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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.12.1914
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- 1914-12-14
- Erscheinungsdatum
- 14.12.1914
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- Deutsch
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/sr 289, 14. Dezember 1914. Redaktioneller Teil. eines völlig abweichenden Untertitels und einer leicht nnterscheidbaren Ausstattung ,>ll beseitigen; dnrch die Benützung des ähnlichen Unter titels nnd der ähnlichen Ausstattung habe sie gegen die guten Sitten verstoßen nnd sei auch von diesem Gesichtspunkte ans sachfällig. Die Beklagte beantragt die kvstenfällige Zurückweisung der Berufung. Sie bestreitet in Anlehnung an das erstrichterliche Urteil und an das dort in Bezug genommene Urteil des Oberlandesgerichts vom 1«. September 1913 sowie unter Wiederholung ihres Beweis- angcbots vom 26. September 1913 die Schubfähigkeit des streitigen Buchtitels, ferner in Anlehnung an das Urteil des Landgerichts Mün chen 1q vom 30. Juli 1913 die BerwcchslungSgefahr. Sie bestreitet auch die Neuheit des Titels »Briefe der Liebe«, indem sie auf zivei Buchtitel ans den Zähren 1782 und 1841 verweist, und macht weiter geltend, das; der Titel schon im Frühjahr 1909 mit der Verfasserin vereinbart worden sei (Beweis: Briefwechsel, Charlotte Westermann als Zeugin) und daß die Klägerin wohl ans irgend eine Weise von dem vereinbarten Titel Kenntnis erhalten habe und der Beklagten zuvorgekommen sei (Beweis: Camill Hvffmann, eventuell Eideszn- schiebung über die Negation dieser Behauptung). Der Versuch, die Klage nunmehr auch aus die 88 1 UWG. und 826 BGB. zu stützen, bedeute eine Klageünderung, der sich die Beklagte widersctzc. Die Klägerin bestreitet, daß sich ihre »Schönbücherei« als Nachahmung der »Bücher der Rose« darstelle und daß sie von der Vereinbarung des Titels zwischen der Beklagten und der Verfasserin Kenntnis gehabt habe, und nimmt den zugeschobenen Cid vorsorg lich an. Auf Befragen erklärt der Prozeßbcvollmächtigte der Klägerin, daß die von der Beklagten benannten Sachverständigen bereits durch Umfrage um eine Meinungsäußerung ersucht worden seien und sich in den bei den Akten befindlichen Antworten im Sinne des Beweis angebots der Beklagten geäußert hätten, daß er sich der Verlesung dieser Gutachten widcrsetze, eventuell aber auch die Verlesung der von der Klägerin erholten Gutachten beantrage. Die Parteivertreter ver zichten sodann beiderseits auf die Verlesung der Gutachten. Wegen der verlesenen Schriftstücke wird ans das Sitzungsprotokoll vom 24. April 1914 verwiesen. G r tt n d e. Die Berufung ist gemäß den 88 511 ff. ZPO. formell nicht zu beanstanden, sachlich aber unbegründet. Die Klage stützt sich in erster Linie auf den 8 16 UWG. Die unter Berufung auf diese Gesetzesbestimmung erhobenen Ansprüche setzen voraus: 1. daß Klägerin und Beklagte sich der »besonderen Bezeichnung« einer Druckschrift bedienen; 2. daß Beklagte dies in einer Weise tut, welche geeignet ist, Ver wechslungen mit der von der Klägerin benützten besonderen Be zeichnung hervorzurufen; 3. daß Klägerin sich ihrer Bezeichnung befngterweise bedient. Eine »besondere Bezeichnung« einer Druckschrift ist gegeben, wenn die Bezeichnung individuell eigentümlich und geeignet ist, die mit ihr versehene Druckschrift von anderen Druckschriften gleicher Art zu un terscheiden. Dies wird namentlich dann der Fall sein, wenn sie zu dem Inhalt der Druckschrift zwar in einer gewissen Beziehung steht, aber ihn nicht einfach wiedergibt, vielmehr nur mit Hilfe der Phan tasie mit dem Inhalte in Beziehung gebracht werden kann, oder wenn eine sprachliche Ncuschöpfung vorliegt; dagegen wird die Unterschei- dungskraft in der Regel fehlen, wenn die Bezeichnung für die Sache notwendig ist oder sich durch den Inhalt der Druckschrift von selbst er gibt (NG. Bd. 74 8 649), insbesondere wenn es sich um eine sprachlich nicht originelle GattungSbezcichnung handelt. Von diesen Regeln sind allerdings Ausnahmen denkbar. Ebenso wie zuweilen besondere Be zeichnungen einer Druckschrift allmählich als Gattungsbezeichnung auf- gefaßt werden und ihren individuellen, nnterscheidenden Charakter ver lieren, können auch Bezeichnungen, die an sich Unterscheidungskraft nicht besitzen, durch besondere Umstände in den Augen der beteiligten Kreise zu besonderen Bezeichnungen werden; man wird aber in diesen Fällen besonders streng prüfen müssen, ob die beteiligten Kreise wirklich in ihrer Totalität oder doch in ihrer überwiegenden Mehr heit zu der Auffassung der Bezeichnung als einer »besonderen« ge langt sind. Alle diese Sätze enthalten eine rechtliche Entwicklung des gesetzlichen Begriffs »besondere Bezeichnung«, fallen also unter den Begriff der Rechtsfragen. Tatfrage dagegen ist, ob nnd inwieweit im konkreten Fall die erörterten Momente gegeben sind. Das Berufungs gericht ist zu der Überzeugung gelangt, daß diejenigen Momente, welche einer Bezeichnung den Charakter des Individuellen, Eigentümlichen nnd Unterscheidungskräftigen verleihen, beim Titel »Briefe der Liebe« nicht vorhanden sind. Wer eine Sammlung von Briefen herausgeben und in diese Sammlung nicht nur eigentliche Liebesbriefe — das sind Liebesgrüßc im Verkehr mit der geliebten Person —, sondern auch Briefe anderen Inhalts anfnehmcn will, deren Grundlage die Liebe bildet, der wird bei der Suche nach einem Titel ganz von selbst ans den Titel »Briefe der Liebe« verfallen müssen. Es ist kein Ge bilde, bei dessen Entstehung oder Anwendung ans den Inhalt des Buchs ! die Phantasie eine nennenswerte Rolle spielt. Er ist auch keine sprach- ^ liche Ncuschöpfung, sondern durch Anwendung der einfachsten Mittel der deutschen Sprache entstanden: Bei der näheren Kennzeichnung der Briefe, die den Inhalt der Sammlung bilden, mußte das Wort »Lie besbriefe« von vornherein ausschciden, weil cs nur einen Teil der veröffentlichten Briefe treffen würde; ein Präpositionalausdruck, der den Inhalt treffend kennzeichnen würde, wäre wohl kaum zu finden; ein Nebensatz — etwa »Briefe, deren Grundlage die Liebe bildet« oder dergleichen — wäre schwerfällig und für einen Buchtitel unge eignet; hiernach bleibt als das Nächstliegende sprachliche Mittel zur näheren Kennzeichnung der veröffentlichten Briefe eben nur die An wendung des qualitativen Genitivs übrig. Eine Eigentümlichkeit kann hierin um so weniger erblickt werden, als diese Art der Anwendung des Genitivs in neuerer Zeit besonders üblich geworden ist. Der Titel »Briefe der Liebe« ist schon eine Bezeichnung, die sich durch den In halt der in Frage stehenden Sammlungen von selbst ergibt, und für jeden, der den Inhalt kurz bezeichnen und dabei die elementarsten Grundsätze für die Wahl von Buchtiteln befolgen will, geradezu not wendig. Derartige Bezeichnungen können durch die Wahl als Titel einer Druckschrift nicht monopolisiert werden; insbesondere kann ein anderer, der eine Sammlung gleichen Inhalts herausgibt, nicht ge zwungen werden, nun seinerseits statt der naturgemäß sich ergebenden Kennzeichnung des Inhalts eine »besondere Bezeichnung«, etwa »Doku mente des Herzens« oder dergleichen zu wählen. Es bleibt sohin nur noch zu untersuchen, ob etwa der von der Klägerin gewählte Titel »Briefe der Liebe« schon vor der Ankündigung des Buches der Beklagten ans Grund besonderer Umstände nach allgemeiner Verkehrs- anffafsung der beteiligten Kreise zu einer individuellen Bezeichnung des Buches der Klägerin geworden ist. Auch diese Frage ist nach der Überzeugung des Berufungsgerichts zu verneinen. Das Gericht entscheidet diese Frage auf Grund der ihm zukommenden Erfahrung, ohne daß es eines Sachverständigenbeweises hierüber bedarf. Schon die vom Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zugegebene Tatsache, daß sich die von der Beklagten benannten namhaften Sachverständigen, darunter die Mitglieder bedeutender Verlagsfirmen, bereits schriftlich in einem der Beklagten günstigen Sinne geäußert haben, läßt er kennen, daß von einer allgemeinen Anerkennung des Titels »Briefe der Liebe« als einer individuellen Bezeichnung des Buches der Klägerin innerhalb der beteiligten Kreise keine Rede sein kann. Diese Über zeugung des Gerichts könnte auch dadurch nicht erschüttert werden, daß die von der Klägerin benannten Sachverständigen das Gegenteil be stätigen. Mit der Verneinung des Vorliegens einer »besonderen Bezeich nung« im Sinne des 8 16 UWG. ist der Klage, soweit sie sich auf diese Gesetzesbestimmung stützt, die Unterlage entzogen. Selbst wenn aber der Titel »Briefe der Liebe« als »besondere Bezeichnung« zu erachten wäre, so würde es doch an der weiteren Voraussetzung fehlen, daß jene Bezeichnung in einer eine Verwechslungsgcfahr begründenden Weise benützt wird. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung ist auszu gehen von den Anschauungen, Erfahrungen und Gewohnheiten der für den Bezug uud die Lektüre der Druckschriften in Betracht kommenden Verkehrskreise und von dem Gesamteindruck, welchen jene Kreise ohne Anwendung besonderer Aufmerksamkeit erhalten. Es ist der Klä gerin zuzugeben, daß sich ihr Werk, ebenso wie das der Beklagten, an einen ziemlich großen Kreis wendet; auch die Beklagte rechnet mit einem Absatz von 10 000 nnd mehr Exemplaren. Andererseits ist aber anzunehmen, daß sich für Werke mit den» streitigen Titel nur solche Personen interessieren, die mit einer gewissen literarischen Bil dung ausgestattct sind und ein Interesse an kulturgeschichtlichen Doku menten oder an dem Seelenleben anderer Menschen oder vielleicht auch ein vorwiegend stilistisches Interesse haben. Für einen derartigen Leserkreis ist aber ein ausreichendes Matz von Unterscheidungsmerk malen vorhanden. Hierzu gehört vor allem die weitere Ausgestaltung des Titels: einerseits »Dokumente des Herzens aus zwei Jahrhun derten europäischer Kultur, gesammelt von Camill Hoffmann«, an dererseits »Aus drei Jahrhunderten deutscher Vergangenheit. Auswahl nnd zeitgeschichtliche Lebensbilder von Charlotte Westermann«. Also dort eine nähere Erläuterung in Form einer Apposition un ter Verwendung einer schlagwortartigen Formel (Dokumente des Herzens), hier eine nähere Erläuterung tu Form eines Präpositionalattribnts; dort der Hinweis auf den internationalen Charakter, hier die Begrenzung auf die deutsche Vergangenheit, dafür aber der Hinweis auf die Beigabe zeitgeschichtlicher Lebensbilder; dazu die Verschiedenheit der Autoren nnd des Verlags. Personen mit dem oben geschilderten Bildungsgrad werden, auch wenn sie einfachen Kreisen angehören. beim Lesen von Prospekten und bei der Entgegennahme von Empfehlungen sich nicht nur den allge- 1763
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