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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.10.1915
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- 1915-10-28
- Erscheinungsdatum
- 28.10.1915
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- Deutsch
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MlH Nr. 281. MAeAumöÄWrlenMrW'öerSrmW^Bu^MM^ Leipzig, Donnerstag den 28. Oktober 19l5. 88. Zahrgang. Redaktioneller Teil. Vom guten Buche. Wenn ich mich mit der Frage befassen soll, die mir von der verehrlichen Redaktion nahegelegt wurde*), so muß sie es gestatten, daß ich weniger Äußerliches heranziehe, als mich vielmehr bemühe, die Innerlichkeit der Frage ans Licht zu bringen. — In allen Verhältnissen des Lebens sind Reinheit und Gesundheit die Grundbedingungen eines gedeihlichen Zustandes, so auch auf dem geistigen Gebiete, dessen sichtbares Merkzeichen das Buch ist. Da dieser einzigartige Weltkrieg eine Neuschöpfung im ganzen deutschen Volkskörper bewirken und das heldenmütig vergossene Blut ein Reinigungsbad für denselben bilden wird, so wird auch, wie zu hoffen, das geistig-literarische Leben so geläutert werden, daß die Unreinheit, die die Krankheit ist, daraus mehr oder minder entschwunden sein wird. Und so wie die sieg reiche Vollendung des Krieges den Beweis der Gesundung des deutschen Volkes erbringen wird, mutz sich dieser Beweis auf alle Gebiete und auch ans das der Literatur erstrecken, die im Buche sichtbar in Erscheinung tritt. Die Fäulnisstoffe, die aus fremdem, äußerlich bestechendem Schrifttum in das unfrige ge tragen wurden, oft genug aus unlauteren Beweggründen, können entschwinden, wenn sie, wie zu hoffen, keine neue Zufuhr erhalten. Jeder Krieg, auch der siegreiche, ist eine Leidensschule, aus der ein Volk mit gehobenem Gottvertrauen und mit der sestgegrün- deten Empfindung für alles Wesenhafte in den Erscheinungen hervorgeht und im eigenen Siege zugleich den Sieg der Wahrheit bekräftigt sieht. Dieser tiefe Sinn für Wesen und Wahrheit macht den echten Schriftsteller und somit auch das gute Buch, lind bei diesem Sinne mutz auch die Beherrschung des Stoffes in der ihm natürlichen Form erfolgen, was einzig und allein den guten Stil ergibt, der den feinsinnigen Leser anspricht. Auch wird einer, der Wesen in sich trägt, keinen Stoff zur Bearbeitung wählen, dem er nicht durch die Wahrheit des Inhalts die Schön heit der Form geben kann. Und der Dichter vor allem muß, wenn auch oft nur von ferne, nach dem Ziele streben, das unser Großmeister Goethe in die goldenen Zeilen gefaßt hat: »Denke, bah die Gunst der Musen Unvergängliches verheißt. Den Gehalt in Deinem Busen Und die Form in Deinem Geist«. Das Höchste, was ein Dichter wirken kann, ist, ein Erzieher seines Volkes zu sein. Das war Goethe in unvergänglicher Weise. Das ist das Ideal, dem alle nachstreben sollen, die ihren Gehalt an Geist und Herzen mit den Mitteln des Schrift tums andern Mitteilen wollen. Und wenn sie auch nicht an Goethe heranreichen können, so sind sie doch seine Nachfolger: ein Heerbann edler Geister, die im Dienste des Schönen Gutes schaffen. Dazu gehört nur ein Kleines, was aber zugleich ein Großes ist: sie müssen erst das Gute im Herzen finden, um es dann als Schönes im Geiste erstrahlen zu lassen. Diese Wand lung ist geheimnisvoll wie jede Vergeistigung der Körperlichkeit und doch natürlich wie jede schöpferische Tat. Alles Flüchtige gehört nicht zu den Mitteln der Erziehung, denn in der Natur ist nichts flüchtig, und das scheinbar Vergängliche beharrt in seinem Wesen. Und was bei einem Schriftsteller am höchsten *l Ngl. Zur Hebung des Büchermarktes in Nr. 219. wirkt, ist weder Handfertigkeit, noch blendende äußere Vorzüge, sondern sein eigenes echtes Wesen in seinen Werken. Die Sucht nach Neuem als natürliche Eigenschaft der horchenden Menge bestand schon in der ältesten Zeit; denn Homer hebt sie hervor. Es soll ihr auch genügt werden, aber dabei die Tatsache wieder betont werden: das Wesentliche ist immer neu und das Ober flächliche immer alt — am Tage der Geburt. Wir ehren unsere Volksschullehrer als die Gärtner, die den Menschensprößling Pflegen und dessen aufstrebendes Wachstum sorgsam fördern. Und noch mehr zu schätzen sind Schriftsteller, die mit Kraft, Milde und Anmut im Amte stehen, die Erwachsenen in höherem Sinne zu erziehen. Man sagt auch, daß man aus Bü chern sich bilden solle. Nun denn, sich bilden heißt: alles Un wesentliche abstreifen; dann erscheint die reine Bildung, die einem von Natur gegeben ist. Die Vorbedingung einer solchen Bildung des Lesers ist aber, daß der Schriftsteller ihm immer nur das Wesen einer Sache gebe, in einer Form, die je nach seiner Begabung die Schönheitsverklärung mehr oder minder in sich trägt. Er wird damit sein Verdienst besitzen, und der Lohn der Wahrheit wird der seine sein, nämlich: der Einklang alles Widerstrebenden in seinem Innern. Dieser Einklang wird sich dann ohne sein Zutun wie von selbst auf den Leser über tragen und damit ein Erziehungswcrk vollbringen. Harmonisch auf einen wirken, das ist wahrlich eine edle Erziehungsart. Da mit wird auch gemäß dem glücklich geprägten Wort der Redaktion dieses Blattes in deren Zuschrift »die Erziehung des Publi kums zum Buche« gefördert. Und sie meint natürlich darunter nicht zum Buche schlechtweg, sondern zum guten Buche, wie sie dies an einer anderen Stelle ihrer Zuschrift hervorhebt. Wenn die Schriftsteller das Läutcrungsbad dieses Krieges seelisch und geistig mitmachen, so wird es am guten Buche künftig nicht fehlen. Die einzigartige überwältigende Größe dieses Krieges liegt darin, daß sich deutsches Wesen in der Einheit von Geist und Herzen unbesiegbar gegen eine Welt von Feinden ge zeigt hat. Die Kraft wurde aus dem Herzen geschöpft, die Mittel, diese Kraft auf gegebenem Wege vollendet in Erfolg umzusetzen, aus dem Geiste. In dieser Einheit hat sich deutsches Wesen übermächtig allen seinen Gegnern erwiesen, und wenn auch Österreich mit seinen heldenmütigen Völkerschaften dem großen Bundesbruder ebenbürtig zur Seite steht, so ist doch dieser in seiner erhabenen Gewalt und Ausdehnung niemals geahnte Kampf gegen die unzählig gescharten Feinde vorwiegend ein deutscher Krieg zu nennen. Und mit dem zu erhoffenden Siege, der ein Sieg des Rechts, der Wahrheit und der Kraft sein wird, hat auch das Deutschtum in der Welt gesiegt. An der künftigen Weltstellung Deutschlands kann auch das Schrifttum teilnehmen. Dazu braucht es nur eines: es muß deutsch sein. Das erscheint selbstverständlich und ist es wahrlich nicht; denn es ist auch ge heimnisvoll wie die deutsche Urkraft in diesem Kriege. Deutsch sein im Schrifttum heißt, dasselbe mit der Einheit von Geist und Herz derart zu erfüllen, daß es deutsches Wesen edel darstellt. So können auch andere Völker von diesem erzogen werden oder wenigstens der gleißenden verführerischen Literatur französischer Prägung nicht so hingegeben sein wie gegenwärtig. Freilich gehört all dies der Zukunft an; aber die Gegenwart will ihr Recht schon jetzt, und ihren Vorteil zu wahren, darin 14Z3
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