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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.10.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-10-07
- Erscheinungsdatum
- 07.10.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. .k 233. 7. Oktober 1914. gingen blitzschnell in die Höhe. Jeder verproviantierte sich gleich für Monate, um ja nicht Hungersnot zu leiden. Die Frauen der Landwchrleute meinten, der jüngste Tag sei gekommen. Ich war zufällig am Tage der Kriegserklärung in Deutschland und hatte dort die ruhige, freudige Zuversicht und patriotische Begeisterung in Leipzig und Berlin mit eigenen Augen gesehen. Die Rückfahrt war mühevoll und erregend. In Saßnitz begeg neten uns 2l)0li deutsche Reisende, die unter großer Begeisterung und Absingen der deutschen und schwedischen Volkshymnen den Boden des Vaterlandes wieder betraten. Nach 21stündiger Reise von Berlin aus erreichte ich in Gesellschaft einer ungeheuren Menge russischer Flüchtlinge gegen Mitternacht am 3. August in Trelleborg wieder die Heimat. Auf die neugierigen Fragen, wie es in Deutschland jetzt aussähe, konnte ich nur antworten, daß es dort viel ruhiger sei als hier, wo die Gemüter in vollem Auf ruhr stünden. Die unglaublichsten Gerüchte schwirrten hier durch einander und fanden allgemein Glauben. Bald hieß es, die allge meine Mobilmachung stehe bevor, bald, Deutschland hätte Schwe den ein Ultimatum gestellt mit dem kategorischen Befehl, in Finn land einzurücken. Am nächsten Tage erschien plötzlich ein deutscher Torpedojäger vor dem Hafen, um einige dort liegende Fracht dampfer zu durchsuchen. Jetzt glaubte man ganz bestimmt, Deutsch land würde Schweden zum Kriege zwingen. Täglich brachte die Dampffähre Tausende von Russen, die nach Rußland zurück- wollten. Unaufhörlich gingen überfüllte Extrazügc ab, um den Flüchtlingen die Möglichkeit zur Weiterfahrt zu geben. Viele mutzten jedoch wegen Mangels an schwedischem Gelde in Trelle borg übernachten. Die wenigen Hotels waren bald überfüllt, und man sah die Bedauernswerten die Nächte hindurch auf den Bän ken der Parke und Anlagen sitzen oder liegen. An einem der ersten Tage wurde auch im Reichstag ein einmonatiges Moratorium beschlossen, eine Maßnahme, die ohne Zweifel großes übel ange richtet hat, obwohl das Moratorium gewissermaßen durch das Verhalten der Banken notwendig geworden war. Jetzt dachte kein Mensch daran, seineSchulden zu bezahlen. Jede Aufforderung wurde einfach mit dem Hinweis auf das Moratorium beantwortet, so daß an gerichtliche Klage gar nicht zu denken war. In Malmö haben sich sogar die Mieter unter Berufung auf das Moratorium geweigert, die Miete zu zahlen. Daneben hat sich bei uns ein bisher unbekanntes Mißtrauen gegen das Papiergeld der Reichs bank gezeigt. Die Leute trugen ihr ganzes Papiergeld zur Bank, um Gold dafür einzutauschen, bis die Reichsbank diesem Treiben durch eine Verordnung ein Ende machte. Dann kamen die Silber- münzen an die Reihe. Konnte man nicht Gold bekommen, so wollte man wenigstens Silber haben und verstand nicht, daß diese Münze nur Scheidemünze ist, die in Wirklichkeit nur einen Bruchteil des ausgeprägten Wertes besitzt. In Stockholm wird von Schlau- küpfen erzählt, die von der Bank ganze Handkarren voll Silber nach Hause zogen, und ich habe selbst gesehen, wie ein alter Herr SV VOV Kr. in Silbermünze verwandelte. Schließlich gingen auch die Silbervorräte zu Ende, so daß die Regierung gezwungen war, Papierscheine zu 1 Krone herauszugeben. Die erste Auflage dieser Scheine war bald »vergriffen«, weil sie vom Publikum als »An denken« ausgehoben und dem Verkehr entzogen wurde. Eine neue Ausgabe ist angekündigt worden. Inzwischen scheinen die Silber liebhaber ihren Irrtum eingesehen zu haben, wenigstens ist jetzt kein Mangel an Silbermünzen mehr zu merken. Im Handel herrschte anfangs große Aufregung. Mehrere der größten Häuser beschlossen, ihrem Personal nach einer gewissen Zeit zu kündigen und nach dieser Zeit nur herabgesetzte Gehälter zu zahlen. Es waren vornehmlich die Manufakturisteitz die so voreilig handelten. Aber auch im Buchhandel ist diese Frage er örtert worden, ohne jedoch einen Beschluß zu zeitigen. Die Stel lung der Angestellten ist in Schweden infolge der Vernachlässigung der Handelsgesetzgebung sehr unsicher. Eine Kündigungsfrist be steht nur dann, wenn dahingehende schriftliche Vereinbarungen getroffen worden sind, Vereinbarungen, die zu den Ausnahmen gehören. Gerade jetzt ist es vorgekommen, daß Geschäfte Uber Nacht ihr gesamtes Personal entlassen haben. Glücklicherweise haben sich diese Vorkehrungen als unnötig erwiesen, da das Gc- schäftsleben allmählich in die alten Geleise eingelenkt ist und die meisten Industrien den Betrieb in vollem Umfang wieder aufge- nommen haben. Das Stockholmer Leben hat sein altes Gepräge wiedererhalten. Die Straßen sind voll Menschen, und in den Läden drängt sich jetzt wie sonst ein kauflustiges Publikum. Die hohen Preise sind wieder auf ihre ursprüngliche Höhe zurllckge- gangen, auch wird wieder auf Kredit verkauft. Das Moratorium ist einmal verlängert worden, hörte aber am lg. September aus, mit Ausnahme für Schulden an ausländische Firmen. Auch diese Ausnahme wird in Kürze aufgehoben werden, obwohl natürlich noch viel Zeit vergehen wird, ehe völlig normale Verhältnisse wie der eintreten. Die Mobilmachung der jüngeren Jahrgänge der Wehrpflichtigen dauert fort, und auch der Landsturm steht noch un ter Waffen. Diese zur Verteidigung der Neutralität getroffenen Maßnahmen berauben Handel und Industrie ihrer besten Kräfte auf unabsehbare Zeit. Denn während der Dauer des Krieges wird kaum eine Demobilisierung erwartet werden können, so daß die Aussichten keineswegs glänzend sind. Eine sehr große Anzahl Ar beiter sind infolge Einziehung zum Militärdienst unfähig, für ihre Familie Brot zu verdienen, und die staatliche Unterstützung wird kaum ausreichen, der Rot zu wehren. Empfindlich werden auch die Agenten ausländischer Häuser vom Kriege getroffen, da sie vorläufig nichts importieren und verkaufen können. In Stock holm hat eine Versammlung dieser Leute stattgefunden, um die Lage zu besprechen. Das Ergebnis ist mir leider nicht bekannt. Auch die Papierwarenbranche ist von dem Kriege stark in Mitleidenschaft gezogen worden, da ein nicht unbedeutender Teil dieser Artikel vom Ausland, besonders aus Deutschland und England, eingeführt wird. Da man mit einer ungestörten Einfuhr und prompten Lie ferung nicht rechnen kann, haben viele Grossisten die Preise der ausländischen Waren erhöht. Eine große dänische Firma (Emil Jenfen in Kopenhagen), die fast den ganzen skandinavi schen Markt beherrscht, hat die Gelegenheit in der Weise benutzt, daß sie die Preise durchweg um 10"/» erhöhte. Auch die schwedischen Papierfabriken haben 10"/» aufgeschlagen und ver suchen, so gut es geht, diesen Schritt als vom Krieg erzwungen glaubhaft zu machen. Unsere Geschäftsbücherfabriken sperrten anfangs die Konten und verkauften nur gegen bar. Doch sahen sie bald den Irrtum ein und beschlossen reumütig, wieder in Rech nung zu liefern, Wohl hauptsächlich wegen der Konkurrenz der kleineren Geschäfte. Für den Buchhandel wird sich wahrscheinlich der Winter sehr ruhig gestalten, obwohl es augenblicklich sehr lebhaft zugeht. Die Schulen Haben nämlich soeben angefangen, und von dem Bedarf an Schulbüchern in Schweden werden sich die deutschen Kollegen kaum eine Vorstellung machen können. Viele Buchhandlungen haben jetzt einen Betrieb wie in der Weihnachtszeit. Aber alles hat ein Ende, und bald wird eine stille Zeit der Einkehr kommen. Denn die Verleger werden in diesem Herbst kaum zu Klagen wegen Überproduktion Anlaß geben. Jeder scheint die Entwicklung der Dinge abwarten zu wollen. Nach Mitteilungen in den Zeitungen haben die bedeutendsten Verleger viele der für den Herbst geplan ten Neuigkeiten zurückgestellt, da man mit gedrückten Zeiten rechnet und sich auf Spekulationen nicht einzulasscn wagt. Von Interesse ist augenblicklich alles, was irgendwie mit dem Militärwcscn und dem Krieg im Zusammenhang steht. Kriegskarten finden großen Absatz. Anfangs gab es keine. Man wurde von den Ereignissen überrascht. Die Vorräte waren im Nu erschöpft, und die Mög lichkeit, vom Ausland neue zu erhalten, war gleich Null. Der Fall, daß Deutschland nicht sofort gute Karten vom Kriegsschau platz liefern konnte, ist Wohl kaum jemals dagewesen. Aber es galt ja auch nicht, Karten einzelner Teile, sondern solche von ganz Europa zu bekommen. Bald erschien indes die erste schwe- dische Karts des europäischen Kriegsschauplatzes. Jetzt stehen uns nicht weniger als g verschiedene und eine neue Karte der gan zen Welt zur Verfügung. Die Firma Albert Bonnier gab zuerst eine nicht besonders gelungene Autotypie des östlichen Kriegsschauplatzes nach den Karten des Andrecschcn Handatlasses heraus, von denen sic angeblich in 3—4 Tagen 15 OVO Exemplare verkaufte. Später folgten ähnliche Karten vom westlichen Kriegs schauplatz und von den europäischen Festungen. Jede Mappe kostet 1 Krone, was als sinnlos teuer angesehen werden muß. Die später von anderen Verlegern herausgegebcnen Karlen sind in > mehreren Farben vorzüglich gedruckt. Den Vogel schoß jedoch
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