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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.09.1879
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 24.09.1879
- Sprache
- Deutsch
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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221, 24. September. Nichtamtlicher Theil. 3787 ist ein Blatt, welches mit anerkennenswerthem Eifer gegen allen Chauvinismus ankämpst, welches sowohl in den inncrn wie auch in den äußern Fragen die Interessen des Vaterlandes immer voran stellt. Die Hetzereien gegen Deutschland, Oesterreich und England finden in Hrn. Poletika einen entschiedenen Gegner, er ist auch ein ebenso entschiedener Gegner der Solidarität mit den „slawischen Brüdern" und Niemand kämpfte so wie er gegen die Unterstützung dieser „interessanten" Völkerschaften und gegen den Krieg Rußlands wider die Türkei. Sein Ideal ist die Prosperität des Vaterlandes, und alles, was dem Lande Lasten auferlegt und dasselbe in seiner Entwickelung zurückzuhaltcn geeignet ist, bekämpft er mit Energie und Ausdauer. Wenn daher sein Absatz sich nicht mit dem der „Uovojo VVrewja" messen kann, so kommt es daher, weil eben das Nüchterne, Prosaische, Vernünftige meistens bei der Masse im Nach- thcil ist gegenüber dem Phrasenhastcn, Großmäuligen und der Unver nunft, welche die nationalen Leidenschaften ausstachclt und ihnen schmeichelt. Die russische „St. Petersburger Zeitung" (es gibt bekannt lich auch eine deutsche) gehört der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften und wird von dieser verpachtet. Gegenwärtig ist Pächter derselben General Komarow, der seiner Zeit keine großen Vorderen als Anführer der Timok-Morawa-Armee Serbiens pflückte. Er hat diese, unter der früheren Redaction von Korsch so geachtete, noble Zeitung zu einem der schmutzigsten Blätter der russischen Presse herabgewürdigt. Seine Hetzereien gegen das Ausland llber- tresfen womöglich noch die der „Uovojö TVreinja", und man muß sich über den Grasen Tolstoi wundern, der die sachliche Opposition des Hrn. Korsch nicht vertragen konnte und demselben trotz Contract die Redaction des Blattes entzog, — daß er jetzt dem Treiben des Ti- mok-Morawa-Helden, der die Zeitung der Akademie der Wissen schaften so herabwürdigt, gleichgültig zuschaut. Die „kussüaja ?ra«äa" (Russische Wahrheit) ist eine neuere Zeitung, die unter der nominellen Redaction des Hrn. Dm. Giers steht. Eigentlich haben sich zur Herausgabe dieser Zeitung die frü heren Mitarbeiter der russischen „St. Petersburger Zeitung", als dieselbe noch von Hrn. Val. Korsch redigirt wurde, zusammengethan, und dieser letztere wird auch Wohl jetzt der eigentliche geistige Leiter der „Kusskaja kraväa" sein. Wir constatiren hier mit Vergnügen, daß die Richtung und der Ton, welche in dieser Zeitung herrschen, für den gebildeten Theil des Publicums am sympathischsten sind. Hr. Korsch hat bei seinem erzwungenen Rücktritt von der Redaction der russischen „St. Petersburger Zeitung" Gelegenheit gehabt zu erkennen, daß der gebildete, noble, rechtschaffene Theil des Publicums auf seiner Seite ist. Er wußte durch Autorität und Consequenz auch diejenigen seiner Mitarbeiter, wie z. B. Ssuworin, welche durch ihren Mangel an Charakter nicht in die Reihe der übrigen paßten, in die allgemeine Harmonie derselben hineinzuzwängen. Während der Gründerperiode wurde von Korsch erzählt, daß er der einzige russische Redacteur sei, der den Bestechungen der Eisenbahnunter nehmer unzugänglich geblieben wäre. Die übrigen russischen Zeitungen, von geringerer Bedeutung und im Auslande weniger bekannt, wollen wir, der Vollständigkeit halber, nur summarisch erwähnen. Hr. Trubnikow, der ehemalige Redacteur der „Börsenzeitung" (die später den Namen „dlolva" annahm), gibt jetzt den „Telegraph" heraus, dessen fast einziger Mitarbeiter er ist. Er pflegt die Bekanntschaft einer Anzahl von Börsenmatadoren und vertritt u. a. deren Interessen; wo es Geld zu verdienen gibt, ist er nicht scrupulös. Der „kusski Äir" war früher das Organ des Generals Tscherniajew und durch seine Opposition gegen das Kriegsministerium bekannt, jetzt ist er von, keiner wesentlichen Bedeutung mehr. Noch weniger beachtenswerth ^ sind die „Uv^asti" (Neuigkeiten), der „Sohn des Vaterlandes", die „Uotgrdurgskaja Uasetta", „kbtsrdur^ski Uistok", „Urasbckaniu" (der Bürger) und andere. Nur der „Usckslja" (Woche) müssen wir noch einige Worte widmen. Dieses Wochenblatt existirt seit etwa 12 Jahren und seine Hauptdevise ist: Hebung der untern Volks- classen und Schutz derselben gegen die Exploitation durch das Capital. Wohl keine Zeitung hat so viel Verwarnungen erhalten und ist so häufig suspendirt worden wie diese, sie bildet den äußersten linken Flügel der russischen Journalistik und beschränkt sich jetzt, durch bittere Erfahrungen gewitzigt, auf eine maßvolle, obschon ent schiedene Parteinahme für ihre Schützlinge. Ihr Redacteur, Hr. Paul Gaideburow, gehört zu den geachtetsten russischen Journalisten. Ein gemeinsamer Zug, der ziemlich allen Organen der russischen periodischen Presse eigen ist, ist der Antagonismus gegen alles Deutsche. England und namentlich auch Oesterreich können sich im Allgemeinen auch keiner Sympathie von Seiten der russischen Journalistik rühmen, aber England gegenüber ist doch immer noch ein gewisser Respect vorhanden, der wenigstens die Verachtung aus schließt. Deutschland und Oesterreich aber werden häufig nicht nur mit einem Hasse, sondern nicht selten auch mit einer Geringschätzung und Verachtung beehrt, die zuweilen ans Komische streifen. Aller dings hat Rußland auch Grund genug, diese, seine nächsten Nach barn zu hassen. Oesterreich war doch 1849 auf dem Punkte aus einanderzufallen, wenn Kaiser Nikolai es nicht damals gerettet hätte. Daß nun Oesterreich für diesen Dienst Rußland im Südosten Europas nicht schalten und walten, daß es die kleinen slawischen Völkerschaften sich nicht zu einer compacten Masse unter der Vor mundschaft Rußlands gruppiren läßt, damit dieselben später die zahlreichen Slawen der österreichischen Monarchie an sich ziehe» und die Existenz Oesterreich-Ungarns in Frage stellen, — das können die russischen Patrioten den Oesterreichern nicht verzeihen und der „Dank vom Hause Habsburg" spielt natürlich in der russischen Presse eine nicht untergeordnete Rolle. Mit Deutschland, spccicll Preußen, ist die Sache etwas anders. Auch hier weiß freilich der Russe von den vielen Dienste», die Ruß land und dessen Herrscher diesem Lande erwiesen haben, zu erzählen. Alexander I. z. B. brach doch die Macht Napolcon's und gab da durch den ersten und mächtigsten Anstoß zur Abweisung des fran zösischen Joches, welches Jahre lang so schwer auf Deutschland lastete. Nikolai war doch der offenbare und unbestrittene Pro- tector seines Schwiegervaters Friedrich Wilhelm III., seines Schwagers Friedrich Wilhelm IV.; sein Wort galt an der Spree fast ebenso viel wie an der Newa, und alle Hindernisse, die bis zum Anfänge der LOer Jahre der freiheitlichen Entwickelung Deutsch- lands in den Weg gelegt wurden, fanden seinen Beifall und seine Unterstützung. Der große Metternich in Wien und alle die kleinen Metterniche Deutschlands hatten stets ihre Blicke nach Nordosten zu richten und mußten fortwährend um die Gunst des „großen Zaren" buhlen. Und nun schließlich der deutsch-französische Krieg! Es fehlt nicht viel, daß einzelne russische Preßorgane den ganzen Erfolg der deutschen Waffe» hauptsächlich der wohlwollenden Neutralität Rußlands zuschreiben! Daß daher Deutschland den Russen zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet ist — darüher braucht doch wohl kein Wort mehr verloren zu werden, und daß Deutschland und speciell Bismarck sich nicht mit Haut und Haar sür russische Inte ressen geopfert haben, das ist der schwärzeste Undank, den Rußland nie vergessen wird. Schon seit dem Anfänge der 60er Jahre, als die russische Presse ihrer Fesseln entledigt wurde, begann, namentlich von Katkow in Scene gesetzt, die Deutschenhetze in Rußland. Alles, was deutsch war und deutschen Namen führte, wurde verdächtigt, beschimpft und verketzert. Während des deutsch-französischen Krieges ^ war nur die Sympathie des Kaisers und seiner Regierung aus Seiten der Deutschen, die Presse war vollständig, wie ein Mann, S16»
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