8546 BSU-n«»t! >. d. DUchn. Buchh-Ndkl. Künftig erscheinende Bücher. .4? 222, 24. September 1915. Ein hochbcdeutsamcs, außergewöhnliches Buch D ie Geschichte der kleinen Fliege spielt in den Jahrzehnten der Romantik, jener Zeit, die vielleicht die merkwürdigste und bedeutungsvollste für Deutschlands Entwicklung ist. Verblüffend wirkt die Erkenntnis, wie ähnlich die damaligen Stimmungen und die Menschen im innersten Kerne uns selbst in der jüngsten Epoche der Vorbereitungen des großen Krieges gewesen sind und wie auch damals das Deutschtum durch alle Gegensätze sich stegreich durchrang. Die Gestalt von Heinrich Heine bildet den Mittelpunkt des Werkes. Die bedeutsamen Ereignisse seines so wechselvollen und zerklüfteten Lebens werden durch die hohe Künstlerschaft einer Frau zu einer lebensstarken Dichtung ver woben. Seltsame Schicksale und Personen, wuchtiges Geschehen und zartestes Empfinden umgeben ihn; in diesem Buche ist das Grausen und die Leiden schaft, aber auch die sanft abgestimmte Harmonie und die Pastellfarbe lyrischer Stimmung. Weltbürgertum, Hochstaplergeschick und Frauenliebe aller Art schlingen sich zu buntem Reigen, und wie eine Arabeske rankt sich Menschen und Schicksale die rührende und doch zugleich in ihrer eigen- artigen Seelendurchleuchtung beunruhigende Geschichte der „kleinen Fliege", jener seltsamen Frau, die in Heines letzten Lebzeiten auftrat, von der man auch heute noch nicht genau weiß, was und wie sie eigentlich war. Neben seinem fesselnden Inhalt, den wechselvollen Geschehnissen, die in einen Rahmen von wundersamer Anschaulichkeit gestellt sind, bringt das Buch ein tiefes Einfühlen in die Gedankenwelt Heines und seiner Zeitgenossen, deckt alles, was um ihn war, in seinen Zusammenhängen auf. Ganz wie er war, der bedeutende und leidende Mensch, vielgeliebt von Frauen, mehr noch ge haßt und verkannt von Männern, erscheint uns der Dichter, ergreifend deut- lich — auch mit all seinen Jrrtümern und Schwächen. Eine leidenschaftliche Liebe zum Gewaltigen, besonders in der Natur, beseelt ihn und mildert seinen Witz und seine scharfe Ironie, und sein Kampf gegen alle und sogar gegen sich selbst übersieht auch in der Verbannung und in den Niederungen niemals das letzte Ziel: das große, freie, deutsche Vaterland, wie er es ahnte, wünschte und — trotz alledem — auch selbst mit vorbereitete. Verlag von GrcthleinkLo. G. m. b. H. in Leipzig