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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.10.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-10-22
- Erscheinungsdatum
- 22.10.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 246, 22. Oktober 19i4. in Blankenese mit der Kaserne vertauscht, d. h. er ist sofort als Kriegsfreiwilliger zu dem nächsten Regiment, zu den Ziern, geeilt. Das ist eine Tat! Und jetzt, schon zum Unteroffizier befördert, ist er unterwegs nach Frankreich. Ja, der Krieg! Mir war es eine Freude, nachdem mir durch seine Gattin der Verlag angeboten war, mit dem Dichter in dem schlichten feldgrauen Waffenrock persönlich verhandeln zu können. Was er in den i2 Gedichten den Ziern und dem deutschen Volke bietet, das ist Poesie, wuchtig und kräftig, wie der Tritt der deutschen Bataillone, und durchgeistigt von dem Rauschen ihrer Fahnen. Überhaupt wird in Hamburg viel Kriegsliteratur gedruckt und vertrieben. Das dem Deutschen Reichstag vorgelegte Weißbuch wurde von einem sprachenkundigen Kaufmann in das Spanische und Portugiesische übersetzt und wird nun in zahlreichen Exemplaren in die Länder dieser Sprachen ver schickt, um den Lügen von feindlicher Seite entgegenzuarbeiten. Ganz besonders zeichnet sich auf diesem Gebiete auch das Hamburger Fremdenblatt aus, das die Aufrufe der evan gelischen und katholischen Heiden-Missionen und ähnliche Schriftstücke in alle in Frage kommenden Sprachen hat über« setzen sowie drucken lassen und diese Flugblätter unentgeltlich ausgibt, um so an seinem Teile die tückische englische Hand lungsweise in das rechte Licht zu setzen. Na, die Engländer! Kaum eine andere Stadt Deutsch lands hat so viele wirtschaftliche und geistige Beziehungen zu England gehabt wie Hamburg; keine andere Stadt, Bremen vielleicht ausgenommen, und von den Grenzbezirken in Ost preußen und im Elsaß, die vom Feinde heimgesucht wurden, abgesehen, leidet so unter dem Kriege wie Hamburg; denn der Seehandel, seine Lebensader, ist gänzlich unterbunden. Nirgends wird darum zurzeit England ausrichtiger gehaßt als in Hamburg. Wir haben in diesem Kriege schon viele herrliche Siege erfochten, aber schier unermeßlich war der Jubel an der Hamburger Börse, als die Nachricht von der Niederlage der Engländer bei St. Quentin eintraf. Da wurden dort vaterländische Lieder gesungen, wie 1870 nach dem Eintreffen der Kunde von Sedan. Und als kürzlich die Nachricht kam, daß Japaner und Engländer sich vor Tsingtau blutige Köpfe geholt hatten, da sah man wieder freude strahlende Gesichter und hörte lauten Jubel auf den Straßen. Es ist hier im Börsenblatt die Meinung ausgesprochen worden, daß gleich nach dem Kriege die wirtschaftlichen und geistigen Fäden mit England wieder angeknllpft werden müßten und würden. Das scheint mir ganz ausgeschlossen zu sein. Zu tief sitzt der Grimm und Haß gegen England und das Englische in allen deutschen Herzen, als daß die Anbahnung des früheren Verhältnisses zu England für Menschcngedenken möglich wäre. Ein kleines Vorkommnis ist dafür bezeichnend. Bald nach Ausbruch des Krieges kaufte sich ein alter Herr, Mitkämpfer von 1870/71, bei mir eine Kriegskarte und Nadeln mit farbigen Köpfen dazu, um diese in die Karle einzustecken. Er hatte schon Deutsche, Öster reicher, Franzosen und Russen genommen, als mein Gehilfe sagte: «Herr P., nun müssen Sie noch eine Sorte für die Engländer haben«, da schlug Herr P. mit der Faust aus den Tisch, daß es dröhnte, und schrie: »Die Engländer! Haben die schon jemals ehrlich Farbe bekannt? Für die sind gewöhn liche Stecknadeln ohne farbige Köpfe überleidig genug!« — Wir werden uns auch im Buchhandel mit dem Gedanken ver traut machen müssen, daß der Draht mit England zerrissen ist. Eine Einbuße an Kultur und Kulturentwicklung tritt da durch sicherlich nicht ein. Nieder mit England!, das ist der Ruf, den man hier täglich hört. Neben dem Kanipf mit unseren Feinden ist jetzt auch der Kamps gegen die Fremdwörter neu entbrannt und wird mit Heftigkeit geführt. Sehr lobenswert! Durch Eingebung des Personals ist bei mir im Geschäft eine Strafkasse eingerichtet für jedes unnütze englische und französische Wort. Am verfemtesten ist das häßliche »Adieu!« Natürlich habe ich auch schon mehrfach büßen müssen; die Büchse wird auch den Kunden, soweit man mit 1582 diesen vertraut genug ist, gereicht, und auf diese Weise ist schon eine hübsche Summe zusammengebracht, die erstmalig unserem Unterstützungsverein in Berlin eingesandt worden ist. Aber muß deshalb auch allen technischen Wörtern der Krieg erklärt werden? Ich finde z. B. »netto« viel bezeichnender und kürzer als »Buchhändlerpreis«. Remitlenden und Dis- ponenden sind mir lieber als Rücksendungen und Verfügungen, zumal in diesem Falle «Verfügungen« gar keinen Sinn gibt. Auch die meist abgekürzte Bezeichnung »L cond.« kann ich nicht beanstanden. Das Wort soll französischen Ursprungs sein, ich erinnere mich aber, vor vielen Jahren einmal im Börsenblatt gelesen zu haben, daß das Wort aus dem Italienischen stamme und ausgeschrieben »a eonckitiono« heiße. Auch »defekt« scheint mir bezeichnender zu sein als »Fehl bogen«. Sollen überhaupt aus Wissenschaft und Technik alle Fremdwörter entfernt werden? Das halte ich einfach für unmög lich! Deshalb lasse man auch uns im Buchhandel unsere techni schen berechtigten Ausdrücke. Selbst der Deutsche Sprachverein, dessen Mitglied ich übrigens bin, verlangt nur Ausmerzung der entbehrlichen Fremdwörter. Das Wort -Remboursement», das ich beim alten Noa Gottfried Elwert in Marburg für »Nachnahme« kennen lernte, ist allerdings überflüssig. »Rem boursieren Sie den Betrag« brauchen wir wirklich nicht mehr zu sagen! Es ist jetzt im Börsenblatt mehrfach ausgesprochen worden, daß der Buchhändler sich vaterländisch betätigen solle. Ich tue das u. a. dadurch, daß ich mich lebhaft beteilige an »Vaterländischen Volksabenden«, die wir seit acht Wochen in meinem Stadtteil Eilbeck eingerichtet haben. Jeden Mittwoch abend finden diese Veranstaltungen statt, und der große Saal mit Emporen in unserem Gemeindehause ist stets übersüllt. Was wir dort bieten? Gemeinsame Gesänge, Vortrag von geeigneten Gedichten, Vorlesung eines Prosastückes (Novelle oder Abschnitt aus einem Roman und dergleichen) und musi kalische Darbietungen wechseln miteinander ab. Eine Ansprache über einen zeitgemäßen Gegenstand leitet den Abend ein, ein Schlußwort, das in einem Vaterunser ausklingt, beschließt ihn. Freiwillige Hilfskräfte dazu finden sich reichlich, nam- hafte Schauspieler und Schauspielerinnen haben bereitwillig ihre Kunst in den Dienst dieser Sache gestellt. Das ganze deutsche Volk glüht ja wie Eisen im Feuer, es brauchen nur die Hämmer angewandt zu werden, um der glühenden Masse vaterländische Form und Richtung zu geben. Hierbei fördernd einzugreifen, halte ich für die Ausgabe des deutschen Buch händlers. Die Auskunftsstelle im Laden ergibt sich ganz von selbst. Was für schöne Zeit wird dabei -verklöhnt«, wie man in Hamburg sagt! Sind so im deutschen Buchhandel viele erfreuliche An zeichen vorhanden, nimmt er an der Gesundung unseres Volkes tätigen Anteil, so stößt man andererseits vereinzelt auf ent gegengesetzte Erfahrungen. Es gibt im Buchhandel Leute, denen die große Zeit offenbar die Sinne verwirrt hat, so daß ihnen das richtige Augenmaß verlorengegangen ist. Ich will nur auf einen Fall Hinweisen: Mir wurde persönlich eine Nummer des »Buch- und Zeitschristenhandels« eingeschickt, in der folgende Stelle für mich rot angestrichen war: Wie hat sich diese »mit Schundliteratur verseuchte« Jugend ge schlagen! Ein Glück, baß allen Versuchen der Literaturnachtwächter garde, unsere Jugend zu blutscheueii Trauerklößen zu ^erziehen,^»ur der samose »negative" Erfolg« beschicken gewesen^ist.^Ein^großes Glück! Bas hätte» uns Butterknaben nach dem Herzen unserer Lüeraturmucker genutzt gegen eine Phalanrvoii Feinden, wie sie uns heute gegenllberfteht? Werden dii Volksbeglllcker nach "dem Kriege jemals wieder sich hervorwagen, um unseren Helden harmlose Lese- sreuden zu verkümmern? Wehe ihnen, wenn sie es tun! Wehe dem, der dieser heldenhaften Jugend, die in so einziger Art für den Bestand des Reiches und für eine Helle Zukunft der Nation ficht, überhaupt je ein Vergnügen, eine frohe Feterabendstunde vermiest! In den sich daranschließenden Ausführungen wird uns, die wir öffentlich Schmutz und Schund bekämpft haben, großmütig Verzeihung für unsere Erziehungssünden zu gesichert, wenn wir jetzt einen Volksdichler von der Art
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