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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.10.1915
- Strukturtyp
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- 1915-10-28
- Erscheinungsdatum
- 28.10.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^ 251, 28. Oktober ISIS. sieht sie ihr Hauptrecht. Daher findet auch der moderne Haus geist jedes Handels, die »Rekla m e« , seinen Wirkungsraum im Buchhandel. Über diese kann ich nichts sage», denn ich finde kein deutsches Wort dafür; folglich muß sie doch ein Scheinding und nichts Wesentliches sein. Wenn man, um sich ihren Inhalt zu ver deutlichen, ein Fremdwörterbuch zu Hilfe ruft, so findet man darin eine Verdeutschung, die so unhöflich ist, daß man sie doch nicht leicht gebrauchen kann, nämlich: -Reklame: Schlau be rechnete Anpreisung in Zeitungen«. Wenn sic aber die bercch- tigte Hervorhebung der guten Eigenschaften einer Ware ist, so steht sie doch ein wenig im Widerspruch mit sich selbst, das heißt mit ihrem Namen. Es gäbe dafür ein gutes altes deutsches Wort, nämlich anfeilcn; aber das ist zu altmodisch, um für dieses glitzernde Gegenwartswort eintreten zu können. Merkwürdiger weise könnte man aber diesen Fremdling im Deutschtum mit dem gewaltigsten Ereignisse unserer Zeit in Verbindung bringen und sagen: so wie nach dem Ausspruche des großen Moltke der Krieg ein notwendiges Übel sei, so ist es auch die Reklame im Buch handel; immer mit dem bekannten Vorbehalte des römischen Dichters; wenn man Kleines mit Großem vergleichen darf. So möge auch die Gunst der Gegenwart ihr Recht haben; aber die Zukunft muß doch aus ihr wie aus einem lautern Quell schöpfen, um sich zu einer Gestaltung zu bilden. Die Zukunft gehört der Jugend, die in diesen heiligen Krieg hiuausgezogen ist, um sich zu Deutschlands Ruhme blutbesprengle Lorbeeren zu holen. Wenn aus ihr Schriftsteller erwachsen, so werden sie deutsch sei» in edel geläuterter Weise. Das Gottesgefllhl wird in ihren Herzen leben und damit eine wesensvolle Empfin dung, die allem Schaffen das rechte Leben gibt. Wie in diesem Kriege alle deutschen Herzen sich zum Herru des ewigen Rechts als zum Schlachteulenker erhoben haben, so werden sie künftig das reine Menschentum und die Gottcsgemeinschaft nicht mehr verlieren. So wird der Krieg auch deutsche Schriftsteller er ziehen, und durch sie das deutsche Volk. Und daß auch der deutsche Buchhandel dabei zu neuer Blüte gelangt, dürfen wir hoffen. Aber über allem steht das deutsche Adeltum: Reinheit des Denkens und Fühlens in ungehemmter Wesenskraft. Graz. Wilhelm Fischer. Vom Haffen. Als ich vor Wochen verwundet nach Deutschland kam, war es eine besondere Freude, als wir nach der durchgefahrenen Nacht in der Frühe neue Tageszeitungen erhielten. Mehr als nach Essen und Trinken hatten wir bei den heftigen Kämpfen in Russisch-Polen Sehnsucht nach den Zeitungen gehabt, und jetzt hatte ich ein ganzes Bündel in der Hand. Die Freude war groß; ich las gute Nachrichten von allen Kriegsschauplätzen und freute mich besonders, daß es bei unserer Armee tüchtig vor anging. Nach den Kriegsnachrichten sah ich auf die Aufsätze unter dem Striche, sonst Feuilletons genannt. Da stand eins: Hatzloser Krieg. Irgend jemand fühlte sich in seinem Innersten gekränkt, daß sich innerhalb der schwarz-weiß-roten Pfähle noch Leute fanden, die ohne Haß oder, besser gesagt, ohne ein genügendes Maß von Haß unseren Feinden gegenüberständen. Der Schreiber sprach von Flaumachern und von dem Hasse, den die Feldgrauen gegen den Feind haben. Am Schlüsse des Aufsatzes stand sogar, daß ohne rechten Hatz die Schwerter stumpf blieben und daß der Haß ein notwendiger Bestandteil des Krieges sei. Als ich mit Lesen fertig war, zeigte ich die Zeitung zwei Kameraden, und wir sprachen über die Ansichten, die der Ver fasser fast überschwenglich verkündete. Ich gebe zu, daß wir alle von der Stimmung im Lande nicht viel wußten, waren wir doch alle durchschnittlich zehn Monate draußen. Vom Feindeshaß mußten wir aber etwas wissen, denn mit den Russen hatten wir genug zu tun gehabt. Wir gaben auch gern zu, daß wir vielleicht an der Westfront ein tüchtig Teil Haß gegenüber den Engländern gehabt und auch den Franzosen keine Achtung bezeigt hätten, wenn sie nicht im Kriege ehrliche Gegner gewesen wären. Darum gilt das Folgende nur für unser Verhältnis zu den Russen. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: wenn unsere Tätigkeit 1434 nur nach dem Maße des dabei gezeigten Hasses gewertet worden wäre, so hätten wir gewiß ein sehr schlechtes Zeugnis bekommen. Wohl haben wir die Russen in ihrer Gesamtheit gehaßt, als wir von den Vernichtungen in Ostpreußen hörten, und dieser Haß guoll aufs neue in uns aus, als wir zum ersten Male durch Ost preußen fuhren und die Verwüstungen sahen, die die Heere des Zaren unserem Vaterlande zugefügt hatten. Aber als wir dann im Kampf mit den Russen lagen und Gelegenheit hatten, uns etwas besser über de» Gegner zu unterrichten, war vom Hatz nicht mehr viel zu spüren. Beim Auszuge glaubten wir, im russischen Soldaten einen minderwertigen Feind zu erblicken, der durch die ihm-gewordenen Niederlagen moralisch nicht mehr aus der Höhe stehe und der außerdem durch seine Plünderungen und andere Schandtaten bewiesen habe, daß er nicht als voll wertiger Mensch gerechnet werden dürfe. Bald erkannten wir jedoch, wie oberflächlich unser Urteil war. Wir sahen, was für ein guter Kern im russischen Soldaten steckt. Ich möchte fast sagen, daß er uns in der Anlage seiner Feldbefestigungen eben bürtig war und in der Durchführung seiner Rückzüge sogar Großes leistete. Wir wußten aber ebensogut, daß nicht der ge wöhnliche Soldat das Schicksal des Krieges entscheidet, sondern daß der tüchtigste Soldat ohne die rechte Führung nichts Voll kommenes leisten kann. Und die russischen Führer versagten ent schieden. Sie waren es auch, die ihre Soldaten zu den schänd lichen Verwüstungen veranlaßten, die unseren Haß hcrborriefen. Wir haben allerdings Kosaken-Regimenter kennen gelernt, bei denen jeder einzelne Soldat unser» Hatz voll und ganz zu spüren bekam. Die überwiegende Mehrheit der russischen Soldaten wäre jedoch ohne Befehl nicht sengend und schändend ausge treten. Das soll keine Verteidigung der Russen sein, mit denen wir wochenlang die erbittertsten Kämpfe hatten. Aber Hatz war in all diesen Schlachten nicht bei uns. Wir kannten die Russen und wußten, daß wir ihnen erst durch den Sturmangriff die Stellungen entreißen konnten, die unfern Vormarsch aushielten. Froh, wenn uns die Artillerie durch wohlgezieltes Feuer den Sturm erleichterte, trauerten wir bitter um jeden Kameraden, der den Russenkugeln zum Opfer fiel. Und ich muß von mir sagen, daß über mich oft grenzenlose, früher nie gekannte Wut kam, wenn uns der Sturmangriff übergroße Verluste brachte. Dann ruhten wir nicht eher, als bis der Gegner vollständig ver nichtet war oder sich bedingungslos in unsere Hand gab. War der Befehl aber erfüllt und die Stellung unser, so erlosch die Wut von selbst. Im Herzen war vielleicht Stolz über den Erfolg, Trauer über die Verluste, aber nie Haß gegenüber dem besiegten Feinde. Kam überhaupt einmal in schweren Augenblicken der Haß, so galt er höchstens den ehrlosen Anstiftern dieses furcht baren Krieges, denen, die die Ursache all der unschuldigen Opfer waren. Zu diesen Opfern mutzten wir als gerecht denkende Men schen auch die Toten des Feindes zählen, selbst wenn sie vorher uns selbst, vielleicht sogar mit Erfolg beschossen hatten. Es kam sogar vor, daß wir unseren Feinden die Achtung nicht versagen konnten, sei es, daß sie sich im unheimlichen Feuer unserer Ar tillerie gehalten hatten oder daß sie trotz ihrer Minderzahl unseren Angriffen standhielten. Oft genug sahen wir, daß die Russen, selbst wenn sie leicht verwundet waren, nicht aus der Feuerlinie rannten, um das eigene Leben zu retten, sondern es als eine Selbstverständlichkeit betrachteten, unsere Verwundeten sorgfältig vom Boden aufzuheben und zur Verbandstelle zu bringen. Wir hätten schlechte Menschen sein müssen, wenn wir diesen Zug des Feindes nicht gebührend geachtet hätten. Ebenso unmöglich wie der Haß gegenüber den Soldaten war uns der Haß gegenüber der Bevölkerung, die wir oft sogar bedauerten, weil sie die Schrecken des Krieges schwer und uner bittlich tragen mutzte. Haß habe ich persönlich nur gegenüber den schändlichen Weibern verspürt, die in den größeren Städten Polens überall auftauchten, um die Kameraden in ihre Netze zu locken. Der Hatz gilt aber auch hier nicht der Nationalität, sondern dem Gewerbe der trostlosen Geschöpfe. Wir ekelten uns wegen des Schmutzes der Polen und hatten auch keine große Sehnsucht, Freundschaft mit den uns wenig zusagenden Bewoh nern des Landes zu schließen, aber was wir an Essen und Trin- ken übrig hatten, gaben wir ihnen gern, um sie zu überzeugen.
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