8898 Börsenblatt s. d, Dtschn, Buchhandel. Fertige Bücher. 195. 22 August 1908. Wir versandten Rundschreiben über folgende Neuheiten: T> Die Mitternachtssonne Roman von Laurids Brunn Autorisierte Übersetzung aus dem Dänischen von Pauline Klaiber Llmschlagzeichnung von Kurt Tuch. * Preis geheftet M. 3.—; gebunden M. 4.-. Laurids Brunns neuer Roman ist nicht etwa ein Reiseroman, wie der Titel vielleicht vermuten läßt, einer jener Reiseromane, die die Romantik des grandiosen Schauspiels der Mitternachtssonne zum Hintergrund irgend einer Liebesgeschichte erwählen. Nicht in den Schwarm der nordischen Touristen führt uns der Dichter, sondern in einen kleinen exklusiven Kreis — auf die Lustjacht eines regierenden Fürsten, der mit seiner Geliebten, seinem Leibarzt und seinem ersten Minister der Mitternachtssonne entgegenfährt. Dieser Fürst ist eine höchst interessante eigenartige Charakterstudie, bei der man unwillkürlich an den unglücklichen Bayernkönig, mit dem er viele Züge gemeinsam hat, denken muß. Wie der junge Herrscher dem ihm drohenden Wahnsinn zu entfliehen sucht in fernen Meeren, wie er sich betäuben will in den Armen seiner mit allen Reizen der Verführung ausgestatteten Geliebten, wie er der Freiheit psychisch und physisch entgegeneilen möchte und doch ein Sklave seines Standes, seines Berufes und seiner Umgebung bleibt, und wie er im Gefühl seiner Ohnmacht bei einer Katastrophe wirklich dem Wahnsinn verfällt, das ist von Bruun in einer fortreißenden, innerlich und äußerlich packenden Handlung mit allen Mitteln einer, man muß sagen raffinierten Mache geschildert. Die man nicht heiratet Novellen von Raoul Auernheimer Llmschlagzeichnung von Julius Klinger. * Preis geheftet M. 2.—; gebunden M. 3.50. Raoul Auernheimer, der elegante Wiener Erzähler, läßt seiner erfolgreichen Novellensammlung „Die ängstliche Dodo" nunmehr eine neue Serie mondäner Geschichten folgen, die er unter dem Titel „Die man nicht heiratet" vereinigt. In fast allen diesen Erzählungen handelt es sich, wie schon der Titel andeutet, um Liebesverhältnisse, die der gesellschaftlichen Sanktion entbehren, die aber vielleicht eben darum nur um so amüsanter sind. Indessen täte man Auernheimer unrecht, wenn man ihn als bloßen Amüseur nähme. Linker der fast durchwegs lächelnden, manchmal lachenden Maske seiner erzählenden Kunst verbirgt sich vielmehr ein durchaus ernster und ernst zu nehmender Satiriker. Jeder seiner Novellen liegt ein psycho logisches Problem zugrunde. Äber alles aber weiß Auernheimer das verführerische Kleid seiner eleganten Sprache zu breiten, die allein ihm schon viele Anhänger in deutschen Leserkreisen gewonnen hat und — wir sind dessen sicher — immer neue gewinnen wird. „Die man nicht heiratet" wird viel gelesen werden. Denn dieses Buch ist Llnterhaltungsliteratur im besten, im vornehmsten Sinne: Es unterhält und ist zugleich in jeder Zeile — Literatur.