziger Handlungen machte sich naturgemäß eine Reaction geltend. Die Reichsbuchhändler coalirten sich (es waren ihrer neunzehn angesehene Firmen) und faßten ihre billigen Wünsche zu einer „Schlußnahme" zusammen; der „Hanauer Bücher umschlag" trat in ein kurzes Dasein; in Mannheim sollte ein Auslieferungslager norddeutscher Verleger, in Nürnberg eine süddeutsche Messe eingerichtet werden — es „wollte" und „sollte" und blieb doch beim Alten. Im Laufe der Jahre bewirkte aber dennoch die Spannung zwischen Süden und Nor den eine derartige Umkehrung der Verhältnisse, daß man hier über eine schlechte Behandlung seitens der süddeutschen Hand lungen zu klagen Ursache hatte. Während man im nördlichen Deutschland noch immer möglichst die alten Wege wandelte, hatte im Süden schon längere Zeit ein neuer Geschäftsbrauch Platz ge griffen, und man unterschied schon von dem Leipziger Usus eine „Reichsbuchhändler-Handlungsart". Diese gipfelte im Conditions- geschäft statt des überwiegenden Tauschverkehrs, dem noch immer der Norden huldigte. Die Ausdrücke „xro novitato" und „ä condition" wurden allerdings nachweislich schon im ersten Viertel des 18. Jahr hunderts stellenweise angewandt, doch übte zuerst der Süden im ganzen Umfange die praktische Anwendung eines neuen Verkehrs, welcher sich mit jenen Worten verbindet. Völlige Oberhand gewann derselbe zu Ende des vorigen Jahrhunderts im ganzen Reiche. Ein mittelbares Ergebniß des neuen Geschäftsbetriebs war der Francaturzwang nach Leipzig als dem Knotenpunkte des Handels. Die Stellung des Buchhandels zum Publicum ist ebensowenig wie manche andere Seite der buchhändlerischen Zustände erst Gegen stand neuzeitiger Klagen. Schon das ganze 18. Jahrhundert durch werden Stimmen aus der Oeffentlichkeit laut, welche über die un sauberen Elemente im Buchhandel, über den Mißbrauch der Prä numerationen, Auktionen und der damals üblichen Bllcherlotterien jammern, die Gewissenlosigkeit mancher viel in Anspruch genom mener Verleger hinsichtlich der Bücherausstattung und Preise rügen, die Feilheit der Kritik, die rasche Folge der „Ausgaben" schelten und was dergleichen mehr ist. Sicher waren manche der vorge brachten Klagen nicht grundlos; auch nach dieser Seite steht die Handlungsweise Reich's in keinem günstigen Lichte. Jene Klagen dauern bis in unsere Tage fort und manchem „bedeutenden" Ver leger der Gegenwart wäre zu wünschen, daß er die entrüsteten Äuße rungen des Publikums über die Ausstattung seiner Erzeugnisse vernähme, Aeußerungen, welche an Schärfe denjenigen nicht nach- stehen dürsten, die Res. aus zeitgenössischen Briefen über den alten Reimer geschöpft hat. Eine lobenswerthe Neuerung, welche zu Ende des 18. Jahr hunderts Platz griff, war die Einrichtung von Ansichtsversendungen, eine besondere Eigenthümlichkeit des deutschen Sortimentsbuch-
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