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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.11.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-11-17
- Erscheinungsdatum
- 17.11.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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v»rim«>»tt I. d, Dtschn. r,Ich,»»«-:. Redaktioneller Teil. 267, 17. November 1914. ——r— Tageblatt vom 1. November) eines Schlimmeren belehrt. Darin teilte Haeckcl mit, daß bei ihm telegraphisch drei verschiedene feste Gebote eingclanfcn seien, und zwar aus Genf (von Herrn Louis Günzbergcr, dem bekannten Sammler Hodlerscher Kunst) mit 12 OVO -kl, aus Neuchütcl mit 20 OVO ./k und aus Berlin mit 10 000 .//. Außerdem wurde ihm brieflich aus Berlin ein Gebot von 30 000 -kl — jedoch nicht fest — in Aussicht gestellt (Cassirer?). Hierbei mußte Haeckel einen von ihm selbst began genen und von vielen Zeitungen übernommenen Irrtum be richtigen, daß die Universität Jena das fragliche Bild bei dem Schweizer Künstler — unter Umgehung deutscher Maler — bestellt und von ihm für »teures Geld« angekauft habe. »Wie sich nachträg lich herausgestellt hat (!), ist die Bestellung und der Ankauf weder vom Senat der Universität Jena noch von dem hiesigen Kunst verein, sondern von einer neueren Gesellschaft der Kunstfreunde von Weimar und Jena erfolgt, die das Bild im Jahre 1908 beim Einzug in das neue Borlesungsgebäudc zum Geschenk ge macht hat.« Also diese für die Geschichte der Universität und die Erwerbung eines hervorragenden Kunstwerks wichtige Tatsache mußte der Senior der philosophischen Fakultät erst nachträglich »fesistcllcn«. Jedenfalls ging aus diesem zweiten Aufsatz hervor, daß die Universität mit dem Vorschläge Haeckcls zum Glück nichts zu tun hatte. Diese hat vielmehr das Richtige getroffen, indem sie das Bild vor der Wut übereifriger Hände durch Magazi nierung in Sicherheit brachte, an eine Veräußerung aber ist nicht zu denken. Wie kurzsichtig wäre ein solcher Schritt! Glaubt man denn nicht, daß auch über diese, unser nationales Empfinden ties verletzende Handlungsweise, über die die meisten Kunstvereine durch Entziehung der Mitgliedschaft und Ehrenmitgliedschaft quittiert haben (von einer Entziehung des Ehrendoktors hat man freilich nichts gehört), in nicht zu ferner Zeit wieder Gras wachsen wird? Ich erinnere dabei an einen anderen Protestler, nämlich den heute 80jährigen französischen Komponisten Camille Saint-Saöns, der schon einmal, vor etwa 30 Jahren, sich einer deutsch-feindlichen Gesinnung schuldig gemacht hat. Die Er innerung daran scheint heute ganz geschwunden, wenigstens habe ich nirgends eine Erwähnung gefunden. Noch deutlich sehe ich ihn aber vor mir, wie er damals in der Vollkraft seiner Jahre seine Militärsyurphonie dirigierte, ein Werk voll ungemein meiodiöser Märsche und Tänze in dem geistreichste» französischen Stile. Wie groß war der Jubel, mit dem diese Musik bei uns ausgenommen wurde, und wie wurde der Koniponist gefeiert! Aber nicht viel später ließ er sich jene deutschfeindliche Hand lung zuschulden kommen, die es bewirkte, daß er bei seinem Wie- dererschcincn vor dem Berliner Publikum ausgcpfisfen wurde. Der alte Kaiser Wilhelm sagte damals sehr richtig: Ich bewundere die Unverfrorenheit dieses Mannes, der es nach einem so taktlosen Verhalten wagt, sich vor einem deutschen Publikum zu zeigen. Aber mit Recht ist es wieder vergessen worden und hat seiner herrlichen Oper »Samson und Dalila« auf deutschen Bühnen nichts geschadet. Ein anderer Protestler ist Gabriele d'Annunzio, zweifellos ein großer Künstler. Man lese in seiner »Gioconda« die Stelle, in der der Bildhauer erzählt, wie er mit seiner Ge liebten in den Marmorbrüchen von Carrara den Block aus wählt, aus dem er ihre Statue schaffen will. Aus jenem Drama voll plastischer Kraft, das er »der Düse mit den schönen Händen« gewidmet hat, spricht eine leidenschaftlich empfindende Künstlcr- seele, freilich eine Seele ohne Charakter, die es fertig gebracht hat, die intimsten Beziehungen zu seiner Geliebten literarisch zu prostituieren. Und dann Maeterlinck! Wie weckt der Name mir die Erinnerung air eine Aufführung der Mona Vanna im Wiener Hofburgtheater! War es das meisterhafte Zusannnen- spiel von Künstlern wie Kainz, Sonncnlhal, Stella Hohenfels u. a. oder das unvergeßliche Bühnenbild mit dem Blick auf Pisa aus dem geöffneten Zelte? Nein, es war die gewaltige Dich tung der Liebe, das zur Wirklichkeit erstandene Bild der Renais sance, das mich nach der Vorstellung noch lange Zeit im Prater hcrumtricb, ehe ich mich zum Heimwege entschließen konnte. Aus alledem werden wir bei ruhiger Erwägung uns sagen, daß diese Dichter und Künstler zwar auch uns Dank schulden, weil wir ihren Werken die gebührende Aufnahme bereitet haben, daß es aber schlimm stände und uns selbst arm machen würde, wenn wir aus nationaler Einpfindlichkeit auf das Aus land und seine Kunst vollkommen verzichte» wollten. Sehen wir uns doch einmal um, was der Krieg an künstleri schen Leistungen bei »ns bis jetzt hervorgebracht hat, so haben wir keinen Anlaß, allzu stolz zu sein. Im Verlage von Paul Cas sirer sind etwa ein Dutzend Künstlerflugblätter unter dem Titel »Kriegszeit« erschienen, an denen die Führer der Berliner Se zession mitwirkten, besonders Max Liebcrmann und Otto Hett- ner. Aber keine einzige Nummer gewährt eine künstlerische Be friedigung, das ist alles so flüchtig und lieblos hingehauen, ohne einen Funken von Originalität, daß man dem Verlage nur empfehlen kann, den betretenen Weg im Interesse der Kunst wieder zu verlassen. Noch schlimmer steht es mit den »Kriegsbildcr- vogen« der Münchener Künstler, die im Goltz-Verlage erschienen sind; diese sind zwar teurer als die Berliner Flugblätter, aber sic stehen dafür nach meinem Empfinden ganz auf der Kunsthöhe von Neu-Ruppin. Dem gegenüber verdient ei» anderes Unternehmen, für das die Berliner Hoskunsthandlung von Amslcr L Nuthardt im Auf träge des Roten Kreuzes die besten deutschen Künstler inter essiert hat, vielen Beifall. Es ist die alte schöne Sitte der Vivat bänder, die hier, an die großen Tage des Krieges anknllpfend, zu neuem Leben erstehen soll. Bisher sind ca. 20 verschiedene Bänder erschienen, meist mit dem wohlgelungcnen Portrait eines der bedeutenden Heerführer und Helden oder mit einem freien ge schmackvoll erfundenen Symbol eines großen Ereignisses. Am besten gefällt mir das Weiße Band, »v 9«, dessen Entwurf von der tüchtigen Graphikerin Cornelia Paczka-Wagner stammt. Es trägt das Bild des Kapitänleutnants Otto Weddigen, sodann eine kleine Skizze des Unterganges der drei englischen Kreuzer durch unser Unterseeboot am 22. September, darunter den pas senden Vers aus Shakespeares »Was Ihr wollt«, 5. Akt, I. Auf tritt: »Er mar ein Hauptma»» eines wtnz'gcn Schisss, Nach Grösst und flachen, Bau von keine», Wert, Womit er sich so furchtbar handgemein Mit uns'rer Flotte stärksten, Kiele machte, Daß selbst der Neid und des Verlustes Stimme Preis über ihn und Ehre ries« und schließlich als Vignette den David mit der Schleuder und der Unterschrift: Gut Ziel und Glück dem Wurfgeschoß! Wie bei diesem schönen Bande geht auch in den anderen verschiedeufar- bigen Seidenbändern der Gedanke mit der künstlerischen Ausfüh rung harmonisch zusammen. Kein Wunder, daß diese schöne Darstellung der Zeitereignisse, die sich in passendem Rah men auch als Wandschmuck eignet, allgemein gefällt, doch habe ich sie im Kunsthandel (der Preis des Bandes ist 30 -1) noch nicht zu Gesicht bekommen. Wohl aber hat das Leipziger Museum, das auch das älteste bekannte Vivatband des Kupferstechers Johann Friedrich Bause auf den Hubertnsburger Frieden 1763 besitzt, aus meine Anregung diese Bänder zur Ausstellung im Kunst verein bezogen und am ersten Tage 72 Stück (natürlich ohne eigenen Nutzen) verkauft. Man darf dem gemeinnützige» Unter nehmen um so mehr Verpreitung wünschen, als die notwendige Voraussetzung dazu der Sieg unserer Waffen ist. Ist cs nötig, in diesem Zusammenhang das Kunstsortiment vor der Verbreitung geschmackloser Ansichtskarten noch einmal nachdrücklich zu warnen? Auf diese Erzeugnisse bezieht sich ein Rundcrlaß des preußischen Ministers des Innern an die Regie rungspräsidenten, veranlaßt durch mehrfache, hoffentlich über triebene Klagen aus dem Publikum. Das anständige Kunstsor- timent hat mit diesen Dingen nichts zu Mn. Humor aber ist nie mals gleichbedeutend mit Geschmacklosigkeit. Ich weiß es von meinen Söhnen im Felde, wie sehr es ihre Kameraden geniert, wenn unter der Feldpost, die doch erst durch die Hände der In spektion geht, Karten sind, in denen die Japaner als Affen, die Russen als Mordbrenner und die Franzose» als vollkom mene Trottel dargestcllt sind. Die draußen wissen es anders, und Achtung vor dem Feinde ist auch Achtung vor uns selbst. Mö gen auch unsere Feinde in der Verungliinpfung unseres Kaisers und unserer Armee Unglaubliches leisten, so wollen »wir Hun nen« ihnen darin nicht nacheifern. Darum können wir dem
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