Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.11.1914
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- 1914-11-27
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- 27.11.1914
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Redaktioneller Teil. ^ 275, 27. November 1914. Frieden bewähren und das Wort »Ich kenne keine Parteien mehr« nicht fortan die Losung der Zukunft sein würde. Auch wir Buch händler haben in dieser Beziehung manche Unterlassungssünde gut zu machen, nicht nur im eigenen Hause, sondern auch im Hin blick auf unser Verhältnis zum Publikum. Daher wird es in Zukunft unsere Aufgabe sein müssen, näher an das Volk heranzu rücken, uns mit seinen Bedürfnissen und Wünschen vertraut zu ijiachen und jene Gemeinschaftlichkeit aller Interessen zu fördern suchen, die uns die Gegenwart offenbart hat. Wenn nicht alle Zeichen trügen, so wird das literarische Interesse nach dem Kriege eine wesentliche Wandlung erfahren, die die blutlose Nervenpoesie der Symboliker, Neurotiker, Eso teriker, und wie die Jünger der neuen und neuesten Kunst alle heißen mögen, hinwegschwemmen wird. Mehr als bisher wird die Literatur versuchen, im Anschlüsse an alle politischen, die Gesamtheit des deutschen Volkes interessierenden Fragen dem Allgemetnempfinden Ausdruck zu geben. Eine solche Wandlung würde das Ende der Herrschaft der Kaffcehausliteraten bedeu ten, jener, die mit Gefühlen und Gcfühlchen hausieren gehen und sich allmonatlich mit einer neuen Weltanschauung drapieren, vor ausgesetzt, daß der Buchhandel den Geist der Zeit versteht und all das Neue, das nach Entfaltung ringt, zu kräftiger Entwicklung zu bringen sucht. Vor allem wird er Sorge tragen müssen, daß sich das Schauspiel, das die deutsche Literatur nach dem Kriege 187V/71 bot, nicht wiederholt. Dieser Aufgabe gegenüber ist der Boykott von einem halben Dutzend uns feindlich gesinnter Ausländer während des Krieges ein Sturm im Wasserglase. Bereiten wir jetzt schon den Weg vor, so brauchen wir später im Frieden gar nicht wieder anzufangen, »darüber zu reden«, ob wir den oder jenen Ausländer für not wendig oder entbehrlich halten. Deswegen verwerfen wir die zeitlich begrenzten Maßnahmen gegen einzelne Ausländer, weil sie immer nur Stückwerk bleiben werden und den deutschen Buch händler weit eher im Lichte des gebildeten Hausknechts erscheinen lassen, der jetzt aus Verärgerung dem Auslande seine Dienste auf sagt, als in dem eines sich seiner Pflichten bewußten Kultur kämpfers, der sich lediglich vom Wert oder Unwert einer Sache leiten läßt. Nicht übersehen werden darf auch, daß zahlreiche unkontrol- lierbare Auslassungen jetzt die Runde durch die Zeitungen machen und feindlichen Ausländern vielfach Äußerungen in die Schuhe geschoben werden, die sie nicht oder nicht in dem mitgeteilten Zusammenhänge getan haben?) Wie dem auch sein möge, so müssen Person und Werk eines Schriftstellers doch immer aus- einandergehaltcn werden, wenn wir nicht den festen Boden unter den Füßen verlieren wollen. Jedes Buch von einiger Bedeutung lebt sein eigenes Leben, ist eine Individualität für sich, losgelöst und unabhängig von seinem Schöpfer in demselben Moment, in dem es das Licht der Welt erblickt. Und so wenig Kinder für die Fehler der Eltern verantwortlich gemacht werden können, so wenig sollte man einem Werke andere Ge brechen zum Vorwurf machen als die ihm selbst anhaften. Wenn Herr Staadt darauf hinweist, daß wir heute ja auch »keine dummen Gotteslästerungen, keine Pornographien und keine Schmähungen von Kaiser und Reich und manches andere nicht, was wir bekämpfen und für schädlich halten«, verbreiten, so über sieht er dabei, daß hier erstens die feste Grenze durch gesetzliches Verbot gezogen ist, und daß zweitens dieser Ausschluß heute nicht mehr wie in den Zeiten der Inquisition in persönlichen, sondern in rein sachlichen Momenten begründet ist, der Kampf also nicht der Person, sondern dem Werke gilt. Eine Verquickung beider würde zudem zu so seltsamen Konsequenzen führen, daß wir vollständig andere Maßstäbo an alle literarischen Erzeugnisse anlegcn müßten, als sie bisher Gültigkeit hatten. Vor diesem Beginnen möge uns -j So heißt cs beispielsweise von Bernard Shaw, daß er sich qcrade im gegenteiligen Sinne, als ihm unterstellt wird, über die Ursachen und Urheber des Krieges ausgesprochen habe, während hingst von Conan Doyle bekannt wurde, datz er an der Spitze einer Hilfs aktion zugunsten der in England eingeschlosscnen Deutschen und Öster reicher stehe. der Himmel ebenso bewahren wie vor einer Methode, die die »Ge- sinnungstllchtigkeit« und politische Phrase als einen literarischen Wertfaktor mit in Rechnung stellt. Was wir von diesem Kriege, der uns in vieler Beziehung die Augen geöffnet hat, erhoffen, ist eine skengere Auswahl unter allen literarischen Erscheinungen, eine stärkere Betonung des Echten und Wertvollen gegenüber dem Gemachten, dem Mittelgut und Schund, schon weil es im Geiste echter vaterländischer Ge sinnung liegt, wenn ein jeder Volksgenosse dem anderen das Beste zugängig macht. Aus diesem Grunde dürfen wir auch die Kul turpolitik der offenen Tür nicht aufgeben, eben weil wir wün schen, daß der deutsche Buchhändler zu seinem Volk stehen soll. Die Auslegung, die Herr Staadt dem Dichtcrworte gibt, ähnelt bedenklich dem kixbt or n-rong, eountr^l der Engländer, jenem insularen Egoismus, der aus dem lebensfrohen, tatkräf tigen Altengland ein selbstsüchtiges, nur auf das eigene Interesse bedachtes Krämervolk gemacht hat. Red. Kleine Mitteilungen. Besteht ein Anspruch auf Urlaub während des Krieges? — Diese Rechtsfrage unterlag am 18. November der Entscheidung der 2. Kam mer des Berliner Kaufmannsgerichts. Das beklagte Warenhaus hatte der Verkäuferin Selma H., der Klägerin in dem verhandelten Pro zesse, vor Kriegsausbruch für den Monat August einen Urlaub von 14 Tagen bewilligt. Infolge des Krieges wurde der Klägerin zum 1. September gekündigt und ihr gleichzeitig der für August erteilte Urlaub entzogen. Die Geschäftsleitung erklärte ihr, man könne wegen der notwendig gewordenen Personaleinschränkung ans die Dienste für den ganzen August nicht verzichten. Die Klägerin hielt denn auch ihre Tätigkeit während des Monats in vollem Umfange aufrecht, ver langte aber nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses einen Schaden ersatz für den entgangenen Urlaub in Höhe des halben Monatsgehalts. Das Kaufmannsgericht wies die Klägerin mit dieser Forderung ab. Das; entgangener Urlaub in eine Geldcntschädigung umgewertet werden könne, sei im Gesetz nicht festgelegt. Auch in den Kommen taren zum Bürgerlichen und zum Handelsgesetzbuch finde sich nirgends ein Hinweis auf eine dahingehende Auslegung. Post. — Von jetzt ab werden von den Neichspostanstalten Pakete bis zu 10 nach Spanien und den Balearen zur Beförderung über die Schweiz angenommen werden. ^ SMlhslütt. ^ Wie neue Buchhändler entstehen. tBgl. Rr. 271.) Über die Sache Nother :/: Levy L Müller kann man im allgemeinen zur Tagesordnung übergehen; es stehen sich Meinungen gegenüber, über die eine Einigung zwischen rührigen Verlegern und dem Sor timent niemals ganz zu erzielen sein wird. Schlimm an der Sache ist es, das; bei der durch die Kriegszeit hervorgerufenen Schaffung neuer Zwischenhändler Kriegsbücher aller Art auf dem Lande in erster Linie von Polizei- und Gemeindedicnern vertrieben werden. Das sollten die Gemeinden und die Negierung gar nicht dulden; sie müßten ihre Polizeiorgaue so bezahlen, das; sie ohne Nebenverdienst auskom- men. Ganz abgesehen von allem, sind auch die ländlichen Polizei organe Menschen, und sie werden beim Abonnentensammeln häufig nicht als Kolporteure, sondern als Beamte auftreten. Ferner sind zu leicht Versuche (ich sage ausdrücklich Versuche) seitens des Publikums möglich, sich durch Abonnements oder Bttcherbestellungen bei der be treffenden Amtsperson cinzuschmeichcln oder Vorteile zu erlangen. Mir wurde von einem Beteiligten versichert, daß die wttrttembergischen Po lizeibeamten mit gedruckten Briefen aufgefordert ururden, sich für ein bestimmtes Kriegswerk zu verwenden, und sie haben dies offenbar sofort energisch getan, so daß in zahllosen Dörfern jeweils mehrere hundert Abonnements durch die Polizeidicner gehen sollen. Wie es in den übrigen Ländern ist, mögen die dortigen Buchhändlervcreine fcst- stellen. — Nachdem der Buchhandel jahrelang gegen den Zwischen handel der Lehrer gekämpft hat, kommt jetzt der Zwischenhandel der Polizeibeamtcn. Das eine ist so schlimm wie das andere, und hier gegen sollte durch Eingaben an die Negierungen energisch vorgcgangen werden, nicht nur im Interesse des Sortiments und des regulären Zwischenhändlers, sondern auch in dem des Verlegers und der Bür gerschaft überhaupt. Ein Kriegsbuchverlcger. Berantwortlichcr Redakteur: EmilThomaS. — Berlag: Der Börsenvcret'n der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches BuchhSnblerhauS. Druck: Ramm ^ Seemann. Sämtlich in Leipzig. — Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 26 sBuchhändlerhauLs. 1704
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