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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.11.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-11-20
- Erscheinungsdatum
- 20.11.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Redaktioneller Teil. .4? LK9, 20. November 1914. Nichts leichter auch, als einen llkas zu erlassen, daß dies Mort durch jenes ersetzt werden soll; eine Verfügung schreiben, das kann, wie die Redensart lautet, »der jüngste Referendar mit der linken Hand.-; und dann ist die Sache auch erledigt — ans dem Papier. Auch kann eine Mehrheit dergleichen beschließen, und auch dann ist der Fall erledigt — auf dem Papier. Aber leben tut darum ein solches befohlenes oder beschlossenes Wort nicht. So niedrig organisiert ist glücklicherweise das Gebiet unsrer Seele, wo die Sprache webt, nicht. Mancher Leser, der geduldig bis hierher gefolgt ist, sagt viel leicht: was soll das alles? Was gehen uns Buchhändler diese Philologenergüsse an? Was hat er uns in unsere Angelegen heiten hineinzureden?, und durch einzelne Äußerungen zur ä cond.-Frage klang dieser Ton schon hindurch. Nun, ich meine, cs ist Sache der Redaktion des Börsenblatts, die Spalten des Blattes Nichtbuchhändlcrn zu öffnen oder zu ver schließen, und wenn sie bisher dem Bibliothekar als solchem oder als Linguisten das Wort gestattete, so hat sie damit Wohl sagen wollen, daß das Problem nicht nur ein rein berufliches, sondern ein allgemein sprachliches, und, da die Sprache nun einmal eines unserer besten nationalen Güter bedeutet, auch ein nationales ist. Zur sprach-prinzipiellen Seite der Angelegenheit darf na turgemäß auch derjenige ums Wort bitten, der Linguist ist, zumal wenn er zugleich beruflich in engen Beziehungen zum Buchhandel steht und an dem Wohl und Wehe dieses überaus hoch geschätzten Standes Anteil nimmt. Die nationale Seite schließlich wird von den Fremdwortgegnern in dem Sinne betont, als ob sein Gegner nationaler sei als duldsam. Jedenfalls war der ungemein scharfe, für Andersdenkende beleidigende Aufruf des Sprachver eins zu Beginn des Krieges (»Schmach über den- usw.) offenbar so gemeint. Es ist mir eine große Genugtuung, in der Frcmdwörlersrage einen Mann auf meiner Seite zu wissen, dessen Name inner- und außerhalb des Buchhandels mit solcher Achtung genannt wird wie In st ns Pape (Börsenblatt Nr. 248, S. 1562); und ich möchte wiederholt bitten, zu erwägen, was unserer Muttersprache besser frommt: ihr den vollen Reichtum, die ganze Vielseitigkeit, die Fülle der Abstufungen und Abschattungen zu erhalten auf die Ge fahr, daß manches Wort keinen rein germanischen Stammbaum auswcisen kann, oder vor allem andern ihre Rassenreinheit zu pflegen. Daß dies nicht möglich ist ohne Opfer an Fülle und Klarheit, daß es fast hinauslaufen würde auf eine schein-nationale Demonstration, das ist meine Überzeugung. Und noch einmal: Frcmdwörtcrfcindschast (fast möchte ich sagen: Frcmdwörter- fnrcht) ist ein Zeichen nicht von ruhiger, gelassener nationaler Selbstsicherheit, sondern eher von Schwäche. Düsseldorf. C. N ö r r e n b c r g. II. Herr Direktor vr. Nörrenberg irrt nach unserem Dafür halten mit der Annahme, daß seine Beteiligung an den Er örterungen über die Fremdwörterfrage von den Lesern unlieb sam empfunden werde. Wir glauben im Gegenteil versichern zu können, daß nicht nur die Redaktion, sondern auch die Leser cs mit Genugtuung und Dank begrüßen, wenn sich jemand zum Wort meldet, der nicht vom Bau ist, aber in so unmittelbaren Beziehungen zum Buchhandel steht und vor allem so großen Anteil an buchhändlerischen Fragen nimmt, wie das bei Herrn Direktor vr. Nörrenberg der Fall ist. Denn von einer Aussprache können beide Teile nur gewinnen, zumal nicht zuletzt manche Mißverständnisse hüben und drüben gerade darauf zurllckzufllhren sind, daß verhältnismäßig wenig guter Wille vorhanden ist, einen tieferen Einblick in die Be dürfnisse und Wünsche eines fremden Berufsstandes zu tun und sich genauer mit seinem Wesen und seiner Denkart bekannt zu machen. Wenn Auslassungen aus nichtbuchhändlerischen Kreisen vielleicht genauer geprüft und unter die Lupe ge nommen werden, so hat dies einerseits seinen Grund in der verhältnismäßig geringen Anzahl von Einsendungen dieser Art — und muß deshalb mehr als eine Aufmerksamkeit, denn als Protest gegen nichtzünsllerische Einmischung angesehen werden—, 1874 andererseits aber darin, daß eine Verständigung unter Berufs- genossen, deren sprachlicher und begrifflicher Horizont an nähernd gleich ist, weit weniger Schwierigkeiten verursacht, als dies der Fall ist, wenn jemand nicht ihre Sprache — das Wort hier in seiner weitesten Bedeutung verstanden — spricht. Herr Direktor vr. Nörrenberg hat schon mit vollem Recht hervorgehobcn, daß es sich hier um eine nationale, nicht um eine berufliche Angelegenheit des deutschen Buchhandels handelt. Aus diesem Grunde kann in den nachstehenden Be merkungen auch nicht eine Kritik seiner Ausführungen im Sinne der Zurückweisung einer »unberusenen Einmischung« erblickt werden, sondern der Wunsch, zu einer Verständigung mit ihm zu gelangen, nachdem er das Thema im Anschlüsse an Herrn Prager, aber völlig unabhängig von diesem, aus eine breitere Grundlage gestellt hat. Es handelt sich also nicht mehr darum, welche Fremdwörter aus dem buchhändlcrischen Sprachschätze unter Umständen deutschen Bezeichnungen Platz machen könnten, sondern ganz allgemein um die Frage, welche Stellung der Buchhandel zu Fremdwörtern und damit auch zur deutschen Sprache einnehmen soll. Schält man den Kern aus den Ausführungen N.'s, so stößt man auf den deutlich zutage tretenden Wunsch, alles beim alten zu lassen, da »bis zu einem gewissen Grade jedes Wort, ob Fremdwort oder nicht, unersetzlich ist«. Zu dieser sachlichen Begrün dung gesellt sich dann am Schlüsse seines Artikels noch das wohl nur rein gefühlsmäßig zu bewertende Bekenntnis: »Fremd- wörterfcindschaft (fast möchte ich sagen Fremdwörterfurcht) ist ein Zeichen nicht von ruhiger, gelassener nationaler Selbst- sicherhett, sondern eher von Schwäche«. Wer beobachtet hat, wie aus eigenem Antriebe, und zwar nicht von oben, sondern von unten aus, der Kampf gegen die Fremdwörter in Deutschland unmittelbar nach dem Kriegsaus bruch eingesetzt und breite Schichten des Volkes ergriffen hat, wird Herrn Direktor vr. Nörrenberg in der Beurteilung dieser Bewegung nicht recht geben können. Wohl mag man bedauern, daß dieser Kampf einseitig nur auf englische und französische Be zeichnungen eingestellt ist, aber wie wäre das bei einem Kampfe, der zunächst fast führerlos vom Volke unternommen worden ist, anders möglich? Was darin zum Ausdruck kommt, ist nach unserem Dafürhalten nicht Schwäche, sondern einesteils der Wunsch, die Beziehungen zu allen Dingen klarer, deutlicher zu ge stalten und das Kind beim rechten Namen zu nennen, um nicht Täuschungen ausgesetzt zu sein, andererseits aber die Er kenntnis, daß unsere Sprache ein nationales Gut ist, das gegen Eindringlinge ebenso geschützt werden müsse wie unser Land gegen den Ansturm der Feinde. Der Grundzug dieser Bewegung ist daher alles andere als Schwäche; eher möchte man die Ursache dieses Kampfes in einem überschäumenden Kraftgefllhle suchen, das, vermischt mit einer leisen Scham über die bisherige Sucht vieler Deutschen, fremde Art und Sitte nach zuahmen, nach einem der gegenwärtigen GemUtsversassung des Volkes entsprechenden Ausdruck ringt. Im Kampfe mit der halben Welt hat es erst seine Sicherheit und damit zugleich eine bisher nie gekannte Freude am Deutschtum ge wonnen. Mit berechtigtem Stolze und Wohl auch mit ein wenig überhcbung will es nun zeigen, daß es selbst in seiner Sprache keine fremden Krücken braucht, um in der Welt voranzukommen. Für die Echtheit dieser Empfindungen spricht das Handinhandgehen mit einer Vereinfachung seiner Lebensführung, das instinktive Gefühl, alles von sich zu tun, was sich nicht zwanglos in sein Leben und Wesen einsllgt. Daher auch die Erscheinung, daß dieser Kampf vor zugsweise den Eindringlingen gilt, die ihm als solche sofort erkennbar sind, also den nicht eingedeutschten, an ihrem Klange erkennbaren Fremdwörtern. Mag in dieser einseitigen Be kämpfung von Erzeugnissen fremden Ursprungs auch oft Urteils losigkeit und Unkenntnis zutage treten: Schwäche im nationalen Sinne wird man darin nicht erblicken können. Versteht ein Schriftsteller, der den Wunsch hat, in die weitesten Kreise des Volkes zu dringen, die Zeichen der Zeit, so wird er nicht acht los an ihnen vorllbcrgehen, sondern eine Gemeinschaft mit dem Volke dadurch herzustellen suchen, daß er dieser durchaus
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