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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.04.1915
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1915-04-06
- Erscheinungsdatum
- 06.04.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^>5 77, K. April ISIS. So, wenn Herr D. ü. L. eine mehrmalige Abrechnung im Laufe des Jahres anregt. Wie sollte das möglich sein! Erfordert doch die einmalige Abrechnung für viele Wochen solche ausschließliche Arbeit mehrerer Kräfte, daß leider für nützliche werbende Arbeit keine Möglichkeit bleibt. Das habe ich natürlich dieses Jahr besonders schmerzlich empfinden müssen. Der Absatz wissenschaftlicher Literatur beruht doch sehr wesentlich auf sorgsamer Ansichtsversendung; diese erfordert aber lange Zeit. Wer kann sich so viele Exemplare kommen lassen, um mit einem Male alle Interessenten zu bedenken! Da mutz man warten, um sie nach und nach zu treffen. Und welche An sprüche machen nicht viele Empfänger, namentlich größere Bibliotheken, um zu bestimmten Entschlüssen zu kommen! Soll man denn im Laufe eines Jahres zweimal oder öfter dispo nieren, oder die Versendung einstellen? Fordert der Sorti menter energisch nach kurzer Zeit bestimmte Entscheidung über Ankauf oder Rücksendung, nun, so wird man eben das meiste kurzer Hand zurückerhalten. Die mir notwendig erscheinende Ordnung des Sorttmentslagers nach den Wissenschaften müßte dann unbedingt aufgegeben werden.°M Dieser teuflische Kampf gegen unsere herrliche deutsche Kultur, die dieser Weltkrieg offenbart, ist sicher das Schwerste, was zu ertragen uns auferlegt wird, und unser Beruf, der ganz und gar von dem hohen Stand unserer vaterländischen Kultur abhängt, mit ihr sich hebt und mit ihr sinkt, mutz sich auf die Fortdauer schwerster Zeiten gefaßt machen. Gott helfe gnädig unserm Volke und unserm Land!' Neben diesen ernsten, traurigen Gedanken, die in die Remisstonsarbeit sich eindrängten, fehlte es natürlich nicht an dem gewohnten hausbüchenen oder, um mit Bräsig zu reden, gesunden Hofsjungenärger über die Arbeit erschwerende Vor kommnisse, die sich bei gutem Willen wohl vermeiden ließen. Hierzu gehört das späte Eintreffen der Remittendenfakturen (»Meine Faktur erscheint den 15. Februar», schrieb ein großes Münchener Verlagshaus) und der Transportzettel. Wie viele fehlen heute zu Palmarum noch und werden bei nckserieorckias Domini wohl auch noch fehlen! Die Leute beginnen gewiß bei L mit dem Ausschreiben, und wer nun durch eine dunkle Schicksalsfügung vielleicht Zwurzenhubcr oder Zychlinski heißt, der kann bis Pfingsten warten. Eine andere Ärgerquelle ist das überhandnehmen unpersönlicher Firmen. Mir graut es immer, wenn beim Remittieren der Buchstabe V mit feinen Hunderten von Verlagsfirmen drankommt. Was für greuliche, ganz unverständliche und sprachwidrige Bildungen finden sich da! Das Alphabet ist eine sehr schwer zu erlernende Sache. Nament lich seit das Lesenlernen nicht mehr mit a, b — ab beginnt, lernen es die Menschen nicht mehr. Mich beglückte jetzt als Aushilfe eine von der Prima eines Mädchenghmnafiums ab gegangene Dame, die sich zur Bibliothekarin ausbilden und den Buchhandel kennen lernen wollte. Sie hatte keinen Dunst vom Alphabet, lernte es auch in vier Wochen — so lange dauerte das »Kennenlernen« — nicht. Als ich vor 52 Jahren in die Geroldsche Buchhandlung in Wien als Gehilfe etntrat, hatte der Leiter der deutschen Sorttmentsabtetlung Demuth (alte Kollegen erinnern sich dieses liebenswürdigen Menschen und Mustersorttmenters vielleicht noch) die Gewohnheit, jeden neu etngetretenen Gehilfen zu fragen: »Kennen Sie das Alphabet?« Die erstaunten und entrüsteten Antworten nahm er schmunzelnd entgegen. Mich hatte man hiervon verstän digt, ich hütete mich also, eine bejahende Antwort zu geben, sondern erwiderte: »Das Alphabet ist schwer, ich hoffe es be wältigen zu können«. Erstaunt sah er mich an. »Nun, dann ordnen Sie diesen Stotz Fakturen«. Ich nahm mich in acht und wurde durch die Anerkennung erfreut: «Sie scheinen es wirklich zu kennen«. Seitdem habe ich sehr viel bibliographisch gearbeitet und habe die vielseitige Anleitung der preußischen Bibliotheken über Alphabetisterung der Titel studiert, aber die Remittenden der Firmen Verlag usw. getraue ich mir nicht ohne Hinzunahme des Adreßbuchs zu ordnen. Mir altem Mann, der ich noch die gute, behagliche Zeit erlebt habe, da Verlag und Sortiment lediglich miteinander 446 freundschaftlich arbeiteten, Verleger und Sortimenter innige, vielfach auf persönlicher Kenntnis beruhende Beziehungen hatten, da die Überproduktion unbekannt war und kein Verleger daran dachte, direkten Absatz und gar greuliche Reklamekunst- stllcke zu betreiben, ist die neue Zeit nicht angenehm. Damals war es Sitte, daß der junge Verlegernachwuchs nicht ins väterliche Geschäft eintrat, ohne ein oder einige Jahre im Sortiment wirklich gearbeitet zu haben. Jetzt habe ich, wie oben gesagt, immer den Eindruck, daß unendlich viele Verleger keinen Dunst vom Sortimentsbetrieb haben. Wäre dies nicht der Fall, dann müßte man nicht immer und immer wieder so törichte Zumutungen über sich ergehen lassen, wie: »Schicken Sie meine Nova allen Ihren Kunden zur Ansicht», ich habe sogar schon gelesen »allen Gebildeten Ihrer Stadt-, »Das Buch ver kauft sich spielend«. Was für dumme Ideen! Hat es je ein Buch gegeben, das sich »spielend« verkauft? Mir ist in 55 Jahren noch keins vorgekommen. Bücher verkaufen ist bekanntlich schwerer als sie zu schreiben, zu drucken und zu versenden, und was für eine Kunst und schwierigste dornen volle Arbeit der Ansichtsversand ist, müßte jeder Verleger wissen, der nur einmal die Nase in ein Sortiment gesteckt hat. Ein Fabrikant, der nicht die geringste Einsicht in den Detailvertrieb seiner Ware hat, steht gewiß nicht aus der Höhe seines Berufs, auch wenn er Di. ptiil. oder Dr.-Jng. ist. Ein schlagender Beweis für diese Unkenntnis des Sortt- mentsbetriebs ist mir alljährlich die Beobachtung, wie sehr der Versand gebundener Bücher in gar nicht oder ganz un genügend bezetchneten Schutzkartons zuntmmt. Ja liebe Herren, jedes Buch mutz doch nach irgendeinem System im Sortimentslager eingeordnet werden! Was mach' ich nun mit diesen den Inhalt sorgfältig verbergenden Kästen? Soll ich mich hinsetzen und sie mit Blei- oder Blaustift bemalen? (Es kommen sogar Schutzkartons mit buntbemustertem Papier überzogen vor, auf die sich gar nicht schreiben läßt!) Dazu fehlt die Zeit. Die Bücher werden also eingeordnet, nachdem man sie aus den Kartons herausgenommen, das Ordnungs wort sich gemerkt und sie dann wieder htnetngesteckt hat. Da stehen sie auf dem Lager, melden sich nie, wenn der Sorti menter vor den Regalen überlegend steht, was er wohl der Tante, die »ein gutes Buch« sucht, empfehlen soll. Erst beim Remittieren zeigen sie sich wieder, sind natürlich fast immer falsch eingeräumt gewesen und hätten sich vielleicht oft ver kaufen lassen. Diese Dummheit, man kann sie wirklich nicht anders nennen, ist mindestens zehnmal im Börsenblatt gerügt worden; statt sich zu mindern, wird sie immer schlimmer und von den größten und sonst vorzüglich geleiteten Verlagshand lungen flott betrieben. Ohne daß es etwas helfen wird, sei also nochmals gebeten: »Jedes mit Schutzkarton versandte gebundene Buch ist mit Kartons zu versenden, die auf Deckel und Rücken, jedenfalls aber aus dem Rücken den biblio graphisch richtig wiedergegebenen Titel des verpackten Buches deutlich aufweisen«. Die bloße Aufstempelung eines beliebigen Wortes, wie z. B. »Mutter«, wenn das Buch heißt: »Was unsere Mutter auf Erden erlebt hat«, nützt gar nichts. Andere Ärgerquellen sind verschwiegene oder ganz verborgene Angaben des Verlages, andere Fassung der aufgedruckten Bezugsquellen, als wie die versendende Firma aus ihren Fakturen wieder gegeben hat. Dies tut sogar unser verehrter Börsenverein. Seine Fakturen gehen von der Geschäftsstelle des Börsenvereins aus, werden also unter 6 eingeordnet, ebenso das darnach angelegte Konto, die Bücher aber werden natür lich im Alphabet unter dem Verlagsaufdruck eingeordnet. »Was für kleinlicher Kram!« werden manche ausrufen. Mög lich, daß es solcher ist, aber stete unnötige Schwierigkeiten machen das Leben schwer, und viele unnötigerweise versuchte, verlorene Viertel- und halbe Stunden bedeuten schon etwas. Machen wir der loquaeitas senilis ein Ende mit dem Wunsche, daß trotz alledem, was uns drückt und das Herze kränkt, Goethes bekannter versus memorialis auch Heuer recht behalte: »Kantate freut des Menschen Herz«, und es sei gestattet, diese melancholischen Betrachtungen auch mit einem versus melau- eboiieus zu schließen, wie ich mir vor Jahren erlaubte, ihn
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