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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.11.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-11-20
- Erscheinungsdatum
- 20.11.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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pst 28g. 20. November 1914. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. gesunden und anerkennenswerten Bewegung in seiner Schreibweise Rechnung trägt. Daran hat auch der Buchhandel ein erhebliches ideelles und materielles Interesse, denn es dürfte nicht unbekannt sein, daß viele Schriftsteller durch ihre Vorliebe für Fremdwörter den Kreis ihrer Leser nicht un wesentlich selbst einschränken. Von einem für ein größeres Publikum geschriebenen deutschen Werke wird man zudem mit Recht fordern dürfen, daß es auf alle entbehrlichen Fremd wörter verzichtet und der Sprache ebensoviel Aufmerksamkeit zuwendet wie dem Stoffe. Damit wären wir bei der Behauptung des Herrn Direktor vr. Nörrenberg angelangt, daß -bis zu einem gewissen Grade jedes Wort, ob Fremdwort oder nicht, unersetzlich ist». Wie weit dieser »gewisse Grad« geht, erfahren wir nicht. Mit demselben Recht, ja wir behaupten sogar mit größerem Recht, läßt sich der Satz aufstellen, daß sich, wenn Fähigkeit, Ge schmack und guter Wille vorhanden sind, «bis zu einem gewissen Grade« jedes Fremdwort durch einen deutschen Ausdruck er setzen läßt, sofern man damit überhaupt eine klare Vorstellung verbinden will. In Hunderten von Fällen verdrängen Fremd wörter gute deutsche Wörter und tragen somit nicht zur Be reicherung, sondern zu einer Verarmung unserer Sprache bei. Es ist auch weiter ein Irrtum, daß Frenidwörter die Begriffe schärfer und klarer wiedergäben als deutsche Bezeichnungen. Bouillon ist nichts anderes als Fleischbrühe, Sauce nicht klarer als Tunke, Telephon nicht anschaulicher als Fernsprecher, das Feuilleton einer Zeitung nicht besser als ihr Unterhaltungs teil usw. Nur ist es oft bequemer und leichter ein Fremdwort hinzuschreiben als ein deutsches Wort, gerade weil das Fremd wort oft unbestimmter und für viele der Nachprüfung nicht so zugängig ist wie der deutsche Ausdruck. Was kann nicht alles unter System, Charakter, Idee, Moment, Faktor, Restauration usw. verstanden werden, deren Bedeutung sich oft nur durch ihre Stellung im Satze, den inneren Zusammenhang mit dem Ganzen oder gar erst durch die mehr oder minder verständnis volle Einfühlung des Lesers ergibt! Damit soll weder der kleine Teil unübersetzbarer Fremdwörter, der vollkommenere Ausdrucksmöglichkeiten gewährleistet, noch der gesicherte Bestand von Fachausdrücken in Wissenschaft und Technik, als ein Ge meingut aller Völker, angetastet werden. Hier würde eine Um nennung der Begriffe niemandem zum Vorteil gereichen, son. dern nur Verarmung, Verwechslungen und Mißverständnisse her- beisührcn. Die rein begriffliche wissenschaftliche Bestimmungs arbeit hat zudem nichts oder doch nur wenig mit dem Leben der Sprache zu tun und kann bei der zur Erörterung stehenden Frage ohne weiteres ausscheiden. Ähnliche Vorsicht ist auch gegenüber den beruflichen Fach- ausdrllcken geboten, worauf wir bereits in Nr. 264 hinwiesen. Allerdings muß hier zwischen berechtigter Eigenart und unbe rechtigter Unart unterschieden werden. Für beide einige Bei spiele: Remittenden und Disponenden werden wir, namentlich die älteren unter uns, als ausgesprochen buchhändlerische Fachausdrücke nicht missen wollen. Alle bisher vorgeschlagenen Umncnnungen erscheinen dagegen farblos, weil sich nicht die Vorstellung damit verbindet, die beim Klange dieser uns so vertrauten Wörter in uns wach wird. Dagegen kann es ruhig als ein Unfug bezeichnet werden, wenn statt für pro oder por, statt je L, statt Jahr anno usw. gesagt oder ge schrieben wird. Sehr hübsch schildert Herr Direktor vr. Nörren berg die Empfindungen, die der studentische Fachausdruck Semester auslöst. Aber er hat darüber vergessen, obwohl sein Aufsatz Fachwort und Fremdwort (im Buchhandel) über schrieben ist, daß gerade dieser Ausdruck Gelegenheit geboten hätte, den Unterschied beider an ein und demselben Wort klar zu machen. Ist nicht der ganze Zauber, der das Wort Semester umfängt, sofort verflogen, wenn man es seiner Beziehungen zum studentischen Leben entkleidet, es also nichts anderes besagen soll als Halbjahr? Ist es nicht klarer und anschau licher, von dem 1. oder 2. Halbjahr einer Zeitschrift zu reden, als von ihrem I. oder 2. Semester? Hier ist das Fremd wort kein Fachwort, sondern eben nur ein, und zwar durchaus entbehrliches Fremdwort, während die Bezeichnung Faktur Wohl den Anspruch erheben kann, als Fachwort zu gelten, da es im buchhändlertschen Sinne ein viel weiter gehender, umfassenderer Ausdruck ist als Rechnung. Denn im Buchhandel ist — darin besteht der ganze Unterschied, nicht in dem, was Herr Direktor vr. Nörrenberg vorbringt — zwar jede Rechnung eine Faktur, aber nicht jede Faktur eine Rechnung. Fachwörter lassen sich nicht von heute auf morgen er setzen, und wenn Herr Direktor vr. Nörrenberg das, was er im allgemeinen darüber von den Fremdwörtern sagt, auf die Fachwörter beschränkt hätte, so könnte man ihm rückhaltlos zustimmen. In der Ausdehnung auf Fremdwörter wird man ihm dagegen nur insoweit recht geben können, als gute deutsche Wörter dafür nicht vorhanden sind. Ist die deutsche Sprache, wie dies auch Herr Direktor vr. Nörrenberg zugibt, ein nationales Gut, so haben wir auch die Pflicht, über ihre Erhaltung und Reinheit zu wachen und sie von unberechtigten Eindringlingen zu säubern. Dazu gehört allerdings sowohl Verständnis für das Recht der Sprache als auch Geschmack, so daß wir um so mehr Dank für diese Bestrebungen ernten werden, je weniger puristisch wir dabei Verfahren. Verfehlt aber wäre es nach unserem Dafürhalten, wenn wir das Eisen nicht schmieden wollten, solange es heiß ist. Dem Verständnis für die deutsche Sprache kann es nur förderlich sein, wenn ihr das Publikum seine Anteilnahme zuwcndet, auch wenn es noch mehr Macher von der Art jenes 6ukv vronguis geben sollte, das kürzlich bekannt machte, es habe — ebenso wie 1870 — seinen Namen ab gelegt. Ausgabe des deutschen Schriftstellers, der ja das letzte Wort in sprachlichen Fragen hat, müßte es sein, in Gemein schaft mit dem Buchhandel Sorge zu tragen, daß das sprach liche Gewissen des Volkes wach bleibe und dieser Gewinn des Krieges nicht so bald verloren gehe! Red. Zu Timm Krögers 70. Geburtstage. (Lg. November 1914.) Fordere niemand meine buchhänblerischen Schicksale zu hören! Da Sie es aber doch getan haben, ich auch nicht als Hüter und Vor mund über Sie bestellt worden bin, so mögen Sie denn meine Leibe» schaudernd erfahren: Als ich mich in dem sür einen jungen Schriftsteller ziemlich vor gerückten Alter von 47 Jahren entschloß, meinen ersten Novellenband herauszugeben, gelang es mir freilich (es war 189l), einen Verlag der Jüngstdeutschen zu finden, jedoch nur, weil ich zur Zahlung einer Pauschalsumme bereit war und die dringende Empfehlung meines Freundes und Verlagskollegen Detlev von Liiiencron besaß. Ich kann in diesem Augenblick nicht sagen, wie viele Dutzend mein Ver leger verlaust hat und ob von Dutzenden überhaupt die Rede sein kann, sondern erinnere mich nur, daß ich die hoffnungslos lagernde Auflage nach Jahren mit Aufopferung nicht unerheblicher Kosten sür mich erworben habe. Die Kisten standen dann lange auf meinem Hausboden, bis linzwischen war meine »Wohnung des Glücks« erschienen und günstig beurteilt worden) endlich ein anderer Verlag den Inhalt billig von mir zu erstehen wagte. Ja, die Kühnheit dieses Verlegers ging soweit, eine neue Auflage des Buchs zu drucken. Diese erwies sich aber als Lagerware, wenn möglich, noch dauer hafter. Mir ist in diesem Augenblick nicht erinnerlich, welchen Weg die Bücher genommen und weiches Ende sie gefunden haben — ich weiß nur, daß sie mich Geld gekostet haben. So erging es meiner »Stillen Weit«. Ähnliche Schicksale waren auch den zunächst folgenden Kindern meiner Muse beschicken. »Der Schulmeister von Handewitt«, ohne Honorar hingegeben, Dauerware, zuletzt vom Verleger verramscht, zweite Auflage eines andern Verlags, gleichfalls eisern, zuletzt von mir zurückerworben und cingestampft. — »Die Wohnung des Glücks« konnte ich nur als Kommissionsware nnterbringen, war wie die andern Bücher unverkäuflich, später zurückgenommen und — ver ramscht. Mit »Hein Wieck und andere Geschichten« erging eS mir ebenso. Ich habe die erste Auflage mit barem Gelbe zurück- gekaust, moderne Antiquariate haben sie unter die Leute gebracht. — Ich bin mein ganzes Leben lang zwar ein mäßig begüterter, aber im bürgerlichen Leben sparsamer Mann gewesen. Ohne diese Tugend hätte ich den Ruhm meiner ersten Schriftstellerei gar nicht bezahlen können. 167S
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