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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.02.1879
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 19.02.1879
- Sprache
- Deutsch
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682 Nichtamtlicher Theil. 41, iS. Februar. Sie lieber, daß Sie hinauskommen", und damit drängte er mich zur Thüre. Schon längst hatte ich, seit die Unterhaltung leb hafter geworden war, eine verdächtige Bewegung unter dem Per sonal bemerkt, ein kleiner Lehrling grinste mich schon dann und wann an, er sortirte Packete und hatte gerade ein Packet'chen mit 11/10 „SoUüte, rusütro" in der Hand, als ich meinen Rück zug antrat. Schwupp! saß mir das Packet im Genicke. Nun wurde ich ernstlich böse, wollte mich beim Chef beschweren, aber oh weh! das war das Signal gewesen, jetzt flog von allen Seiten die Literatur aus mich heran. Trotz meiner ziemlich gründlichen Literaturkenntniß konnte ich doch nur einzelne Artikel bestimmt erkennen, — das Ganze verlief zu schnell. Als ich schon die Thüre säst erreicht hatte, sauste mir einVolckmar'sches Baarpacket(7/8 „Georges' Wörterbuch") in die Kniekehlen, daß ich bald zusammen gebrochen wäre, 14/12 „Alles mit Gott. 3S. Ausl." trieben mir den Hut ein und 1 Exemplar von „Hempel's Nationalbibliothek" (soweit er schienen), znm Glück broschirt, tras mich derart unter das Kreuz, daß ich selbst zur Thür hinausflog und mich auf einer Rolle Packtuch endlich niederlassen konnte. A. Diese Behandlung ist ja empörend! Wandten Sie sich denn nicht sofort an den Börsenvorstand und trat denn dieser nicht „aus seiner vornehmen Zurückhaltung" heraus? Ä. Doch, doch, lieber Hetr, aus Borzeigen meines zer- schnndenen Secretärkörpers gingen zwei Mitglieder des Börsen vorstandes, sogar zwei Herren aus der Leipziger Deputation, Mit mir zu dem Attentäter. Ä. Nun, und man verurtheilte ihn hoffentlich auf der Stelle zu vier Wochen Deutschem Buchhändler-Börsen-Carcer bei Vater Bogen, und den Lehrling jagte man aus seinem Beruf? E. Ach nein, lieber Herr, so kam es nicht; fast im Gegen- theil. Der Commissionär behauptete, er müsse besser wissen, als ich, wo er seine Pappdeckel kaufen könne; das mußten die Herren zugeben und ich auch. Dann meinte er, seine Committenten seien mit ihm sehr zufrieden, das beweise am besten das Factum, daß keiner von ihm fortginge, sondern noch neue dazukämen. Das mußten wir wieder zugebcn, da er es aus seinen Büchern belegte. A. Ja, alles recht gut, aber die schmähliche Behandlung, wie war's damit? E. Da mußte ich eigentlich um Entschuldigung bitten, denn ich hätte seinen Geschäftsgang ungeheuer gestört. Es sei Expe ditionstag gewesen und seine Leute hätten gerade angefangen, den Avis aufzunehmen, da sei ich dazwischen gelaufen. Die Packete hätten sich an mir gestoßen, wären dann in falsche Fächer geflogen, und man hätte nun endlos zu sortiren gehabt. Kurz und gut, beinahe hätte ich um Verzeihung bitten müssen, und wir zogen alle miteinander unter dem Hohngelächter des Personals ab. Zum Schluß bekam ich von den Herren noch die Bemerkung zu hören, ich möge lieber nicht so „schroff" aus treten, derartige Reformen müßten vorsichtig angefaßt werden! A. Das ist ja fast zum „Aus der Haut fahren"! Ä. Ja, lieber Herr, das ist das rechte Wort, von Herzen gern wäre ich aus der meinigen gefahren, hätte ich nur eine andere leere gewußt. Ä. Doch Sie ließen hoffentlich den Muth nicht sinken, aller Anfang ist schwer. L. Jawohl, besonders die gebundenen Artikel; aber ich behielt meinen Muth. Man sollte mich nicht umsonst mit Ver trauen beehrt haben. Mein nächster Versuch galt dem Sortiment; der Sortimenter ist durch die Natur seines Geschäfts an feinere Sitten gewöhnt, Freundlichkeit wird ihm so zu sagen zur Ge wohnheit. Ich trat also bei einem dieser Herren in den Laden. Publicum war nicht vorhanden, der Chef, ein kleiner freund licher Herr, haß aus dem Ladentische und rauchte eine Cigarre. Mit den üblichen Worten stellte ich mich vor, ein Lächeln flog über sein Gesicht; „so, so, Sie sind der neue Herr General; freut mich, Sie kennen zu lernen, womit kann ich dienen?" Halloh, dachte ich mir, hier scheinst du zu imponiren, also frisch auf die Sache los, übrigens bist du ja hauptsächlich der Sorti menter wegen entstanden, sie werden sich daher am ersten fügen. Ich berichtete nun, daß von College» aus der Provinz Klagen eingelaufen seien, er mache ihnen Concurrenz, mache sogar An sichtssendungen franco dorthin, da müsse ich ihn ebenso freund lich wie energisch bitten, das künftig zu unterlassen, kraft meines Amtes. Immer freundlicher hatte mir der Herr zugchört, nur etwas stärker geraucht, jetzt nahm er seine Cigarre in den andern Mundwinkel und meinte, „so, so, glauben Sie denn, ich habe mir hier den Laden gemiethet, um auf dem Ladentische zu sitzen und mit den Beinen zu baumeln? Glauben Sie denn, ich be komme meine Cigarren geschenkt? Sehen Sie ein einziges Publi cum bei mir in kaufender Thätigkejt? Nein! also, leben muß ich und muß mir daher meine Kunden suchen, kommen sie nicht zu mir, so komme ich zu ihnen. Und nun machen Sie mir das große Vergnügen und versuchen Sie, meine Ladenthüre von Außen zu schließen!" Ich beeilte mich, seinen Wunsch zu erfüllen, befand mich aber danach ziemlich verblüfft auf der Straße! So, dachte ich mir, eine neue Art, einen an die Luft zu setzen, aher es geht doch wenigstens ohne Schmerzen ab. Das war meine Erfah rung mit dem Sortimenter. Seitdem sehe ich mir beim Ein tritt jedes Schloß an, ob es nach Innen oder Außen geht. 2l. Ich muß gestehen, das hätte ich nicht erwartet, der Egoismus ist eben bei uns schon so eingewurzelt, daß es langer Anstrengung bedürfen wird, um das christliche Grundprinzip wieder zur Geltung zu bringen. Ü. Doch hören Sie weiter! Mein Muth wuchs im ent gegengesetzten Verhältniß der Erfolge. Jetzt im Sturm auf das eigentliche Schmerzenskind, den Engros-Sortimenter! Mit strenger Amtsmiene, denn hier trat ich ja einem anerkannten Verbrecher entgegen, trat ich ein, mein Diplom hielt ich würdig in der Hand. Der Laden war voller Menschen, einige Dutzend Commis stürzten herum, Rudel von Lehrlingen krabbelten auf den Leitern hinauf und herunter, es war wie in einem Ameisenhaufen. Nach langem Warten und Fragen fand endlich der Chef Zeit, mich anzuhören; ich bat ihn, mein Diplom zu lesen. Er warf einen flüchtigen Blick hinein; „ja ja, schon recht, habe davon gehört, Idee gewiß ausgezeichnet, freut mich, Sie kennen zu lernen, doch Sie entschuldigen", und damit wollte er sich zu einem Kunden wenden. Doch nun war's mit meiner Geduld auch fertig, hier mußte ich austreten, wenn irgendwo. Ich faßte den Herrn mit kräftigem Griff und rief ihm zu: „Stehen bleiben und mich anhören, bitte ich mir aus, ich komme im Auftrag Ihrer Vorgesetzten, Ihretwegen bin ich ja extra ins Leben ge rufen, Sie sind der Krebsschaden, Sie müssen doch ..." Weiter kam ich nicht, ich wurde gepackt von allen Seiten, mein Hut fuhr mir üher die Augen, ich stolperte über die Thürschwelle und flog im weiten Bogen auf die Straße, um ein Haar zwischen ein Paar Pferde hinein. Seitdem nehme ich mir stets einen Dienstmann mit, der sich als „Ausfänger" vor die Thüre stellen muß. A. Skandalös! scandalösl was sagte denn der Börsenvor stand dazu? Ä. Das werde ich Ihnen gleich berichten, lieber Herr!
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