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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.11.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-11-23
- Erscheinungsdatum
- 23.11.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19141123
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191411237
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
- Monat1914-11
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. .V 271, 23. November 1914. rische Bank i» sehr kulanter Weise.) Das Fehlen einer offiziel len Knrsnotiz macht sich im Buchhandel bezüglich der deutschen Reichsvalnta besonders geltend. Die einzelnen Wechselstuben können, im Grunde genommen, für die Mark verlangen, was sie wollen, und auch, wenn das Publikum Mark zum Verkauf an bietet, zahlen, was sie wollen. Es ergaben sich, zumal während der ersten Entwicklung des Weltkrieges, große Schwankungen, die etwa durch die Ziffern 12V—132 bezeichnet werden können. Nun, der deutsche Verleger berechnet die Nachnahme auf den Barpaketen in Reichsmark, und der Wiener Kommissionär ist ver pflichtet, die von ihm einkassierten Beträge in Reichsmark abzu führen ; auf eine Umrechnung in Kronen läßt sich der deutsche Verleger nicht ein. In ruhigen Zeiten, wo der Kurs der Mark ziemlich stabil und der Parität entsprechend ist (z. B. war er in der ersten Hälfte des Jahres meist etwa 118.75), kann der Kom missionär dem Sortimenter die Mühe des Markkaufens abneh- men; in Zeiten jedoch, wo ein offizieller Kurs überhaupt nicht existiert und die Tendenz des Kurses steigend ist, kann und darf der Kommissionär bei dem Umstande, daß sein Nutzen sich bei der einzelnen Auslieferung nur in Hellern ausdrückt, sich nicht aus Valutaspekulationen einlassen. Er begehrt mit Recht, daß ihm der aus Markwährung lautende Nachnahmebetrag auch in Mark bezahlt wird. Es ist Sache des Sortimenters, sich die Mark zu beschaffen, und er mag sie dort kaufen, wo er sie am billigsten bekommt. Dies ist der einzig richtige Weg, sich davor zu bewahren, daß beim Auslieferungsschalter etwa ein zu hoher Kurs angerechnet wird; doch kann man, meines Erachtens, die sen Ausdruck schwer gebrauchen in einer Zeit, wo es keine Börse und keinen Kurszettel gibt. Daß die Wechselstuben mitunter einen solchen Zustand ausnutzen, mag Vorkommen und ist inner halb gewisser Grenzen nicht unverständlich. Ein hiesiger Schrift steller wollte kürzlich ein bar erhaltenes Honorar von einigen hundert Mark bei einer Wechselstube verkaufen, und sie bot ihm einen, nach seiner Ansicht, zu niedrigen Kurs. Er behauptete, daß ihm eine andere Wechselstube bedeutend mehr bezahlen würde, worauf ihm geantwortet wurde: »Nun, da gehen Sie eben in jene andere Wechselstube«. Im Zusammenhangs mit diesen Erläuterungen dürfte nach stehend wiedergegebene Mitteilung der Polizei vom 14. November 1914 an die Wiener Bank- und Wechselstubenbesitzer interessieren: »Da der Verkehr an der Wiener Börse nach wie vor Wert und daher eine Kontrolle der im Privatverkehr gemachten Ge schäftsabschlüsse in Börsenwertcn nicht möglich ist, werden die Herren Besitzer der Wiener Bankgeschäfte, Wechselstuben und Kom missionsfirmen aufmerksam gemacht, daß es unzulässig erscheint, insolange der Börsenverkehr nicht wieder eröffnet ist, Kurse von Börsenwerten (Effekten, Devisen und Valuten) in oder bei ihren Seschäftslokalen dem Publikum durch Anschlag oder Anschrei bung öffentlich zur Kenntnis zu bringen.« Die erfolgreichen Konkurrenten des Buches, die Tageszeitun gen, erfreuen sich in dieser Kricgszeit des stärksten Interesses, und obwohl täglich Extraausgaben erscheinen (Preis einer Nummer 10 Heller, hiervon 2 Heller für Kriegsfllrsorgezwecke), die die neuesten telegraphischen Berichte von den Kriegsschauplätzen wie dergeben, sind zu der bestehenden Fülle der Wiener Tageszeitun gen noch drei Ncugründungen getreten, die von der Spannung des Publikums Nutzen ziehen wollen. Es entstanden: das Mit lagsblatt des »Neuen Wiener Journals« zum Preise von 4 Hel ler, das »Neue Acht Uhr-Abendblatt« für 6 Heller und als billigste aller bisherigen Ausgaben die »A. Z. am Abend« für 2 Heller, die von der Arbeiterzeitung veranstaltet wird. Man beziffert den täglichen Einzelverkauf eines dieser Blätter mit 8V 000 Exem plaren; in Friedenszeiten wäre ein solcher Absatz hier höchst un wahrscheinlich. Es verdient bemerkt zu werden, daß das Wiener Publikum sich jetzt nicht mehr mit den Wiener Tagesblättern begnügt, son- dem auch reichsdeutsche Blätter nicht bloß in den Kaffeehäusern liest, sondem sogar kauft; in erster Linie sind »Berliner Tageblatt«, 1082 »Vossische Zeitung«, »Frankfurter Zeitung« und »Münchner Neueste Nachrichten« beliebt. Die Bundesgenossenfchaft drückt sich auch in diesem Punkte aus; am lebhaftesten wird sic bei öffent lichen Veranstaltungen, z.B. in den Kinotheatern betont; wenn im Film die Gestalt des Deutschen Kronprinzen oder des General obersten von Hindenburg erscheint, dann bricht ein enthusiastischer Beifall los. Es war ein weihevoller, vielleicht historisch zu nen nender Moment, als bei der Wiedereröffnung des k. k. Hofburg- lheaters nach der selbstverständlich mit Begeisterung aufgcnom- menen österreichischen Volkshhmne das Orchester »Heil Dir im Siegerkranz« zu spielen begann; das Publikum erhob sich aber mals von den Sitzen und brach wiederholt in stürmische Bei fallsrufe aus. Über die Sehnsucht nach Zeitungen wurde mir von verläß licher Seite ein Geschichtchen erzählt, das ich als Illustration der Lage hier wiedergeben will. Eine Stadt in der Bu kowina war durch die russische Invasion durch Wochen so vollstän dig vom Verkehr abgeschnitten, daß keine Zeitung aus Wien dort hin gelangen konnte. Ein Fuhrwerkskutscher, von Ungarn kom mend, hatte sich irgendwo eine Nummer der »Neuen Freien Presse« verschafft, die allerdings bereits mehrere Wochen alt war. Dennoch erzielte der Eigentümer den für ein einzelnes Zei tungsblatt, das normal 12 Heller kostet, Wohl ganz ungewöhn lichen Preis von 50 Kronen. Um diesen Betrag erstand es ein ge schäftstüchtiger Kaffcehausbesitzer, der aus der Rarität Kapital zu schlagen wußte. Er verlangte nämlich von jedem Gaste, der die Zeitung für sich lesen wollte, 4 Kronen, und ließ später in einem abgesonderten Raum eine Vorlesung des Blattes halten, bei der jeder Zuhörer 50 Heller Eintrittsgebühr zahlen mußte. Kann man diesem Bildchen industriöser Ausnutzung eine ge wisse Heiterkeitswirkung nicht absprechen, so dürfte das nach stehende Bruchstück aus dem Briefe eines Czernowitzer Buchhänd lers wohl sehr ernst stimmen. Der Kollege berichtet über die Ruf- sentage in Czernowitz in einem Briefe vom 3. November: »Endlich nach siebenwöchiger Besetzung von den Russen be freit; sie sind jedoch noch am linken Prnthufer, es finden täglich Plänkeleien statt. Freitag, den 30. Oktober ließen die Russen aus die Stadt und das Militär eine fürchterliche Kanonade los. Man zählte 350 Kanonenschüsse, doch blieb die Kanonade ohne den geringsten Er folg, auf unserer Seite nicht ein Mann verletzt. Hoffentlich ist die Be- sretung dauernd. Aus Czernowitz und Bukowina sind säst alle Leute geflohen; jetzt sind gar keine Geschäfte hier zu machen; wir tm Orte sind gänzlich ruiniert. Die Westler haben gar keine Ahnung, was das heißt, von den Russen besetzt sein! Keine Zei tung, keine Telegramme, die paar zurückgebliebenen Leute gehen ganz verstört herum. Hier wurden Kiewer Zeitungen und Tele gramme mit fürchterlichen Lügen verkauft. Das Lesen derselben machte bte Leute gemütskrank, wir waren der Verzweiflung nahe. Man konnte seine Gefühle niemandem anvertrauen, well die Russen hier angeblich 300 Spione hatten, und noch welche mit brachten, die die Ohren spitzten. Täglich erfolgten Verhaftungen angesehener und bekannter Leute und Abtransport nach Rußland. Zwangskurs war hier: 1 Rubel — l< 3.33 statt L 2.50; 1 lli 30 Kopeken statt 40 Kopeken.« Die Geschäfte, die an den Schaltern der Banken abgeschlossen werden, haben in der Regel mit dem Gefühlsleben nichts zu tun; jedoch die Menge, die seit einigen Tagen die Bankkassen belagert, um die neue Kriegsanleihe zu zeichnen, wird von dem sittlichen Gefühl der Vaterlandsliebe gedrängt. Jedermann weiß, daß es sich darum handelt, dem Staate die Mittel zur Führung des ihm aufgezwungenen Kampfes zu verschaffen, und es finden sich alle, die Reichen, die Wohlhabenden und die kleinen Leute ein, um ihre patriotische Gesinnung durch die Tat zu beweisen. Im Augen blick, wo ich diesen Brief schließe, ist die Zeichnung noch lange nicht beendet, doch ist ein glänzender Erfolg der Kriegsanleihe gesichert; möchte sich diesem finanziellen Siege bald auch der voll ständige Sieg der Waffen anschlietzen! Wien, 18. November 1914. Friedrich Schiller.
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