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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.08.1907
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- Erscheinungsdatum
- 02.08.1907
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- Deutsch
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^ 178, 2. August 1S07. Nichtamtlicher Teil. 80rstnbI-U f. d. Dtlchn. Buchhandel. 7605 August Artaria. (Geboren am 20. Juli 1807, gestorben am 14. Dezember 1893) Der «Neuen Freien Presse- (Wien) Nr. 15413 vom Sonntag den 21. Juli d. I. entnehmen wir mit gefällig erteilter Erlaubnis die folgende Erinnerung an August Artaria, den bedeutenden Wiener Kunst- und Musikalienhändler, hervorragenden Vertreter der hochangesehenen, blühenden Firma seines Namens, zur hundertsten Wiederkehr seines Geburtstags: (Red.) Von den Straßen der inneren Stadt Wien hat der Kohlmarkt trotz seiner Verjüngung den altwienerischen Charakter am meisten bewahrt. Schon im achtzehnten Jahrhundert war hier der Sitz der angesehensten und elegantesten Geschäfte. Die alten Wiener Straßenbilder lassen das deutlich erkennen. Und noch heute gibt es auf dem Kohlmarkt die meisten alten Firmen, deren Namen historischen Klang haben und die ihren Platz in der Wiener Stadtchronik behaupten. Auch der Kohlmarkt hat zwar die Neugestaltung der ganzen Stadt mitgemacht; aber in den modernen Häusern wohnen die jungen Generationen jener alten Familien, deren Vorfahren einst die Zeiten des alten längst verschwundenen Wien und seiner Schicksale erlebt haben. In einem dieser neuen Häuser konnte heute ein be deutungsvoller Gedenktag gefeiert werden — der hundertste Geburtstag August Artarias, der am 20. Juli 1807 in demselben Hause am Kohlmarkt zur Welt kam, wo die Kunst- und Musikalienhandlung der Firma Artaria sich schon seit 1789 befand. Hochbetagt ist er 1893 in demselben alten Hause gestorben, an dessen Stelle dann seine Söhne den stattlichen Neubau errichtet haben, der jetzt den Namen der Firma trägt. Dieser Gedenktag weckt die Erinnerung an die charakte ristische Erscheinung des alten Herrn, die jedem Wiener wohlbekannt war. Mit seinem ausdrucksvollen Gesicht, das nach altväterischer Sitte stets glatt rasiert war und dessen scharfes Profil an die italienische Abkunft mahnte, war August Artaria bis zu seinem letzten Lebensjahre in allen Ausstellungen und Kunstauktionen und bei den großen Konzerten zu sehen. Er war ein Repräsentant jener Klasse des Wiener Bürgertums, durch die die Kunst eine eifrige und verständnisvolle Pflege erfuhr. Seine Familie stammte aus Blevio am Comersee, wo auch sein Vater Dominik und seine Mutter Teresa geboren waren. Von dort waren drei Brüder Artaria schon zur Zeit Maria Theresias nach Wien gekommen, und einer von ihnen gründete 1770 den Kunst- und Musikalienverlag, aus dem später die Werke von Mozart, Haydn, Beethoven, Hummel, Pleyel, Clementi, Mayseder und die deutschen Ausgaben von Rossinis Opern »Tell«, »Semiramis«, »Tancred« und andere hervorgingen. Auch die schönsten Blätter der damals berühmten Wiener Kupferstecher er schienen im Verlage von Artaria. Dominik Artaria hatte die Firma 1802 übernommen und zu Ende der zwanziger Jahre seinen Sohn August in das Geschäft eintreten lassen. Der Vater stand in regem Verkehr mit Beethoven, der allerdings in Geschäftsangelegen heiten schwer zu behandeln war, und so kam auch August Artaria schon in jungen Jahren in Verbindung mit Beethoven. Bis in sein spätes Alter bewahrte er die Er innerung an seine erste Begegnung mit Beethoven, den er einmal in Begleitung seines Vaters in Baden begrüßen durfte. Über seinen Beethoven ging ihm nichts auf der Welt, und er pflegte mit Stolz zu erzählen, daß er als ganz junger Mann der ersten Aufführung der »Neunten Symphonie« beiwohnen konnte, die im Mai 1824 stattfand. Auch erinnerte er sich genau der historisch gewordenen Szene am Schluffe dieses Konzerts, als die Sängerin Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. Karoline Unger-Sabatier den tauben Meister anfaßte und ihn dem hüte- und tücherschwenkenden Publikum zuwandte, das dann in langanhaltenden Jubel ausbrach. So war August Artaria in seinen letzten Lebensjahren noch einer der wenigen Zeitgenossen, die unmittelbare persönliche Erinnerungen an Beethoven hatten. Die Casa Artaria war von Anfang an ein Zentrum der in Wien ansässigen italienischen Kolonie, die seit der Zeit Maria Theresias eine sehr zahlreiche war, und wurde von allen nach Wien kommenden Italienern, namentlich von Künstlern, als ein gesellschaftlicher Sammelplatz ausgesucht. Dominik Artaria hielt auch den Zusammenhang mit der Heimat eifrig aufrecht. Lange bevor eine Eisenbahnverbindung mit Italien bestand, fuhr er mit der Familie in seinem eignen großen Reisewagen nach Blevio am Comersee, wo er noch das Stammhaus der Familie besaß, zu dem auch ver schiedener Grundbesitz gehörte. August Artaria war deshalb in seiner Jugend oft in Como. Unter den italienischen Musikern, die im Hause Artaria verkehrten, wenn sie bei ihren Kunstreisen Wien besuchten, befand sich auch Nicolo Paganini, der im Jahre 1828 zum erstenmal mit seiner Zaubergeige nach Wien kam. Artaria arrangierte seine Konzerte in Wien, von denen das erste am 29. März im Redoutensaale stattfand und einen phäno menalen Erfolg hatte. Paganini blieb damals bis zum Mai in Wien, und es wurde hier ihm zu Ehren eine Medaille mit seinem Bildnis geprägt. Intim befreundet war August Artaria auch mit einem andern berühmten Violinvirtuosen, mit Henri Vieuxtemps, der als junger Mann um die Mitte der dreißiger Jahre längere Zeit in Wien verweilte und hier Kompositionsunterricht bei Sechter nahm. Im Hause Artaria kam Vieuxtemps damals mit vielen Musikern zusammen, die noch zum Kreise Beethovens gehört hatten und bei Artaria verkehrten, so mit Borzaga, Roguelette, Gyrowetz, Weigl, Baron Lannoy, Czerny, Holz, Linke, Merk und andern. So wie bei den großen Musikaufführungen in Wien war August Artaria auch in allen Kunstausstellungen und Kunstauktionen zu sehen, und er war in den Kreisen der Sammler als eine hervorragende Autorität in Kunstsachen, namentlich auf dem Gebiet der graphischen Künste, bekannt. Auch hat er selbst eine Sammlung erworben, die Stücke von seltenem Wert, namentlich Viennensia, enthielt. Dies brachte ihn in engen Verkehr mit Feldzeugmeister von Hauslab, der Artaria bei den Erwerbungen für seine Sammlungen und besonders bei seinen kartographischen Studien zu Rate zog, und mit dem Erforscher des alten Wien Albert von Camestna. Diese beiden Herren waren tägliche Gäste in dem Geschäfts lokal der Firma Artaria, als dieses sich noch in dem alten Haus auf dem Kohlmarkt befand. Auch Graf Moritz Dietrich stein, der in den dreißiger und vierziger Jahren Hofmusikgraf, Präfekt der Hofbibliothek, Hoftheaterdirektor und schließlich Oberstkämmerer bei Kaiser Ferdinand und Kaiserin Anna war, verkehrte viel mit Artaria in künstlerischen Angelegen heiten. Zu seinen Freunden gehörten ferner der Direktor des Münz- und Anlikenkabinetts Eduard Freiherr von Sacken und dessen Schwiegervater, der Landschaftsmaler Josef Höger, der Professor der Kunstgeschichte Rudolf von Eitelberger sowie Rudolf von Arthaber, mit dem Artaria auch im Mai 1848 in den provisorischen Gemeindeausschuß gewählt worden war. Artaria zog sich aber bald von der politischen Bewegung zurück, die ihm schon deshalb nicht zusagte, da seine Interessen vorwiegend der Musik und den bildenden Künsten zugcwandt waren. Bemerkenswert ist aber, daß in den fünfziger Jahren an ihn als Italiener appelliert worden war, seinen Einfluß auf seine Landsleute in der Lombardei anzuwenden, um dort friedliche und ruhige Verhältnisse anzubahnen. Artaria wandte 992
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