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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.10.1915
- Strukturtyp
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- 1915-10-29
- Erscheinungsdatum
- 29.10.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 252, 29. Oktober 1915. die er bisher im Interesse des Sortiments übernommen habe, ent lastet werden müsse. Ohne die Wichtigkeit der Regelung innerpolitischer Be rufsfragen auf rein organisatorischer Grundlage zu unter schätzen, wird man doch zugeben müssen, daß ungleich wichtiger noch die Regelung des Verhältnisses des Buchhandels zur Öffent lichkeit und die Herbeiführung einer Verständigung mit den ge setzgeberischen Faktoren sind, schon weil alle »Beschlüsse« sich als wirkungslos erweisen, wenn ihnen die Anerkennung von der Ge setzgebung oder der Öffentlichkeit versagt wird. Denn auch die Öffentlichkeit hat heute ein wesentlich anderes Gesicht und bedeutet weit mehr als in früheren Zeiten, be sonders für einen Beruf, der wie der Buchhandel aus die Gesamtheit angewiesen ist. Jnfofem war allerdings die Gründung der Deutschen Bücherei ein Bruch mit der bisherigen Tradition, als ihre Gründung ein weithin sichtbares Zeichen dar stellt, daß wir gewillt sind, an allen öffentlichen, in den Kreis unserer Arbeit fallenden Aufgaben mitzuarbeiten, und diesem Wil len auch praktisch Ausdruck zu geben in der Lage sind. Sie ist aber weiter auch ein Zeugnis für unsere Anschauung, daß wir die eigenen Aufgaben nicht besser wahrnehmen können als durch För derung der Interessen der Allgemeinheit. Denn, ehrlich gesagt, spricht sich in der Errichtung der Deutschen Bücherei bei aller ihr zugrunde liegenden idealen Auffassung doch ein sehr realpoliti- sches Interesse des Buchhandels aus. Daß es sich nicht auf den ersten Blick offenbart, erhöht nur seinen Wert, da die beste Reklame immer diejenige sein wird, der man ihren Charakter nicht sofort ansieht. Die Gründung der Deutschen Bücherei, um bei der wich tigsten Errungenschaft des Börsenvereins innerhalb der letzten Jahre zu bleiben, hätte sich auch angesichts der großen Opfer viel leicht nicht so leicht durchsetzen lassen, wenn nicht im Hintergründe Aufgaben von wesentlich praktischer Bedeutung für den Buchhandel ständen. Die bloße Sammeltätigkeit und der Charakter der Deutschen Bücherei als der eines Archivs würden Wohl schwerlich ausgereicht haben, um ihr von allen Seiten Unterstützung zu sichern. Mit Fug und Recht aber erblickt der Buchhandel in der Deutschen Bücherei, wie es ja auch durch die Entwicklung bestätigt worden ist, nicht nur das Mittel-zur Ausgestaltung der Deutschen Bibliographie, sondern auch, von dieser ausgehend, die Möglichkeit einer weiteren Organisation des Büchermarktes. Ist doch durch sie nicht nur die Voraussetzung für den Übergang des wichtigsten Handwerk zeugs des deutschen Buchhandels — der Kataloge — in die Hände des Börsenvereins geschaffen worden, sondern auch der Grund zu einer Ausgestaltung derselben gelegt worden, die — wenn auch nicht von heute auf morgen —, nicht ohne Einfluß auf die lite rarische Produktion bleiben wird. Denn was bisher fromme Wünsche der Redaktion waren: eine methodische Aufteilung des Büchermarktes — Trennung der neuen Werke von den Neuauf lagen — Feststellung der Übersetzungen — Anteil des Auslandes an der deutschen Bücherproduktion — Scheidung zwischen Buch, Broschüre, Zeitschrift usw., ist nun in greifbare Nähe gerückt. Alle diese in den Bereich der Organisation des Büchermarktes gehö rigen Aufgaben sind so wichtiger Natur, daß der Börsenberein auch ohne die Gründung der Deutschen Bücherei Mittel und Wege hätte suchen müssen, um sich in den Besitz der Schlüssel zu den Pforten des Buchhandels zu fetzen, ganz abgesehen von dem frü heren peinlichen Gefühl, auf den wichtigsten Teil des Börsen blattes, die Bibliographie, nur indirekt Einfluß ausüben zu können. So wird man in der Deutschen Bücherei kein fremdes Element erblicken können, sondern, im Gegenteil, die notwendige Ausgestaltung eines Berufsvereins nach einer Seite hin, die ihn erst befähigt macht, seine Obliegenheiten wahrzunehmen, indem sie ihn unmittelbar zu den Quellen seiner Arbeit führt. Mit demselben Rechte, mit dem man dem Börsenverein den Vorwurf machen könnte, daß er sich mit berufsfremden Dingen oder Aufgaben befasse, die nur lose mit seinen Obliegenheiten verknüpft sind, könnte der Vorwurf gegen diejenigen erhoben werden, die von dem Buchhändler verlangen, daß er über seinen Beruf hinaus denBlick auf die Allgemeininteressen richte. Weit da von entfernt jedoch, in dieser Einbeziehung weitergehender Auf gaben eine Überlastung oder ein unserem Berufe wesensfremdes >448 Element zu erblicken, möchten wir im Gegenteil die Forderung er heben, daß der Buchhandel immer mehr aus der Enge früherer rein berufsmäßiger Auffassung heraustritt, um seine Ziele in steter Wechselwirkung mit anderen wirtschaftlichen Organisatio nen zu erstreben. Denn ohne den eigenen Beruf zu schädigen, werden wir in Zukunft nicht alle diejenigen Beziehungen igno rieren können, die uns mit anderen Berufen verbinden. Wenn wir wissen wollen, was wir selbst zu tun haben, so werden wir zunächst einmal feststellen müssen, was unserem Volke nottut, und unsere Arbeit danach einrichten müssen. Der bloße Niltz- lichkeitsstandpunkt, der nur kennt und anerkennen will, was einem Berufe unmittelbar zum Nutzen gereicht, hat sich längst überlebt. Wenn wir auf Anerkennung unserer Tätigkeit rechnen wollen, so muß sie dem gro ßen Ganzen zugute kommen, und wir werden unsere Interessen nicht besser wahren können, als wenn wir zu nächst das Interesse der Allgemeinheit ins Auge fassen, weil auch diese erst bereit sein wird, unsere Arbeit zu würdigen, wenn wir befähigt und gewillt sind, an der Lösung allgemeiner Aufgabe mitzuarbeiten. Diese Befähigung aber ist abhängig von unserer Einsicht in die wirtschaftlichen und geistigen Forderungen unserer Zeit, so daß wir uns in erster Linie damit beschäftigen müssen, um zu erkennen, wo wir mit unserer Arbeit einzusetzen haben. Auch der Staat wird für berechtigte Forderungen des Buch- > Handels erst dann zu gewinnen sein, wenn unsere Arbeit seinen Interessen dient, das heißt, sich mehr als bisher nationalen Auf gaben zuwendet. Dazu bedarf es freilich tieferer Einblicke in das soziale und wirtschaftliche Leben der Nation, als sie durchschnittlich im Buchhandel vorhanden sind. Denn eine wesentliche Aufgabe des Buchhandels würde nicht allein darin bestehen, durch seine Tätigkeit mit an der staatsbürgerlichen Er ziehung der Massen zu arbeiten, sondern auch den geistigen Hori zont der unteren Volksschichten zu erweitern und für diejenige Literatur einzutreten, durch die eine vernunftgemäße Lebens- und Arbeitsweise der Volksmassen gefördert wird. Diese erzieherische Tätigkeit hat zur selbstverständlichen Voraussetzung, daß sich der Buchhändler selbst eingehend mit all diesen Fragen be schäftigt und in erster Linie an sich selber arbeitet, um befähigt zu sein, Schrittmacher im Sinne einer Höherführung der Massen zu werden. Dazu bedarf es nicht nur der Kenntnis der Grundlagen, auf denen die Wohlfahrt und das Gedeihen eines Volkes beruhen, sondern auch der Einsicht in alle wirtschaft lichen, nationalen und religiösen Fragen, vor die uns die Ent wicklung gestellt hat, mögen sie nun auf dem Gebiete der Indu strie, des Gewerbes oder der Landwirtschaft liegen, Kolonial politik, Flottenfrage, Bodenreform, Börse, Kirchen- oder Schul angelegenheiten betreffen. Wir haben schon früher die Forde- rung einer stärkeren Politisierung des Buchhandels erhoben, wo runter wir die Anteilnahme an allem verstehen, was unserem Volke nützt, und darauf hingewiesen, daß der Buchhandel in ständiger Berührung mit anderen wirtschaftlichen und beruflichen Verbänden nach Mitteln und Wegen suchen müsse, um ein tieferes Verständnis für die Aufgaben der Volkserztehung zu gewinnen, eben weil in letzter Instanz allez davon abhängt, in wieweit es gelingt, die große Masse des Volkes empfänglich für Bildungsmöglichkeiten zu machen. Begünstigt werden diese Be strebungen durch die gegenwärtige Zeit, in der jedem, auch dem einfachen Arbeiter, die inneren Zusammenhänge zwischen den Weltmarktsverhältnissen und seinem eigenen Haushalt zum Be wußtsein kommen, wie ja überhaupt der Krieg uns viele Dinge in vollständig neuem Lichte gezeigt und uns vor eine Reihe neuer Probleme gestellt hat. Erweitert sich so die buchhändlerische Berufsbildung zu einer Allgemeinbildung in der Weise, daß wir, von unserer beruflichen Arbeit ausgehend, uns ein klareres Weltbild zu machen suchen, so werden wir besser als bisher unserer Aufgabe gewachsen sein und nicht mehr zu fragen brauchen, ob der Buchhändler von heute noch ein ehr licher Mann sei. Denn dann wird sich die alte Wahrheit aufs neue bestätigen, daß ehrlich am längsten währt und es somit in seinem Interesse liegt, sich strebend in dieser Richtung zu bemühn.
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