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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.10.1915
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- 1915-10-29
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- 29.10.1915
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6478 Börsenblatt l. d. Drschn. Buchhandel. Fertige Bücher. ^ 252, 29. Oktober 1915. Maarten --Maartcns Wolfg. Schumann schreibt im Kunstwart: klnbemerkt ist im Kriegslärin zu Anfang August ein Mann heimgegangen, dein Deutschland schon im Frieden zu wenig Achtung entgegengebracht hat: Maarten-Maartens, Hollands größter Dichter. Einer der Berufenen und Auserwählten wie Ibsen, Björnson, Tolstoi. Aber durch viele Amstände mehr in der Stille gehalten als sie. Nicht wie die Norweger getragen von der Teilnahme eines aufstrebenden Volkes, nicht wie sie ein König der Bühne, nicht wie der Russe ein Bildner der Muttersprache und ein leidenschaftlicher Künder tiefster völkischer und darüber hinaus allgemein menschlicher Sehnsucht. In weit höherem Grade als diese drei ein durch und durch Gebildeter, so wandte sich Maartcns von vorn herein an Gebildete. Ibsen und Tolstoi waren Auto didakten, Björnson wirkte von Jugend auf als Poli- liker; Maartcns hatte deutsche und englische Schulen besucht und war Privatdozcnl der Rechte gewesen; eine strenge wissenschaftliche und eine reiche künstle rische Bildung, dazu eine umfassende internationale Erfahrung bestimmten sein Schaffen, dessen Geist der einer großen, lächelnden oder trauernden Überlegen heit ist. Meister war er vor allem im Roman; und in ihm bewahrte er jene strenge Haltung, die kein Bekenntnis, keine Selbstdarstellung, keine gefühlvolle Wendung an den Leser erlaubt. Man sagt, daß er viel von Thackcray und Swift gelernt habe; und jedenfalls stand er den neuesten Theorien seiner Zeit, denen eines Zola und des russischen und deutschen Naturalismus recht fern. Seine Werke sind „kom poniert" wie nur die feinsten Erzeugnisse der Motive wägenden und verbindenden, der auf das Ganze ge richteten, der einem großen Thema, nicht der klein lichen Lebensbeschreibung gewidmeten Kunst. Eine vollgültige Prosakunstlehre ließe sich aus seinen Romanen schöpfen. So kam er mit keinem Schritt der Mode, mit keinem der Masse entgegen, er for derte geistige Teilnahme und innere Hingabe. Es hat ihm zwar auch in Deutschland nicht an An erkennung gefehlt -— der Kunstwart brachte sic ihm als einer der ersten vor mehr als zwanzig Jahren entgegen — Wohl aber an Widerhall Den fand er in England und Amerika, wo die Köpfe weniger von Theorien, die Literaturwelt weniger vom Lärm kurzatmiger Bewegungen erfüllt war. Beide Länder erwiesen ihm die höchsten Ehren. Es ist nicht rühmlich, daß wir Deutschen hierin zurückstanden. Werken wie „Gottes Narr", „Auf tiefer Höhe", „Der Preis von Lis Doris", „Die Liebe eines alten Mädchens", „Eva" haben wir aus den letzten Jahrzehnten nichts von gleicher Art und kaum etwas von gleichem Rang entgegcnzusetzen. Zu allen Zeiten wird der Geist solcher Werke lebe» und Leben spenden, der Geist höchster und freiester Menschlichkeit, tiefsten Mitleids, mitleidlosen Zornes, inniger Güte, geschliffensten Witzes, reichster Welt empfänglichkeit und Menschenkenntnis; seine höchste Weihe empfing er aber durch eine jeder Bindung, jedem Dogma ferne Gläubigkeit, die inbrünstig die Lösung aller irdischen Wirrnis jcnseit der Erde schranke» suchte und Gestalten und Worte von tief beglückender Schönheit fand. Von Goethe durch eine Welt geschieden nach Sitte, Sprache, Lebens- gewohnhcit, Erfahrung und Stellung, hatte Maartcns doch gemeinsam mit ihm, den er wie einen Heiligen verehrte und liebte, die tiefe, stille Ehrfurcht vor den große» Wesenheiten der Welt und Geschichte, den weiten freien Blick über Zeiten und Völker, den Adel der Selbstbeherrschung im Künstlerischen und im Menschlichen — selbst die bittere Stimmung über die sozialen Verhältnisse der Gegenwart wich all mählich von ihm, ohne daß sein klares Arlcil darum sich getrübt hätte. Es ist kaum zuviel vermutet, wenn man an nimmt, daß der Weltkrieg ihn im tiefsten angriff. Schwankender Gesundheit, lebte er zwischen den Völkern, die sich jetzt befehden, beiden Teilen mannig fach verbunden. Die Wildheit einer Zeit, deren Gottlosigkeit er von je tief empfunden hatte, mag ihm unerträglich gewesen sein. Bezeichnend aber ist für ihn, daß er nicht in Klagen und Anklagen aus brach. Er sah auf die Zukunft, die er nicht mehr erleben sollte: „Jedenfalls wird es eine sehr ge- änderte Welt sein. Sie und ich, wir wollen von Gott erwarten, daß es eine bessere sei." So schrieb er im September 1914 Behält er recht, so wird diese Zukunft auch ihm und seinem Schaffen anders gegenüberstehen als seine Mitwelt. Der neulich an dieser Stelle veröffentlichte Aufsatz der „Frankfurter Zeitung" hat freundliche Beachtung bei vielen Kollegen ge sunden. Die vorstehende Äußerung des „K unst - wart" soll nun auch bei denen werben, die bisher noch abseits stehen. Bei den literarisch Anspruchs vollen werden Sie, gerade in diesem Jahre, wo so viele die „stillen", der Mode und dem Tages geschehen abgewandten Bücher bevorzugen, in Maarten-Maartens'Werken das Geeignete bieten. Alle deutsche» Ausgaben der Werke von Maarten-Maartens sind in meinem Verlage er- schienen. Ich bitte sie an Land des roten Zettels zu verlangen und in diesem Jahre besonders zu beachten. Verlag von Albert Ahn in Bonn
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