216, 17, September 1915, Fertige Bücher, I, d DIM, «»chh-°d-I, 5371 Lieber Katte urteilt Exzellenz Geheimrat Professor Dl-, Lllrich von Wilamowitz-Moellendorff in seiner Kaisergeburtstagsrede im Preußischen Abgeordnetenhause 1915 so: peinlicher war cs, daß er Friedrich Wilhelm I.) auf der Bühne nur so er schien, wie ihn Gutzkow in „Zopf und Schwert" gezeichnet hat und damals zeichnen mußte. Am so erfreulicher, daß noch kurz vor Ausbruch des Krieges ein junger Dichter, Lermann Burke, in seinem „Katte" die Tragödie dieses Königs und Vaters mit dem Tiefblick des echten Dichters in schlichter markiger Prosa ans Licht gebracht hat, hoffentlich auch auf der Bühne, Das ist eine Freude für den Patrioten: Dieser Alemanne aus dem Breisgau .steht dem allpreußischcn Wesen äußerlich fern genug Lieber Wiltseber schrieb anläßlich einer „Mannheimer Tagblatt" so: Dü- war ein Bekenntnitbuch, an Kraft und Größe Nietzsche- „Also sprach Zarathustra" ähnlich, Sn zwölf straffgespannteKapikel, in ein« in vierundzwanzig Stunden gefaßte Landlung warf er die schwersten Problem«, die Notsragen unserer Zeit, in die Welt. Die Sprache stieg hier noch höher wie zuvor: sie war von einer biblischen Wucht und Bildkraft, Lart gestaltete er seine Menschen, unerschrocken, wahr, dröhnend waren ihre Klagen und ihre Bekenntnisse, Was ein Dichter mit Worten zu gestalten vermag, das hat Lermann Burke im Wiltseber getan. Alle Schichten werden in ihm lebendig. Es ist ein Volksbuch. Eine Leimatbibel. Zm Wiesental lebt kein einigermaßen gebildeter (man verstehe hier nicht den schulmeisterlich gebildeten!) Mensch, der den Wiltseber nicht kennt. Alte Frauen haben mit weinenden Augen über das Buch mit mir geredet. Das Schicksal ihrer Leimat, wie es in BurteS Wilt- und innerlich nahe genug, um es aus freier Dichter kraft darstellen zu können. Größer noch ist die Freude über die Bereicherung unserer dramatischen Poesie, Ihr hatten in den letzten Jahren auf strebende Talente vielseitiges, ernstes und keineswegs erfolgloses Streben zugewandt: hier ist ein großer Wurf gelungen; was man aussetzen kann, soll die Freude nicht verkümmern. So wollen wir die Loff- nung auszusprechen wagen, daß die seelische Er schütterung und Erhebung des großen Krieges uns auch eine Blüte des ernsten deutschen Dramas bringen werde Aufführung eines Stückes von Burte das feber gezeichnet ist, hat sie auf- tiefste ergriffen. Zst da- nicht ein herrliches Zeugnis für da- Buch, daß die Schlichtesten und die Löchsten e- erschüttert an der Land legten? Daß es die Anverdorbenen, An- berührten und die Klaren, die ganz Klaren der- maßen ergriff? Ich denke: ja, es ist ein Zeugnis für die Wucht dieses Bekenntnisbuches, Es sind ja einige aufgestanden, die es zerpflücken wollten. Sie haben aber, wie die berühmten Zer pflücket: alle, an Buchstaben angefangen und sind zu nichts gekommen. Denn es ist stark nach jeder Seite. Wie er Menschen, Dörfer, Felder oder Naturstim mungen zeichnet, das muß man selber Nachlesen, Dem besten Kritiker bleibt es nur Vorbehalten, an zudeuten Echt alemannisch ist das Wesen des Sym bolischen in dem Roman. Keiner Aesthelen Sym- bolik, sondern die eines gläubigen alemannischen Menschenkindes, 7SS»