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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.12.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-12-30
- Erscheinungsdatum
- 30.12.1914
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- Deutsch
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- Saxonica
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Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 301, 30. Dezember 1914. seiner lateinischen Schwester, wie der Ruf aus dem geängstigten Volke immer stärker nach Verbündeten verlangte, bis dann endlich die Regierung die notwendigen diplomatischen Schritte unter nahm. Zum Schlüsse wendet sich der Verfasser in scharfen Worten gegen die gewissenlosen Hetzer, die den »heiligen Krieg« gegen Österreich predigen: »Österreich hinterlistig in den Rücken zu fallen, wäre gleichbedeutend mit einer Herausforderung Deutschlands. Es darf nicht sein, daß man die Italiener des 20. Jahrhunderts feige Verräter an ihren Freunden nennt.« über die eigentliche Ursache des Weltkrieges haben verschie dene Politiker das Wort ergriffen. Zuerst erschien eine Schrift, die in der ausländischen Presse viel Aufsehen erregte, unter dem Titel: tta Aiisrro mouclials 1914 par uu Dootsur «n svionoss politiquss ä'uus Ouivorsitö Lol ge. Der Verfasser schiebt die größte Schuld an dem Kriege England zu. Er zählt die Taten der englischen Weltpolitik auf und weist dann nach, wie für die Engländer immer kleinliche und egoistische Berechnung die Triebfeder war und wie sie es stets verstanden haben, aus dem Blute ihrer Mitmenschen Goldstücke zu prägen. An zweiter Stelle macht er den französischen Revanchegedanken und die österreichische Balkanpolitik verantwortlich. In der Bro schüre: U'Its.116 et la grauet 6 gusrre. Usttre ck'uu Italien au ckirootour d'uuo revue all 6 in au de wird ein entgegengesetzter Standpunkt vertreten. Der auf dem Titel ungenannte Autor (Gesandter a. D. Lla^or des klauolies) sucht die Gründe zum Weltkriege nicht allein in seiner politischen und diplo matischen Vorgeschichte, sondern glaubt, den äußeren Anlaß im Angriff Österreichs auf Serbien und den inneren, ausschlaggeben den Grund dazu im Geiste des Pangermanismus gefunden zu haben. Als Beweis für diese Behauptung führt er die nach Kriegsausbruch erschienenen Schriften von Naumann, Spahn, Rohrbach, Grabowsky u. a. an. »Deutschland will über allen sein«, wie Hoffmann von Fallersleben bereits ahnend gefühlt habe, über den wirklichen Kriegsanstifter werde noch später, wenn die »Brummer« schweigen, ein heftiger Federkrieg geführt werden. Einen Mittelweg schlägt der Hauptmann I. Libertini ein in seinem Aufsatze II oolpevole dolla grau guorra (kopolo üoiuauo Nr. 283 vom 13. Oktober 1914). Er meint, für diesen Krieg könnten wir keine Nation und keinen Staatsmann allein verantwortlich machen. Die Schuld sei auch zu groß dazu, um von einem allein getragen zu werden. Alle Be teiligten seien mehr oder weniger mitschuldig. Der Kriegsbazillus sei von allen genährt worden, von dem einen mit literarischen, vom anderen mit militärischen und vom dritten mit diplomati schen Mitteln. Das Wettrüsten der Völker habe den Ausbruch des Krieges noch beschleunigt, er hätte aber auch ohnedies als Natur ereignis früher oder später einmal kommen müssen. Die politische Interessensphäre Italiens, wie sie anläßlich des Weltkrieges deutlicher hervortritt, läßt sich geographisch in vier Gebiete gliedern: Trento und Triefte (als Ziele der irredentisch-nationnlisti- schen Bewegung), Albanien (Verstärkung der Macht im Adriatischen Meer und des Einflusses auf dem Balkan), Mittelmeer (Eroberung der politischen und maritimen Weltmachtstellung), Nordafrika (wirtschaftliche und expansive Interessen. Aus dehnung des Kolonialbesitzes). Der Ruf nach Trento und Triefte ist zu oft zum Abonnenten- und Stimmenfang mißbraucht worden und hat dadurch seine Zug kraft bei ernsten Politikern eingebüßt. Crispi nannte die Jr- redentisten »Feinde des Vaterlandes«. Und doch würde die frei willige Abtretung Trentos an Italien ein sicheres Mittel sein, die hiesige öffentliche Meinung für uns umzustimmen. Dieselbe Menge, die gestern ihr »^.basso l'^ustria! Skassa la Oormama!« schrie, würde heute in »Evviva«-Rufe ausbrechen, und was das Wichtigste ist, das italienische Volk würde diese Großherzigkeit Österreichs nicht vergessen und zu danken wissen. — Albanien war (vor Ausbruch des Krieges) der Zankapfel zwischen vorgeschobe nen österreichischen, italienischen, türkischen und griechischen Machthabern im Lande selbst. Jetzt ist das albanische Problem durch die Kriegsereignisse in den Hintergrund getreten, aber 1818 jedenfalls wird Italien später bestimmt darauf zurückkom men. — Die afrikanischen Kolonien Italiens können nur gehalten und entwickelt werden, wenn Italien alles an die Erringung sei ner Mittelmeer-Machtstellung setzt. Um diese Frage wird sich in Zukunft mehr-denn je die Aufmerksamkeit der italienischen Po litiker drehen. Sollte England zu Boden geworfen werden, so wird auch seine Herrschaft im Mittelmeer in die Hände Italiens übergehen, vorausgesetzt, daß Italien den richtigen Augenblick zum Handeln benutzt. Italien wird dann der Türhüter einer hal ben Welt, und welch enormen Förderer und Schützer unserer Interessen dann ein starkes engverbündetes Italien für uns be deuten würde, kann man sich leicht ausmalen, wenn ich an Nord afrika, Orient, Indien, China usw. und unsere dortigen Interessen erinnere. Nicht allein in einem Teil der Presse werden jetzt die Augen der Italiener auf das Mittelmeer hingelenkt, sondern auch, und zwar viel eindringlicher, durch die selbständige Literatur, über das Mittelmeer-Problem erschienen in der letzten Zeit drei Bücher: LlautSAarra, II Äloditorraneo 6 il suo eguilibro; Uiuaircko, II N 6 dit 6 riauso und 0 rano , II N s d i t 6 r ia u 6 o. Wir wollen uns jetzt die Stimmung Italiens bei einem un ruhigeren Lichte ansehen. Die Kriegskarikaturen bilden so recht einen Spiegel der italienischen Volksseele. Alles kommt darin zum Vorschein: der alte Haß gegen Österreich, die Verachtung der angeblichen Kriegsanstifter (Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Josef), das Mitleid mit Belgien, die Liebe zu Frankreich, die Sehnsucht nach Trento und Triefte, die Lust zum Dreinschlagen auf der Seite des Dreiverbandes und der Hohn über die Teil nahme der Türkei. Das alles birgt die rätselvolle Seele dieses Volkes. Gerade im Gegensatz zu Deutschland, wo der Krieg das ganze Glauben, Hoffen und Sehnen eines Volkes in einer reini genden, heiligen Flamme für das Vaterland auflodern läßt, hat er hier dazu mitgeholseu, Hunderte bereits erloschener Lampen und Lämpchen wieder anzuzünden. Der »^sino« (das sozialistische Witzblatt) hat sich Kaiser Wilhelm besonders aufs Korn genommen. Die Bilder hier ihrem Inhalte nach auch nur anzudeuten, verbieten der Anstand und die Staatsanwaltschaft in Deutschland. Vor einigen Tagen hat die Regierung endlich ein Verfahren gegen die Schriftleitung eröff net, wodurch hoffentlich die groben Beleidigungen eines befreun deten Herrschers aufhören werden. In Deutschland wäre so et was unmöglich. Das neue satirische Wochenblatt »IIHumoro« führt den Feldzug gegen die italienische Neutralität, gegen Öster reich und Deutschland. Die Zeichnungen sind nicht so grob und kitschig wie beim »^siuo«, sondern oft sehr geistvoll und technisch schön ausgeführt. Aus dem katholischen Lager kämpfen der »LI u I o« und der »öastono« gegen die französische Freimaurerei und den englischen Krämergeist. Neben diesen führenden politischen Witzblättern ist noch eine Unmenge Postkarten mit Kriegskarika turen herausgekommen. Ungefähr zwei Drittel sind allerdings Schund, aber unter dem übrigbleibenden Drittel findet man Kar ten von wirklich künstlerischem Wert. So z. B. die reizenden Kriegskarten von A. Bertiglia oder die Karikaturen von Otto Japelly. Überall, wohin man hört, vernimmt man die Frage: Wie lange dauert dieser Krieg uoch? Es ist gewiß, daß ein Land wie Italien auf den Frieden seiner Nachbarn angewiesen ist und daß es auch vielleicht mehr als die anderen Neutralen durch den Krieg wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen wird. Eine seiner Haupteinnahmequellen ist die Fremdenindustrie, die in der jetzigen Saison und wahrscheinlich auch noch in der nächsten sehr spärlich blühen wird, so daß die Existenz Hunderter von Familien auf dem Spiel steht. Dazu kommt, daß sich gleich bei Ausbruch des Krieges ein großer Strom italienischer Arbeiter mit Familien aus allen Ländern nach Italien zurückergoß. Diese Rückwanderer haben natürlich auch kein Geld in das Land gebracht, im Gegen teil, sie sind eine Last für die Regierung und ihre eigenen Lands leute geworden, denen sie nun auf der Tasche liegen. Zu diesen Erleichterungen des Staatssäckels treten die laufenden Aus gaben für Libyen und für die »bewaffnete Neutralität«, die alle
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