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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.12.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-12-16
- Erscheinungsdatum
- 16.12.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. 231, 16. Dezember 1914. möglich gewesene Versendung von Briefen bis 50V g- für den Büchervertrieb nutzbar gemacht haben. Im Austrage des Staatssekretärs gez. Kobelt. An den Vorstand des Börsenvercins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, z. H. des Königlich Sächsischen Geheimen Hofrats Herrn Karl Siegismund Hochwohlgeboren in Leipzig. Weihnachts-Reklame 1914 Weihnachten steht wieder vor der Türe. Aber welch grellen Unterschied bildet die friedliche Bedeutung des Festes zu den drau ßen im Osten und Westen tobenden Kämpfen um Sein oder Nicht sein des Vaterlandes! überblicken wir die letzten vier Monate, so gewahren wir indessen, daß die erste Aufregung der Augustwochen, in der manche Kopflosigkeit die durch die Mobilmachung verur sachte Stockung im Geschäftsleben noch vermehrte, allmählich mit der schrittweisen Einlenkung des Verkehrs in die früheren Bahnen einer ruhigeren, vertrauensvollen Auffassung von Gegenwart und Zukunft Platz gemacht hat. Jedes Einzelnen Sinnen und Denken war, neben seiner Berufsarbeit, von den politischen und kriegeri schen Ereignissen derart in Anspruch genommen, daß niemand mehr Zeit und Teilnahme für andere Dinge fand, bis sich der natürliche Rückschlag geltend machte, begünstigt durch die guten Nachrichten von den Kriegsschauplätzen. Die ncrvenanspannende Beschäfti gung mit den wechselnden Tagesereignissen heischte schließlich dringend Ruhepausen, hier und da eine Stunde innerer Einkehr. Das Bedürfnis nach Erholung, nach einer Erfrischung für Geist und Gemüt, forderte sein Recht, und man griff wieder zu einem guten Buche, zu erhebender Lektüre. Diese Rückwirkung nun, die je nach Anlage und Neigung bei dem einen früher, beim anderen später eintrat, brachte die Frage hervor: was sollen wir jetzt lesen, welcher Lesestoff ist für die große Zeit, die wir jetzt erleben, der richtige? Hier war ein passen der Zeitpunkt gegeben, die weiten Kreise unseres Volkes, denen — leider! — das Buch einen Luxusgegenstand bedeutet, von der Not wendigkeit und dem Segen guter Lektüre zu überzeugen und der Verbreitung gediegener Werke den Boden zu bereiten. In dieser Hinsicht ist denn auch, wie wir bald sehen werden, mancherlei ge tan worden, und vielleicht ist es für diese Bemühungen von guter Vorbedeutung, daß das Weihnachtsfest Heuer, wie vor vierund vierzig Jahren, in eine ernste und schwere Zeit fällt, die von selbst aus die Notwendigkeit hinweist, die vorhandenen Kräfte zu sam meln, um eine größere Leistungsfähigkeit zu erzielen. Schriftsteller und Buchhändler marschieren hier bald einzeln, bald zusammen als Verbündete, jedenfalls, um vereint zu schlagen. In dieser Richtung liegt auch die Besprechung der Frage des für die Gegenwart passenden Lesestoffs, wie sie im »Zeitgeist«, einer Beilage zum »Ber liner Tageblatt«, im vorigen Monat erfolgte. Die Schriftleitung des Blattes hatte sich mit der näher umschriebenen Frage: Welche Bücher sollen wir jetzt lesen? an eine Reihe bekannter Schrift steller und Gelehrter gewendet und veröffentlichte deren Ant worten als »Die Bücher der Zeit« in den Nummern 45—47. Diese Antworten sind, wie zu erwarten war, je nach der Geistesrichtung und dem eigenen Standpunkte des Urhebers verschieden aus gefallen. Eine Reihe der Befragten begnügt sich mit der Anfüh rung von zehn Büchern, andere nennen die Werke unter Begrün dung ihrer Wahl. Herbert Eulenberg hat es sich am leichtesten ge macht, indem er antwortet: »Alle guten Bücher, die zu einer höhe ren und glücklicheren Entwicklung des Einzelnen wie des ganzen Menschengeschlechts beitragen, ohne danach zu fragen, welchem Volke dieser Freund der Menschheit durch Geburt und Zufall an gehörte«. Am eingehendsten spricht sich Karl Lamprccht über die Frage aus, der unsere Klassiker und Fichte, weiter aber Werke über die Geschichte der Neuzeit als den passendsten Lesestoff — immer im Hinblick auf die Gegenwart — bezeichnet. Gehen die Anschauungen im einzelnen zum Teil auch weit auseinander, so zeigt sich doch, von wenig Außenseitern abgesehen, als einigendes Band das Streben, von den Schätzen aller Literaturen und Völ ker nur das Edelste und Höchste als der Beachtung würdig zu kennzeichnen, wobei verständlicherweise auch die nationale Ge sinnung zum Ausdruck gelangt. Es werden darin Bismarck acht mal, Goethe und Treilschke je siebenmal, Kleist sechsmal, Homer und Schiller je fünfmal genannt, die Bibel, Luther, Kant, Les sing und Fichte je viermal; mit je dreimal folgen das Nibelungen lied, Shakespeare und Gottfried Keller. Es ist nicht zu bezweifeln, daß eine gleiche Umfrage, an dieselbe Zahl anderer Personen gerichtet, ein anderes Ergebnis haben würde; dies wäre nur das Schicksal aller ähnlichen »Enqueten«. Für den Buchhan del aber kann cs nur von Vorteil sein, wenn solche Fragen recht oft in breitester Öffentlichkeit erörtert werden. War diese Erhebung im engeren Kreise auch keine buchhänd lerische Werbetätigkeit, so ist sie doch recht wohl geeignet, dieser in die Hände zu arbeiten, wie an einem Artikel »Bücher im Kriegs jahr« in der »Wiener Allgemeinen Zeitung« vom 9. Dezember zu erkennen ist, der, von dem Weihnachtskatalog der Firma Hugo Heller in Wien ausgehend, die Notwendigkeit richtiger Aus wahl der Lektüre betont. Noch rechtzeitig ist ein von der Firma F. VoIckmar in Leipzig ins Leben gerufenes Unternehmen erschienen, das die Presse und das augenfällige Straßcnplakat in seinen Dienst gestellt hat, als eine großzügige Propaganda für das Buch im allgemeinen. Zu diesem Zwecke, für den sich zunächst eine lose Vereinigung von Verlegern gebildet hat, verfaßte Peter Rosegger einen Aufruf folgenden Wortlauts; »Deutsche Weihnachten! Noch nie ist das deutsche Volk zu Weih nachten so gründlich bei sich selbst daheim gewesen, als diesmal. Feinde ringsum, die gleichsam für uns einen Schutzwall bilden gegen die widerliche Ausländerci, der wir zu Versalien drohten. An uns das Beste verlierend, von fremden Völkern Nichtiges einsaugend, waren wir in Gefahr, nationale Zwitterlinge zu werde». — Aber nun besinnen wir uns der Schätze, die bei uns daheim in reichster Fülle anfgesvcichert sind. Weihnacht weist uns zur Einkehr bei unser» Denkern und Dichtern im Buche. Wir geben uns das Buch, wir geben es unfern Liebe». Nichts Würdigeres, als die erlauchten Geister der Nation znm Feste zu laden. Kein vornehmeres Geschenk als das Buch; ln schwerer Zeit keine glücklichere Insel der Se ligen. Unsere Klassiker! Unsere neueren, die zeitgenössischen Dich ter, die mit uns leben, leiden, streiten. Hören wir, was sie uns zu erzählen wisse», was sie uns zu sagen habe». Wenn Kriegs lärm aller Art uns bange macht, nehmen wir Zuslucht zu den Dich tern und zu de» Denkern, die das Renschenlebc» von einem hö heren Standpunkt aus betrachten. Suchen wir in ihnen die deutsche Seele, die Quelle herzstärkender Zuversicht, Weltsreudigkcit, Mcn- schenvcrtrauens und srommen Gottcmpsindcns. Vernehmen wir die hehren Klänge von Liebe und Treue, von Großmut und Helden Hastigkeit; hören wir das harmlos heitere Lachen deutschen Hu mors; versetzen wir uns durch das Buch in schönere, bessere Welten, so uns die gegenwärtige nicht gcsalle» will. Wenn der Frieden kommt, dann wird Zeit genug sei», uns auch wieder mit de» Lite raturwerken unserer jetzigen Gegner z» befassen. In diesem Jahre, Ihr Freunde, wollen wir deutsche Weihnachten halten. — Crsreuen wir uns in dem Buche des Christbanms wieder einmal der deutschen Seele. — Die Zeit der langen Nacht ist ge kommen, wir brauchen ein Licht.« Dieser Aufruf, außer vom Verfasser von etwa dreihundert Dichtern und Gelehrten, darunter den besten Namen Deutschlands und Österreichs, unterzeichnet, ist an mehrere hundert Tageszei tungen zumAbdruck versandt, gleichzeitig aber auch in etwa 140000 Abzügen vom Buchhandel im Publikum verbreitet worden. Hand in Hand damit wurde in einigen dreißig Städten den Anschlag säulen ein farbiges Plakat angehestet und der Rest der Auflage von 10 000 dem Sortiment zum eigenen Gebrauch zur Verfü gung gestellt. Für diese Plakalreklame waren auch buchhändle- rische Lokalvereine gewonnen worden, die, wie der Verein der Buchhändler zu Leipzig, sich gleichzeitig für die Aufnahme des Roseggerschcn Aufrufs in die Zeitungen ihres Wohnsitzes mit Nachdruck verwendet haben. Das Plakat, von dem Leipziger Künstler Oswald Weise entworfen, im Format von 93X 64 ein, zeigt einen verwundeten Krieger in Felduniform, den Worten lauschend, die seine junge Frau ihm aus einem Buche vorlicst.
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