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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.12.1914
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- 1914-12-12
- Erscheinungsdatum
- 12.12.1914
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MMMdeOEMMMdel 81. Jahrgang. ieM Nr. 288. Leipzig, Sonnabend den 12. Dezember 1914. Redaktioneller Teil Kunst und Kunsthande! VII. (VI siehe Nr. 267.> Berliner Eindrücke. — Arthur Kampfs Fichte-Bild. — Neuordnung der Nationalgalcric. — Sammlung Ed. Arnhold. — Alte Meister in der Sammlung Kappel und Hulbschinsky. — Galerie Schulte. — Weih nachten bei Wcrtheim. — Der Kunsthandel muß sich anpassen. Wer heute über Kunst schreibt, mutz sich darüber klar sein, daß er eine SisyphoL-Arbeit verrichtet, denn er darf kaum darauf rechnen, gelesen zu werden; wir stehen eben alle zu sehr unter dem Eindruck der Zeitereignisse. Als ich letzthin eine Woche in Berlin verweilte, suchte ich einen bekannten Mäcen für eine mir wichtig scheinende Kunstangelegenheit zu interessieren. Der aber lehnte ab mit den Worten: »Sie sind doch ein sonderbarer Kauz, daß Sie sich jetzt für diese Sache einsetzen; in meiner Gedankenwelt ist in dieser schweren Zeit kein Raum für das Kunstleben«. Ich war ein wenig betroffen, denn dieser Mann besitzt die schönste und wertvollste Pribatsammlung moderner Meister. An demselben Tage erreichte mich über Leipzig die Nachricht, daß einer meiner Söhne im Felde schwer erkrankt und in das Festungslazarett nach Thorn geschafft sei. Mit einem Male verlor alle Kunst ihre Be deutung, erloschen schien der vorher lockende Schimmer, ich eilte sofort an das Krankenlager meines Sohnes, und erst, als nach bangen Tagen keine Lebensgefahr mehr bestand, trat die Kunst wieder in ihre alten Rechte. Dann suchte ich mir in dieser von gesundem und krankem Militär überfüllten, an Kunstwerken aber keineswegs armen Festungsstadt die in Berlin gewonnenen Ein drücke und Anregungen klar zu machen. Wenn ich die äußeren Umstände, unter denen der vorliegende Aufsatz entstand, hier be rühre, so geschieht es, weil ich Wohl fühle, daß etwas von der Un ruhe jener Tage in der Darstellung zu finden ist, die der Leser frei lich mit in Kauf nehmen muß. Am letzten Tage meines Berliner Aufenthalts folgte ich einer Einladung von Professor Arthur Kampf zur Besichtigung seines eben vollendeten Wandgemäldes in der neuen Universitäts-Aula. Diese ist in dem ehemaligen Bibliotheksgebäude am Königlichen Opernhaus geschaffen worden und macht den Eindruck eines mo dernen Theatersaales mit seinen terrassenförmig ansteigenden Ga lerien. (Auch bei modemen Kirchen ist dieser Baustil beliebt.) Als ich zur verabredeten Stunde hinkam, legte Kampf die letzte Hand an das imposante Werk; am folgenden Tage wollte er als Schlachtenmaler nach dem westlichen Kriegsschauplatz abreisen. Der Künstler hantierte gerade an dem Gemälde, als ich den Saal betrat und rief mir von seinem hohen Gerüst zu, ich möchte zunächst einmal unten bleiben und den Totaleindruck in mich aufnehmen. Da bei schritt er an dem Gemälde entlang, um mir die Größenverhält nisse klarzulegen. Danach schien es mir, daß die etwa 50 in dem Bilde gruppierten Figuren in dreifacher Lebensgröße ausgeführt sind. Trotz dieser Dimensionen ist die Harmonie der einzelnen Figuren eine erstaunliche; der farbige Eindruck ist ein höchst er freulicher, nicht so berauschend wie der des Klingerschen Homer bildes in der Leipziger Universitäts-Aula, sondern auf gewisse Farbentöne absichtlich beschränkt, um die Aufmerksamkeit der Hörer nicht allzu sehr von der unter dem Bilde aufgestellten Kathedra ab-! zulenken. Im Mittelpunkt der Darstellung steht der Philosoph! Johann Gottlieb Fichte, der furchtlose Patriot, der in der schwer sten Not des Vaterlandes seine zündenden »Reden an die deutsche Nation« hielt, durch die er die glorreiche Erhebung und Befreiung von der Fremdherrschaft vorbereitete. Dem Gemälde liegt die 14. Rede zugrunde und besonders die Stelle: »Diese Reden be schwören euch Denker, Gelehrte, Schriftsteller, die ihr dieses Na mens noch wert seid«. Sinngemäß erkennt man unter den Darge stellten berühmte Zeitgenossen und Lehrer der Berliner Hochschule, so links vom Beschauer Humboldt, rechts Schleiermacher, unter den Frauen die geistvolle Henriette Herz. Besonders schön ist eine weibliche Gestalt, die zu Füßen des Redners sitzt und begei stert zu ihm aufblickt. Die Szene rings um den erhöhten Stand ort Fichtes ist eine rein ideale, im Hintergrund« tritt das Bran denburger Tor aus den stilisierten Wolken heraus. Um die Figu ren aus der Nähe zu betrachten, kletterte ich auf hoher Leiter zu dem Künstler empor, der mich auch über die Technik der Secco- Malerei unterrichtete; dann nahm ich von dem schönen Werk und von Professor Arthur Kampf Abschied, dem ich auch an dieser Stelle für seine Studien im Felde von Herzen Glück wünsche. Wieviel Schönes und Neues hatte ich schon in den vorher gehenden Tagen gesehen! Im Kaiser Friedrich-Museum, das seit meinem letzten Besuch besonders in der »Anbetung« des van der Goes eine erstaunliche Bereicherung erfahren hatte, wird an der Neuordnung vieler Säle fleißig gearbeitet. In der Rational galerie hat man den größten Künstlern, wie Böcklin, Feuerbach, Leibl, Menzel u. a., eigene Säle mit Seitenlicht geschaffen und da durch zwei gar nicht hoch genug zu schätzende Erfolge erzielt, ein mal den Werken die richtige Beleuchtung zu schaffen, die sie in den alten Räumen nicht haben konnten, und dann die Künstler, von denen die Nationalgalerie meist die besten Werke besitzt, in ihrem Gesamtschaffen, d. h. in ihrer ganzen künstlerischen Individuali tät vorzustellen. Werke ganz großen Formats haben freilich dort keinen Platz, und so sind die beiden Feuerbach-Gemälde: »Kon zert« und »Gastmahl des Platon« im großen Saale des ersten Stockwerks aufgehängt, wo das ehemals sehr ungünstig im Trep- penhaus placierte riesige »Gastmahl« zwischen einer Landschaft von Schuch und einer von Leistikow eine ganze Wand beherrscht.*) Freilich mutzte man zur Durchführung dieser Neuordnung vieles magazinieren (so besonders die Sammlung Wagener, aus der die Nationalgalerie hervorgegangen ist). Eine wesentliche Entlastung und zugleich die Erfüllung eines langgehegten Planes bedeutet die Abzweigung der Bildnisse, die in ganz ausgezeichneten Räumen der Schinkelschen Bauakademie, also nicht weit von der National galerie als einheitliche Sammlung (Leiter: Professor Haus Mackowsky) untergebracht sind. Daß auch die Sammlung Königs, die viele Ausländer enthält, und die von Tschudi meist durch Stiftungen zusammcngebrachten Franzosen heute im zweiten Stock unter Verschluß genommen sind, hängt Wohl weniger mit nationalen Bedenken zusammen, als mit einer durchgreifenden Er neuerung dieser Räume. Diese brachte mich diesmal um den vollen Genuß der herrlichen Werke, selbst Courbets Welle und Daubignys Landschaft verloren in der freudlosen Umgebung viel von ihrer Wirkung. *> Die erste Fassung ist in Karlsruhe. Eine gute farbige Repro duktion erschien kürzlich in den »Meistern der Farbe« (E. A. Seemann). 1753
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