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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1908
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- Erscheinungsdatum
- 16.06.1908
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- Deutsch
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Zwei Jahrzehnte später waren die Tage der Bedeutung der Frank furter Buchhändlermesse gezählt, vr. Felix v. Schröder, der diese Verhältnisse vor einigen Jahren in einem interessanten Merkchen über die Verlegung der Büchermesse von Frankfurt nach Leipzig ausführlich behandelt hat, sagt darin: »Als eine äußerst drückende La st wurde von den Buchhändlern die Abgabe der Freiexemplare empfunden, deren Zahl immer höher wurde, so daß gegen zwei Pflichtexemplare von jedem privilegierten und einem von jedem nicht privilegierten Buche gemäß der Ver ordnung von 1569 und dem Mandat von 1608 bereits 1650 nicht weniger als fünf Exemplare von privilegierten und eins von nicht privilegierten Büchern verlangt wurden. Es war nicht zu verwundern, daß sich die Buchhändler dieser Abgabe stets zu entziehen suchten. Daher drohten die kaiserlichen Verord nungen der folgenden Jahre die schärfsten Strafen an für Hinter ziehung der Pflichtexemplare. Allein die kaiserliche Begehrlichkeit ging noch weiter, und bereits 1695 gilt die Zahl von sieben Frei exemplaren als die übliche, bei der es dann allerdings bewendet«. Der Frankfurter Rat schrieb im Februar 1696 nach Wien an den Kaiser, daß der Pflichtexemplarzwang die Buchhändler abhalte, zu der Frankfurter Messe zu kommen, und statt dessen »an andern orth vnd nach Leipzig, allwo Sie diesen gisst nicht u n t e r w o r f f e n, sich zu ziehen bewogen werden«. In der Tat mußte die freie Reichsstadt ihre Vormachtstellung im Buchhandel in der Folge an Leipzig abtreten. Es will mir freilich zweifelhaft erscheinen, ob heute die Buch händler noch mit demselben Eifer ihre Interessen als gleichberech tigte Staatsbürger verfechten wie damals. In Nummer 129 des Börsenblattes vom 5. ds. ist in dem Bericht des Professors Röthlis- berger über die sechste Tagung des Internationalen Verleger kongresses in Madrid folgender befremdlicher Satz zu lesen: »Die einzelnen Länder mögen diese Pflichtexemplare bei behalten oder ein führen, sei es zur Bereicherung der Bibliotheken oder zur Überwachung der Presse usw., allein niemals dürfe die Nichterfüllung dieser Aufgabe mit den Verlust des Urheberrechts bestraft werden«. Es ist ja schön, wenn sich die Verleger auch mit dem Urheberrecht befassen, aber in erster Linie sollten sie doch ihre eigensten Interessen wahrnehmen und nicht den Anschein erwecken, als ob ihnen der ungerechte Pflicht exemplarzwang Heküba sei! Von einer ganzen Reihe deut scher Verleger weiß ich freilich, daß sie dieser, in unserem Rechts leben einzig dastehenden Enteignung ohne Entschädigung durch aus nicht gleichgültig gegenüberstehen und besonders in Preußen haben sich auch im Parlament schon Kämpen gefunden, die für eine Aufhebung des Zwanges mannhaft aufgetreten sind. Vor läufig noch ohne positiven Erfolg, aber in der Geschichte des Parlamentarismus fehlt es nicht an Beispielen, wo stets erneuerte Verfechtung des Rechts doch schließlich zu Anerkennung und Er folg führte. Statt dessen findet sich in Deutschland ein Staat, dessen Gesetzgebung, statt freiheitlicher zu werden, den Krebsgang zu gehen sich anschickt mit Argumenten, mit denen man geradesogut die Wiedereinführung der Hörigkeit begründen könnte! Zweifellos ist die Überwindung des Pflichtexemplarzwanges in Sachsen bisher auch ein Anziehungsgrund zur Niederlassung von Verlegern ge wesen, und keineswegs wäre es von Vorteil für Sachsen, daß, nachdem es den alten, durch nichts berechtigten Zwang wieder eingeführt hätte, Preußen sich desselben entäußerte, es über flügelte und wirklich einmal an der Spitze der Kultur marschierte! Im preußischen Staat ist fast ebensowenig etwas unmöglich wie bei Gott! In den Verhandlungen in der Ersten sächsischen Kammer am 4. Juni behauptete Geh. Rat Prof. vr. W a ch, er wolle nur von Sachen reden, die er verstehe, und zu diesen rechnete er die Frage der Pflichtexemplare. Gleichwohl hat er einfach die An gaben des Deputationsberichts über den Pflichtexemplarzwang im Ausland wiederholt, ohne zu merken, daß diese Angaben ungenau, teilweise sogar irreführend falsch sind. Es wird dort z. B. behauptet, und Prof. Wach sprach es nach, daß England 5 Pflichtexemplare fordere. England ist nun gerade kein Muster in Beziehung auf seinen Rechtszustand überhaupt; seine Urheber rechtsgesetzgebung, deren Rückständigkeit ich schon angedeutet habe, datiert teilweise noch aus dem 18. Jahrhundert. Aber abgesehen davon, muß doch nach obiger Angabe jeder Uneinge weihte annehmen, daß die englischen Verleger ohne weiteres fünf Freiexemplare liefern müßten. Das ist aber gar nicht der Fall. Das Gesetz fordert von vornherein nur die Ablieferung eines Pflichtexemplars als Norm. Es können allerdings auf schriftliches Verlangen innerhalb eines Jahres dann noch bis zu vier Exemplaren eingefordert werden. Was nun Portugal betrifft, so haben die zwei Exemplare, die dort verlangt werden, einen ganz anderen Charakter als unsere Pflichtexemplare und dürfen mit diesen gar nicht verglichen werden. Das Land ist mit seinem Urheberrecht eben noch so rückständig, daß es den Autor schutz von der Lieferung dieser Exemplare abhängig macht; ein Standpunkt, der gewiß nicht erstrebenswert ist. Dagegen ist das in dieser Beziehung so stark zurückgebliebene Land z. B. dem Staate Preußen trotzdem weit überlegen, indem es niemand mit Gewalt, unter Anwendung von Gerichtsvollzieher und Zwangsvollstreckung zwingt, die Exemplare zu liefern, sondern es dem Verleger über läßt, ob er sich damit das Urheberrecht erkaufen will oder nicht. Der Berichterstatter der zweiten Deputation, Ritterguts besitzer vr. vonWächter, hat dagegen, wenngleich ihm die Vollständigkeit der sächsischen Bibliotheken sehr am Herzen liegt, doch betreffs des vorgeschlagenen Weges Bedenken. Die Depu tation der Ersten Kammer, sagte er, würde es ja auch sehr gern sehen, wenn die Exemplare wieder an die Bibliotheken abgegeben würden. Es seien ihr aber doch Zweifel ge kommen, ob es möglich sei, das durch ein Gesetz den Verleger firmen aufzu oktroyieren. Diese vorurteilslose Auffassung der Angelegenheit weicht vorteilhaft ab von jenem Draufgänger tum, das nur das ihm erstrebenswerte Ziel im Auge hat und darüber alle anderen berechtigten Interessen vergißt und niedertritt. Eine starke Kurzsichtigkeit bewies in den oben besprochenen Verhandlungen der Zweiten sächsischen Kammer der Bericht erstatter vr. Vogel, wenn er wörtlich sagt: »Warum sollte Sachsen darunter leiden, daß es von diesem wichtigen und großen Zweige der Industrie (nämlich den Verlagsbuchhandel!) keinen Vorteil hätte?« Demnach glaubt Herr Or. Vogel, daß der einzige Vorteil, den ein Staat davon habe, daß innerhalb seiner Grenzen das Zentrum des deutschen Buchhandels sich befindet in der Schröpfung der Verleger zur kostenlosen Erlangung von Bibliotheksmaterial bestehe! Nun, mit dieser volkswirtschaftlichen Anschauung dürfte er doch ziemlich allein stehen. Als Berlin die ersten Versuche machte, Leipzig die Vormachtstellung im deutschen Buchhandel streitig zu machen, dachte man sicher nicht an den Vorteil, den die Pflichtexemplare bringen würden, son dern sah in dem Zentralpunkt des Buchhandels einen wirtschaft lichen Faktor, gegen dessen Bedeutung der Pflichtexemplarzwang zu einem absoluten Nichts herabsank. Angesichts dessen ist es un begreiflich, wie jemand davon sprechen kann, daß beim Fehlen der Berechtigung, dem Verleger ohne Bezahlung sein Eigentum abzunehmen, der Buchhandel dem Staate keinen Vorteil brächte! In Wirklichkeit bringt gerade die in diesem Falle unter An führung tüchtiger Geister fortgeschrittene Gesetzgebung dem sächsi schen Staate Vorteste; denn es ist doch ein ebenso einleuchtender als auch durch die Geschichte als richtig gelehrter Satz, daß, je weniger Bedrückungen die Staatsbürger erfahren, desto größer der Nutzen ist, den sie dem Staate leisten. Wer sich ein wenig in der Städtegeschichte und in der Geschichte der Verirrungen der Menschheit umgesehen hat, weiß, wie viel in dieser Beziehung früher kurzsichtige Behörden und Staatsleiter gesündigt haben. Die Schikanen, die bestimmte Menschenklassen, Gewerbe- oder Jndustrictreibende aus dem Weichbild der Stadt oder des Landes 864»
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