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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.09.1879
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 17.09.1879
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- Deutsch
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3674 Nichtamtlicher Theil. M 215, 17. September. Verlage sowohl wie im Sortiment, daß von den Anderen nur wenig zu sagen ist. Leider konnte Smirdin aus die Länge der Zeit seine Stellung nicht behaupten. Der Mangel seiner Bildung verhinderte ihn, mit klaren Blicken die Verhältnisse und Personen richtig zu be- urtheilen, und er wurde, namentlich in der Periode, wo sein Ver mögensstand glänzend war, von Vielen auf das schamloseste exploitirt. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in ärm lichen Verhältnissen und starb am Ende der 50 er Jahre vergessen und unbetrauert. Von Smirdin an datirt der neuere russische Buchhandel, und deshalb verweilte ich länger bei ihm, er ist überhaupt wohl der einzige von allen russischen Buchhändlern, dessen Andenken die Ge schichte der russischen Literatur aufbcwahren wird. Wenn auch später einzelne Buchhändler auftraten, die mehr producirten oder größere Geschästsumsätze machten, wie z. B. B. I. Glasunow, I. Jssakow, Gebr. Ssalajew, B. M. Wolss, so nahmen dieselben doch für ihre Zeit nicht diejenige hervorragende Stellung ein, wie jener zu seiner Zeit. Unstreitig ist Petersburg der Hauptplatz für den russischen Buchhandel — namentlich für Verlag. Es wird von Moskau nur in der Production der niederen Marktwaare und etwa noch in den sür den griechisch-katholischenGottesdiensteingesührten, ausschließlich von der Moskauer Synodaldruckerei herausgegebenen, meist in der alten Kirchenschrift (slawonisch) gedruckten Büchern übertroffen. Wenn aus dem Titel eines nicht etwa schon durch den Verfasser als gediegen documentirten Buches als Verlagsort Moskau bemerkt ist, so wird dadurch schon ein meist gerechtfertigtes Mißtrauen gegen den Inhalt hervorgernfen. Die Bücherfabrication der Moskauer Firmen: Wanüchin, Lenchin, Preßnöw, Ulitin, Kaltschügin u. s. w., welche mit ihren Produkten die Jahrmärkte überschwemmen, ist für alle Diejenigen, welche nur einigermaßen Geschmack und Urtheils- kraft haben, als ungenießbar gerichtet. Trotzdem machen diese Verleger glänzende Geschäfte. Das große urtheilslose Publicum wird durch ellenlange, illustrirte, für ihre Begriffe geschickt redigirtc Anzeigen beschwindelt und fällt, trotz mannigfacher Erfahrungen, immer wieder hinein. So z. B. wird der Kniff zu annvnciren: „In drei, vier, fünf Theilen", immer wieder mit Erfolg angewandt, obschon es sich meistens nur um einen Band von mäßigem Um fange handelt, der durch Zwischentitel in so und so viele, oft will kürliche Abtheilungen zerlegt ist. Rußlands Bücherproduction ist nicht unbedeutend. Ich kann leider aus Mangel an Hilfsmitteln keine statistischen Angaben machen. Selbstverständlich nehmen Petersburg und Moskau als Verlagsorte die erste Stelle ein. Kijew, Kasan, Charkow, Odessa, als Universitätsstädte produciren Einiges; im übrigen Reiche erscheint nur ab und zu einmal ein Buch. Einen sowohl quantitativ wie auch qualitativ bedeutenden Antheil an der Herausgabe von Büchern und Zeitschriften haben die verschiedenen Kronbehörden, an ihrer Spitze die kaiserliche Akademie der Wissenschaften, ferner die heilige Synode (sie hat das Monopol für die Herausgabe der Bibel, der ausschließlich approbirten Gebet- und Andachtsbücher, des Lebens der Heiligen und der officiellen, sür den Gebrauch der Kirchen und der Geistlichkeit bestimmten Schriften), der Senat und die zweite Abtheilung der Kanzlei Sr. Majestät (ausschließlich Gesetzessammlungen), die verschiedenen Ministerien, von denen säst jedes seine subventionirte Zeitschrift hat, ferner die verschiedenen Gesellschaften: die kaiserl. geographische, die kaiscrl. ökonomische, die mineralogische, für Gartenbau, die natursorschende, der Thierschutz verein u. f. w.; ferner für Land- und Seekarten das topographische Ddpöt des Kriegsministeriums und das hydrographische Departe ment des Marineministeriums. Dann treten als Verleger sehr viele Privatleute aus; so liegt z. B. der größte Theil des Schul bücherverlags in den Händen der betreffenden Verfasser; außerdem ist der Selbstverlag in viel größerem Maßstabe an der Tages ordnung, wie in Deutschland, und diese Herausgeber von Büchern treten vielfach, durch Zeitungsannoncen vermittelt, in directe Ver bindung mit dem Publicum. Natürlich werden solche einzelne Verlagsartikel von Privaten, sobald der Absatz den Erwartungen nicht entspricht, sofort an die „Bouquinisten" verschleudert. Der eigentliche „reine" Verlagsbuchhändler ist in Rußland eine Er scheinung der neueren Zeit und seine Anzahl ist auch heute noch sehr beschränkt. Die meisten Sortimenter legen sich nach und nach einigen Verlag an und treiben dies Geschäft nur nebenbei. Syste matischer wird das Berlagsgeschäst nur von einer kleineren Anzahl größerer Verleger betrieben, unter denen ein respectabler Theil die Schule des deutschen Buchhandels durchgemacht hat. Die gesammte russische neuere Belletristik concentrirt sich fast ausschließlich in den großen, monatlich erscheinenden Revuen, die sich sämmtlich den Händen des Buchhändlers entzogen haben und meist von den Redacteuren selbst verlegt werden. Es bleibt also für den eigentlichen Verlagsbuchhändler hauptsächlich nur der nicht sehr reichhaltige Verlag von wissenschaftlichen Originalwerken und das große Feld der llebersetzungen. Rußland hat bekanntlich mit keinem Staate eine Convention über den gegenseitigen Schutz des llebersetzungsrechts abgeschlossen*); es ist daher Jedem sreigestellt, jedes im Auslande erschienene Buch übersetzen zu lassen und her auszugeben. Bei der geringen Zahl von russischen Originalwerken, die sich zum llebersetzen in fremde Sprachen eignen, würde sich Ruß land auch durch solche Conventionen entschieden im Nachtheile be finden. Eine komische Folge hatte dies Verhältniß bei der Publication eines neuen Werkes von Turgdnjew, welches zuerst in französischer Uebersetzung publicirt, sofort ins Russische übersetzt und abgcdruckt wurde, noch bevor der Verfasser selbst Zeit hatte, es in der Ursprache zu veröffentlichen. Es ist daher auch die Production von llebersetzungen eine unverhältnißmäßig große. Deutsche, französische und englische Romane erscheinen häufig in zwei- und dreifacher Uebersetzung. Die großen russischen Revuen enthalten meist auch fortlaufende größere übersetzte Romane, außerdem erscheinen mehrere dickbändige Zeitschriften, die entweder aus schließlich oder großentheils mit llebersetzungen ausländischer Belle tristik gefüllt werden. Größere Sammlungen ausländischer Schrift steller sind gleichfalls mehrfach vorhanden: Gerbel hat Schiller's, Goethe's und Shakespeare's Werke (erstere schon in 4. und 5. Aust.) — Weinberg: Heine's und Goethe's Werke — Hahn: W. Scott — Wolfs: Macanlay, Cooper, Mayne Neid, W. Scott, Marryat u. A. herausgegcben. Der Letztere ist überhaupt der fruchtbarste Verleger, den Rußland bis jetzt gehabt hat, er hat viele werthvolle russische Originalwerke und massenhafte llebersetzungen verlegt und ange tanst, sein Verlagskatalog enthält die kostbarsten und größte» wissenschaftlichen und Prachtwcrke, ferner eine sehr große Menge populär-wissenschaftlicher, belletristischer und Jugendschriften, Bilderbücher u. s. w. Unter allen llebersetzungen, die in Rußland erschienen sind, prävaliren die aus dem Deutschen bedeutend; es wäre wohl interessant zu untersuchen, wie das Verhältniß der deutschen Geistesarbeit sich zu den russischen Originalwerken und zu den llebersetzungen aus andern Sprachen stellt. Erst seit etwa anderthalb Jahrzehenden hat sich ein größeres Netz von Sortimentsbuchhandlungen im ganzen Reiche — wenigstens in den Gouvernements-Hauptstädten — gebildet. Bis dahin existirten solche nur in den Universitätsstädten. Uebrigens sind diese Provinzialbuchhandlungen höchst unbedeutend, theils weil sievon ganz ungebildeten Individuen geleitet werden, theilsauch weil *1 Die Convention mit Frankreich schützt nur den Nachdruck, nicht aber Uebersetznnaen.
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