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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.02.1878
- Strukturtyp
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- 1878-02-25
- Erscheinungsdatum
- 25.02.1878
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- Deutsch
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768 Nichtamtlicher Theil. Xk 47, 25. Februar. Vettvesungsprozeß von Büchern öffentlicher Bibliotheken noch zu be schleunigen. Vor allem die Art des Transportes. Bibliotheksbesuchcr haben hierin sehr verschiedene Neigungen. Der eine schleppt, um ein paar lumpiger Citate willen, die er in wenigen Minuten auf der Bibliothek selbst erledigen könnte, die schwere Weisheit von Folianten durch die Straßen; er steht sich eben gern Bücher tragen, wie jener Backfisch, der zur Clavierstunde eilt und mit Stolz seine Notenmappe, auf deren Vorderseite in gvldner Lapidarschrift „Musik" eingcprägt ist, vor sich herträgt. Ein anderer trägt seine Bücher wie jede andere Last des Lebens und denkt sich eben nicht viel dabei. Noch andere aber glauben sich etwas zu vergeben, wenn sie mit einem Buche aus der Straße gehen sollten. Hat Jemand schon einmal einen Offizier in Uniform ein Buch tragen sehen? Gewiß nicht. Jeder Bibliothekar Weiß, daß der Herr Lieutenant seine Bücher Wohl auswählt, aber nie nach Hause trägt, sondern daß dies der Diener besorgt. Aber auch unter Jüngern der Wissenschaft gibt es einzelne, die in diesem Punkt- Offiziersbegriffe haben; da es ihnen aber am Diener fehlt, so trans- portiren sie die Bücher — in den Kleidertaschen. Nun, durch nichts werden Bücher schneller ruinirt: die Ecken werde» stumpf, die Schalen abgescheuert, Schlüssel oder Messer, die man daneben in der Tasche trägt, schieben sich zwischen die Deckel und zerknittern die Blätter des Buches. Doch auch das offene Tragen kann verhängnißvoll werden. An Regentagen geschieht es regelmäßig, daß Bücher total naß, ja oft mit halb durchweichten Pappdeckeln aus die Bibliothek zurückgebracht werden — unglaublich! und doch wird jeder Bibliothekar es bestätigen können. Setzt man die gedankenlosen Ueberbringer zur Rede, so ge lingt es nur in seltenen Fällen, ihnen ihre haarsträubende Dummheit — anders kann man's nicht bezeichnen — begreiflich zu machen. In der Regel hört man die Ausrede: „Entschuldigen Sie, es regnet." Factum, keine Erfindung. Sollen wir noch aufzählen, wie die Bücher zu Hause bei der Benutzung maltraitirt werden? Wie der Eine, der die an sich ganz löbliche Sitte hat, alles mit dem Bleistift in der Hand zu lesen, an statt sich seine Ercerpte sofort auf ein besonderes Blatt zu machen, erst das ganze Buch mit Strichen und Notizen oder gar mit geistreichen Randglossen versieht? der Andere, um die Stelle zu markirc», bis zu der er gelesen, anstatt zu einem Buchzeichen zu den sogenannten „Ohren" seine Zuflucht nimmt oder den ersten besten Gegenstand, der ihm gerade auf dem Arbeitstische zur Hand ist, Messer, Papierschere, Lineal oder irgend ein dünneres Buch in das zuzuschlagende Buch hineinklemmt und hierdurch die Bogen aus dem Band sprengt? Ein Glück, wenn die Bücher überhaupt noch aus diese Weise zugeschlagen werden, wenn der Leser nicht das aufgeschlagene Buch mit dem Rücken nach oben auf den Tisch legt — was ziemlich auf dasselbe hinausläuft, als wenn er mit dem Buche den Tisch reinigte — oder am Ende gar das Buch wochenlang, ohne es zu brauchen, ausgeschlagen liegen läßt, bis die obenliegcnden Blätter von einer Staubschicht bedeckt und durch das Licht schön kaffeebraun gefärbt sind. Der letztere Prozeß vollzieht sich ja namentlich bei den heutigen Papiersorlen mit einer Schnellig keit, die uns vor den Wirkungen der Naturkräste mit ebenso großem Staunen erfüllt, wie vor der Reellität unserer Papierfabrikantcn. Mit der Frage über die Behandlung der Bücher hängt eng zu sammen die über ihre Rückgabe. Auch in diesem Punkte wird der Leser schon im Privatverkehr unliebsame Erfahrungen gesammelt haben. Brave Leute, welche eine Geldsumme mit der größten Pünktlichkeit am festgesetzten Tage zurückerstatten würden, finden gar nichts darin, ein entliehenes Buch, auch wenn sie es längst nicht mehr brauchen, monatelang zu Hause zu behalten und, wenn man sie schließlich darum mahnt, sich zu geberdcn, als wollten sie einem die Freundschaft aus kündigen. In Geldsachen hört die Gemüthlichkeit sehr schnell auf, in Büchersachen soll sie womöglich eine unbegrenzte sein. Unsere Vor fahren suchten sich in erfinderischer Weise hier zu helfe». Auf Biblio- th-kszeichen, wie sie Büchersammler in früheren Zeiten aus die Innen seite des Einbandes ihrer sämmtlichen Bücher zu kleben pflegten, findet man oft hübsche Sprüchlein, welche den Entleiher bei jedem Aufschlagen des Buches an die Rückgabe desselben mahnen sollten. Christoph Zobel, der bekannte Herausgeber des Sachsenspiegels im 1 k. Jahrhundert, führte aus seinem riesigen Bibliothekszeiche» in Folio, welches in der Milte ein Todtcngerippe zeigte, das zum Memento für ihn selber bestimmt war, für seine Freunde unten am Fuße den Spruch: und im vorigen Jahrhundert hatte ein gewisser F. L. Gerlach aus seine Bibliothekszeichen die Warnung stechen lassen: stlunoipio inous 6Lt, usu bio libor, nt ownia inen, arnioorum. Xisi kamen intra XIV ckios oommockatum reckckiüorint illaoLuw adguo inun8.6ul8.tum, atro tsmxors: non babao, ckicaw. Ob solche Sprüche etwas genützt haben, weiß ich nicht. Heutzutage hat »ran im Privatverkehr gegen säumige Entleiher kein anderes Mittel, als ungenirtes und unermüd liches Mahnen. Kleinere Broschüren und Acitungsnumniern werden bekanntlich unter deutschen Gelehrten mit einer Gewohnheit, die an Grundsätze streift, von dem Entleiher nicht zurückgegcben; wer also so thöricht ist, sie auszuleihen, verdient nichts Besseres, als daß er drum kommt. Ocffentliche Bibliotheken haben das Zwangsmittel der regel mäßigen sogenannten „Revisionen", einer Maßregel, die natürlich in erster Linie gegen jene Kunden gekehrt ist, welche von einer Revision bis zur andern sich immer nur dann aus der Bibliothek sehen lasse», wenn sie Bücher brauchen, aber nie, um eins zurückzubringen. Nach Ablauf des Revisionstcrmins findet sich dann regelmäßig noch ein Päckchen Entleihscheine vor. Sieht man nach den Unterschriften, so bemerkt man, däß fast genau dieselbe edle Compagnie sich wieder zusammengefunden hat, wie das letzte und das vorletzte Mal. Es sind das diejenigen Herren, welche die allgemeine, öffentlich ergangene Aufforderung zur Rückgabe der Bücher stets „übersehen" und sich dafür — wie die säumigen Steuerzahler — die Auszeichnung, persönlich durch eine» besonderen Mahnzettel dazu ausgeforderl zu werden, durch einige Reichspfcnnige erkaufen. Und unter diesen finden sich dann stets wieder zwei oder drei, die wie Mephisto verlangen, daß man es ihnen „dreimal sage", die nach dreimaliger schriftlicher Auf forderung die Bücher zurück- nicht bringen, sondern schicken, dann die Geschäftsverbindung mit der Bibliothek auf einige Wochen tief be leidigt abbrechen, bis es sie endlich doch wieder zu des Lebens Quellen hinzieht. (Schluß folgt). MiScellen. Anfrage. — K. 12. des Gesetzes vom 11. Juni 1870, betr. das „Urheberrecht an Schriftwerken" rc. bestimmt: „Die erst nach dem Tode des Urhebers erschienenen Werke werden dreißig Jahre lang, vom Tode des Urhebers an gerechnet, gegen Nachdruck geschützt." Hiernach genießt also ein Werk, welches zehn Jahre nach dem Tode des Urhebers erscheint, noch eine Schutzfrist von 20 Jahren u. s. w. Nun entsteht aber die Frage: ist ein Werk, welches dreißig Jahre nach dem Tode des Urhebers erscheint, ohne Weiteres schutzlos? Darf es von Jedem nachgedruckt werden?*) *) Nach dem angeführten Gcsctzesparagraphen kann darüber aller dings nicht der geringste Zweiscl bestehen, daß ein posthumes literarisches Product, welches erst SVJahrenach dem Tode des Autors erscheint, dessen Erben nur etwa insoweit noch einen finanziellen Nutzen einbringen kann, als die erste Herausgabe einen gewisse» geschäftlichen Vorsprung verschafft, im Uebrigen aber keinen gesetzlichen Schutz mehr gegen Nachdruck genießt; dasselbe ist eben der freien Concurrcnz Versalien. Die Red.
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