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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.09.1915
- Strukturtyp
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- 1915-09-25
- Erscheinungsdatum
- 25.09.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. .->/ 223, 25. September 1915. beholfen, so gut es anging. Nun kennt inan indessen noch einen anderen Hunger als den, der den Magen knurren läßt, und noch einen anderen Durst als den, der die Kehle dörrt: das ist der Mangel an geistiger Nahrung, und über den wurde mir doch häufig geklagt. Nicht immer stehen die Truppen im Gefecht, nicht immer sind sie auf dem Marsche. Auch für die vor dem Feinde kommen Zetten der Ruhe, selbst in den Schützengräben des Stellungs kriegs, und da greift unser Feldgrauer dann gern nach einem guten Buche, um die Gedanken abzulenken von dem, was der Tag bringt, um nach der harten Arbeit des Dienstes einmal wieder die Phantasie zu ihrem Rechte kommen zu lassen, auch um den Geist zu sammeln und Einkehr zu Hallen in sich selbst. Wir sind ja Gott sei Dank kein Volk von Analphabeten. Wir haben auch ein Heer, in dem der Mann von akademischer Bil dung Arm an Arm neben dem Proletarier steht, der nur eine ge ringere Schule besuchen konnte. Und gerade das ist ein ge waltiger Antrieb zum Geistigen: die Bildungselemente im Heere reißen den Schwerfälligeren mit sich fort. Die Zeitung ist natur gemäß kein vollgültiger Ersatz für das Buch. Es ist verständlich, daß auch der Mann im Felde das Neueste vom Neuen wissen möchte; er hört draußen selbst von den Vorgängen, die sich rings um ihn abspielen, meist weniger als wir daheim, denen der elektrische Draht die Kunde ins Haus trägt. Er soll also die Zeitung nicht missen. Aber noch weniger das Buch. Mancherlei ist in dieser Hin sicht ja schon getan worden; man hat Feld- und Lazarettbiblio- theken gegründet, und hie und da in größeren Etappen haben sich sogar deutsche Buchhändler niedergelassen oder Filialen ihrer heimischen Sortimente eröffnet. Aber ich weiß, daß das noch nicht genügt. Ich selbst habe zahlreiche Verwandte und Freunde im Felde, und in jedem ihrer Briefe kehrt die Bitte wieder: »S ch i ck t B ü ch e r!«. In Tausenden und Abertausenden von anderen Feldpostbriefen wird man Ähnliches lesen können. Heinrich Lhotzky hat vor kurzem einen Aufruf erlassen, der den Titel führt: »Sparet nicht an Büchern!«. In dieser schweren Zeit wollen auch diejenigen leben, die Bücher schaffen: der Papierhändler, der Drucker, der Binder, der Setzer, der Ver leger, der Sortimenter, der Schriftsteller. Spart gerade jetzt, wo der tzimel rot ist über der Welt und über der Menschheit ein Druck liegt, nicht an Büchern. Und wenn Ihr zum Buch Händler geht, denkt auch an unsre Feldgrauen, die nicht in der Lage sind wie Ihr» in die nächste Straße zu gehen, um Nahrung zu finden für Herz, Geist und Gemüt. Schickt Bücher ins Feld! Die draußen verlangen danach. Auch Bücher sind Liebesgaben! Man wird fragen können: was für Bücher?! Auch darüber habe ich viele gehört. Die einen sagten: nichts von Krieg und Kriegsgeschrei, das haben wir alle Tage. Andere interessierten sich im Gegenteil für Schilderungen aus dem Feldzug, weil sie wissen wollten, ob man ihn auch so darstell«, wie er wirklich ist. Der war schwerblütig und wünschte leichte Unterhaltungslektüre zur Aufheiterung, der wieder emstere Werke, der Wucht der Zeit entsprechend. Der wollte Romane und jener Erbauungsschriften, der Biographien, jener ein philosophisches Buch. Die Stimmen waren verschieden. Das ist natürlich. Ich habe gelegentlich bei der Zusammen- stellmM von Lazarettbibliotheken geholfen. Da mußte auf alle Bildungsstufen Rücksicht genommen werden. Genau so, dünkt mich, ist es bei den Büchern, die wir ins Feld schicken. Romane werden immer verlangt, Zeitverkürzer, die anregen und unter halten, und da gibt es ja eine große Anzahl billiger Serien, für die unsre beliebtesten Schriftsteller tätig sind. Es ist selbst verständlich, daß die Wohlfeilheit mitspricht; zudem lassen sich die Bände dieser Romansammlungen auch bequem als Feld postbriefe verschicken. Dazu würden die zahlreichen volkstümlich geschriebenen Einzelschilderungcn kommen, die der Weltkrieg auf de» Markt geworfen hat, Mono- und Biographien, Geschieht? bilder, kulturhistorische Darstellungen, vor allen Dingen aber die Klassiker der Weltliteratur, die ja gleichfalls in mannigfachen billigen Ausgaben vorliegen. Man mißverstehe mich nicht, wenn ich die Billigkeit betone. 1302 Unsere Soldaten können sich nicht mit Bibliotheken schleppen. In den Marschquartieren und den Schützengräben wird mancher Band liegen bleiben müssen. Es schadet nichts, wenn man die Hoffnung hat, mit der nächsten Feldpost einen neuen zu bekommen. Die Hauptsache ist, daß der Bildung?- und Lesehunger im Felde Befriedigung findet. Ich habe auch nur andeuten wollen, was mir für unsere Grauen geeignet scheint. Geeignet ist im letzten Grunde alles, was dem Geist Anregung und Frische gibt, und ich denke, man wird mich verstehen, wenn ich hinzufüge, daß man nicht allzu wählerisch zu sein braucht. Auszuschlietzen ist nur, was gegen den guten Geschmack verstößt; was in den Niederungen der Literatur gedeiht. Und vergeßt auch die Bibel nicht! Sie ist besser als die Fülle von gutgemeinten Flugschriften, mit denen man uns über schwemmt; sie bleibi ewig das Buch der Bücher. Anreihen ließen sich ihr eine Anzahl trefflicher Kriegspredigten, die unsre Kanzel redner in letzter Zeit erscheinen ließen. Aber ich möchte ver meiden, auf Einzelheiten einzugehen. Der Mann im Felde ist immer dankbar, wenn man ihm Lesestoff zuschickt — und was ihm zusagt, was seinen geistigen Neigungen entspricht und ihm Freude macht, wird natürlich der Absender am besten wissen. Auch für die große unbekannte Masse ist die Auswahl nicht schwer, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, daß Unterhaltung und Belehrung in gleicher Weise berücksichtigt werden wollen; da ist der Buchhändler der beste Berater. Also schickt Bücher ins Feld! In dem ungeheuren Ringen dieser Zeit dürfen auch die Daheimgebliebenen nicht tatlos sein. Es ist ein köstlicher Begriff, das Wort Liebesgabe. Doch die Gaben, die unsere Liebe spendet, sollen nicht allein Etz- und Trinkwaren und Kleidungsstücke sein; vergessen wir nicht, daß man uns das Volk der Denker und Dichter nennt und daß die Kämpfer draußen allesamt zu unserm Volke gehören. Laßt sie nicht hungern und dürsten, aber schasst ihnen auch geistige Nah rung ! Schickt Bücher ins Feld ! Fedor von Zobeltitz. II. Jetzt kaust Bücher! sNachdruck gestattet,) Niemand braucht jetzt Bücher so nötig wie unsere braven Feldgrauen, die nicht weniger geleistet haben als unser Vater land, unfern Besitz, unsere Ehre, alles, was wir sind und haben, zu retten vor den gehässigsten und verlogensten Feinden, die je die Welt gesehen hat. Dafür gebt ihnen in diesem Augenblick die Handreichung, deren sie am nötigsten bedürfen. Für Woll sachen und Essen sorgt unsere herrliche Heeresverwaltung, an Tabak denkt ihr von selbst, aber an Bücher denkt ihr vielleicht nicht, weil ihr ihren Wert zu wenig versteht, denn ihr borgt sie zu viel und denkt, der Buchhandel soll sie verschenken. Der Buchhandel hat freilich viel geschenkt und ist stets voran, wo es sich um Hochherzigkeit handelt, aber er lebt vom Buch und darf sein Brot nicht verschenken, denn ohne die Bllchermänner wäre Deutschland verloren. Ohne Tabak und Alkohol kann Deutsch land Schlachten schlagen, die ganze Welt besiegen, aber nicht ohne das Buch. Jetzt sorgt alle, daß Bücher ins Feld kommen. Schafft sie für die ungezählten Tausende, die verwundet in den Lazaretten liegen, als euern ersten Dank, schafft sie für die Mannen im Schützengraben und in den rückwärtigen Staffeln. Der Krieg mag sich entwickeln, wie er will. Unsere Heeres leitung wird schon wissen, wie sie vorzugehen hat, denn — gott lob — unser Generalstab bestimmt seinen Verlauf. Aber eins sollt ihr wissen; Unsere Jungen kommen noch lange nicht heim. Auch nicht, wenn Friede geschlossen wird. Sic werden noch lange Besatzungsmannschaft sein. Da brauchen sie das Buch und immer wieder das Buch. Sonst halten sie es nicht aus. Das Buch ist die edelste Ablenkung von den Schrecken des Krieges, ^ die Genesung von der Roheit des Krieges. ! Drei Bedürfnissen dient das Buch. Erstlich dem Fach. Das ! Buch schasst Fachkenntnisse. Ihr wißt, daß unsere Fachkenntnisse ^ das Wesentliche des Sieges geschafft haben. Diese Überlegenheit
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