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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.01.1903
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 10.01.1903
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- Deutsch
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262 Nichtamtlicher Teil. ^ 7, 10. Januar 1905 erbringt, daß noch lange nicht der alte fromme Glaube vor den Ergebnissen der exakten Naturwissenschaften die Flucht zu ergreifen hat, sondern sehr wohl mit jenen sich vereinigen läßt. Wenn ich den Lehrer in dieser Weise sein scheinbar nur dem praktischen Bedürfnis anzupassendcs und in den Lehrplan eingcfügtes Unterrichtsfach behandeln höre, so schätze ich in ihm nicht nur den kenntnisreichen Dozenten, sondern auch den be geisterten, Herz und Gemüt der ihm anvertrauten Schüler an regenden Erzieher. Dann hat er richtig einzuwirken verstanden aus Phantasie und Gefühl, damit aber auf diejenigen Geisteskräfte des Menschen, die am unmittelbarsten bestimmen seine Willenskraft und seine Gesinnung. Gleichzeitig hat er aber auch seine Schüler er wärmt für ihren eignen schönen Beruf, der diese Geistes- und Herzensschätze durch Bücher an die Menschheit zu übermitteln hat. Er hat Interesse und Freude in seinen Schülern wachgerufen und die Lust und Liebe geschaffen, alles zu tun und alles zu lernen, was der hohe Beruf von jedem verlangen darf. So ist die Schule ihren Zöglingen beides geworden: Lehr- und Lernschule und Erziehungsanstalt. Diese erziehliche Arbeit der Schule ist als eine ernste Ver pflichtung kaum je so gebieterisch an sie herangetreten, als gerade in unsrer Zeit. Ich bin weit entfernt, all das Große, ja Ge waltige, auch sdas Schöne, was unsre Zeit hervorgebracht hat, irgendwie zu schmälern oder gar gering zu achten. Aber eben deshalb, >neine ich, sollten wir auch den Blick offen uns halten für die Gefahren unsrer Zeit. Wo viel Licht, da ist auch Schatten, und es gibt manche dunkle Schatten in den Tagen, in denen wir leben. Es ist — und ich habe cs schon früher einmal auszusprechen Gelegenheit gehabt, ohne Widerspruch zu erfahren — es ist eine nicht wegzuleugnende Tatsache, daß die Zuchtlosigkeit, der Mangel an Selbstzucht, in erschreckendem Maß zugenommen hat, daß mit unausgetragenen Bildungskeimen unerfüllbare phantastische Hoffnungen sich verbunden haben, daß viele Menschen an einer krankhaften Großmannssucht leiden, daß es in manchen jugend lichen Kreisen förmlich zur Sache des guten Tons geworden ist, statt frisch und natürlich sich zu geben, möglichst blasiert und gigerlhaft zu erscheinen und den augenblicklichen physischen Genuß über die dauernde seelische Befriedigung zu setzen, daß die selbst bei der noch unreifen Jugend auftretende Sucht, schon mit politischen Dingen sich zu beschäftigen, jedes edlere Interesse vielfach aufgesogen hat. Hier muß mit ganzem Ernst und ent schlossenem Willen gearbeitet werden an Hebung wirklicher Bildung, wahrer Kultur, nicht bloß äußerlicher Zivilisation. Zivilisiert sind wir im höchsten Grad. Aber Noms und Griechenlands sittlicher Verfall begann, als beide auf der höchsten Staffel der Zivilisation angelangt waren. Innen waren beide wurmstichig. Und hier mitzuhelfen, d. h. zu lehren und zu er ziehen, ist eine ernste Aufgabe und eine unabweisbare heilige Pflicht jeder Schule, nicht zum mindesten einer Fachschule, der junge Leute vom vierzehnten bis zum siebzehnten Lebensjahr angehören. Diese Verpflichtung kennen wir; ihr wollen wir uns nicht entziehen. Das sei der Schule feierliches Gelöbnis an ihrem Er- innerungs- und Ehrentag, niedergelegt vor Ihnen allen, vor unfern Schülern, vor dem Monument, nicht errichtet aus Erz und Stein, sondern in unserin Herzen pietätvollen Gedenkens dein zu gleich praktisch und ideal veranlagt gewesenen Gründer unsrer Schule, Friedrich Fleischer. Sein Andenken heiligt diese Stunde, es weiht sie. Das Unsterbliche in ihm, hier soll es Leben, Kraft, Mut und frohe Zuversicht zeugen, das von ihm Begonnene mit Gott in des Gründers Sinn weiterzusühren und weiter auszu bauen, damit aus dieser Schule hervorgehen tüchtige und brauch bare Mitglieder ihres Berufs, feste, in sich geschlossene Charaktere, christliche, aufrichtig fromme Männer und gute, königstreue, ihr engeres und großes Vaterland über alles liebende deutsche Patrioten. Das walte der, von deni aller Segen kommt, unser himmlischer Vater! Als dritter Redner betrat der Erste Vorsteher des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Herr Albert Brockhans, die Rednerbühne: Geehrte Festversammlung! Wenn in einer Familie der eine Bruder ein Fest feiert, so darf der andre Bruder nicht fehlen, um seine Teilnahme zu be zeugen, mit dem Bruder des festlichen Tags und der Ehren, die er bringt, sich zu freuen und ihm Glück und Segen auf den ferner» Lebensweg mitzugeben. So bin denn auch ich in Vertretung des Börsenvereins der deutschen Buchhändler hierher gekommen, um dem nur um wenige Jahre jüngern Bruder, dem Verein der Buch händler zu Leipzig, zu seinem Ehrentag die herzlichsten Glück wünsche zu überbrmgcn. lind ein Familienfest ist es im wahrsten Sinne des Worts, das wir heute begehen. Stehen doch im Mittel punkt desselben unsre buchhändlerischen Jungens, unsre Schüler und ihre Erzieher. Zwei Einrichtungen sind es, die der Verein der Buchhändler ins Leben gerufen hat, um beide vielfach beneidet vom Buchhandel andrer Städte und Länder. Die eine ist die Bestellanstalt. Während diese, rein wirtschaftlichen Zwecken dienend, über ihre örtliche Be deutung hinaus eine der festesten Säulen der buchhändlerischen Organisation des ganzen deutschen Buchhandels geworden ist, ist die rein idealen Zielen dienende Lehranstalt eine in erster Linie Leipziger Einrichtung, aber ein der Nacheiferung wertes Vorbild für die Buchhändler aller Nationen. In den ersten Jahrzehnten ein Sorgenkind des Vereins, hat sie sich nicht so schnell ent wickelt wie die erste, und wenn sie dennoch Wurzel gefaßt und gute Frucht getragen hat, so kann dem Verein der Buchhändler zu Leipzig, der es an keiner Mühe, an keiner Opfcrmilligkeit hat fehlen lassen, nicht genug dafür gedankt werden. Darum ist der heutige Jubeltag der Schule auch in besonders hohem Maß ein Ehrentag des Leipziger Vereins, über viertausend junge Männer sind durch die Lehranstalt des Leipziger Vereins hindurchgegangen, hinaus ins praktische Geschäft, in die weite Welt, soweit der deutsche Buchhandel seine Kreise zieht, und darüber hinaus. Viele haben es zu materiellen Erfolgen, zu Ansehen und Ehren gebracht, und wenn wir auf diese tüchtigen Männer blicken, so wendet sich der dankende Blick des Börsenvereins zunächst auf die Gründer der Leipziger Buchhändlerschule, auf die Pfleger und Förderer ihres materiellen Bestehens und nicht zuni wenigsten auf die wacker» Männer, die als Lehrer, Erzieher und Leiter mit treuer Sorge über die Geistes- und Charakterbildung unsrer Jungens gewacht und sie zu tüchtigen Buchhändlern herangezogen haben. So bringe ich denn im Namen des Börsenvereins herzlichen Dank den seit 50 Jahren wechselnden Mitgliedern des Leipziger Vereins, die auch in schweren Zeiten stets die Mittel für dieses Liebeswerk bereit gestellt haben, und weiter allen den Männern, die im Lauf langer Jahre in wechselnder Folge dem Vorstand des Ver eins der Buchhändler zu Leipzig angehört haben, und denen, die heutigentags mit der Leitung des Vereins betraut sind, au ihrer Spitze Herrn Hofrat Hermann Credner, der sich das äußere und innere Leben der Buchhändlerschule seit langen Jahren mit Auf opferung hat angelegen sein lassen und auf achtbare Erfolge seiner Tätigkeit zurückblicken darf. Endlich wendet sich der Dank des Börsenvercins an die Lehrer der Schule, die bewährten Jugend erzieher, von denen viele jahrzehntelang an der Buchhändlerlehr anstalt in treuer Pflichterfüllung ihres Amts gewaltet haben und, wie zu hoffen, noch lange ihrer Aufgabe dienen werden. In erster Linie ist es der Leiter der Anstalt, Herr Direktor Or. Willem Smitt, dem der Börsenvcrein Dank und Glückwunsch ausspricht. Und unsre Jungens? Sollen wir denen nicht danken? Gewiß! Soweit sie fleißig und brav sind und dadurch den lebendigen Be weis für die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Schule er bracht haben. So wollen wir hoffen, daß sie sich in ihrem er wählten Beruf als tüchtige und treue Geschäftsleute bewähren mögen, denen dann auch der äußere Erfolg nicht fehlen wird, daß sie sich der ihnen von ihren Eltern und Lehrherren, dem Schul vorstand und ihren Lehrern gewährten Wohltaten allzeit wert er weisen mögen, daß es auch ihnen als eine Ehre erscheinen möge, dem hohen Berus des Buchhändlers anzugehörcn, wie das bei uns der Fall ist und immer so bleiben möge! Als der Redner unter dein Beifall der Festversammlung geendet hatte, sprach ihm der Vorsteher, Herr Hofrat Credner mit warmem Händedruck den Dank der Schule aus. Er dürfe an Friedrich Perthes erinnern, der bei seiner ersten Anregung zur Gründung einer Buchhändlerschule von dein Gedanken ausgegangen sei, daß eine solche Schule nur im Mittelpunkt des deutschen Buchhandels, in Leipzig, »von wo aus das Gute hervorgehen müsse«, ihr richtiges Heim haben könne. So habe der Leipziger Buchhandel allen Grund, für die chm heute bezeugte Anerkennung des Guten, das von ihm ausgegangen sei, dankbar zu sein. Gern gebe er diesem Dank Ausdruck, und er füge die Versicherung hinzu, daß der Leipziger Buchhandel auch weiter keine An strengungen und keine Opfer scheuen werde, um möglichst mustergültige junge Berufsmänner hinaussenden zu können in die Welt, zur Ehre des Standes und zu seiner eignen Genugtuung. Hierauf trat ein alter Schüler der Lehranstalt, Herr Prokurist Paul Scholtze, langjähriger Vorsteher des Buch- handlungsgehilfen-Vereins zu Leipzig, zu folgender Ansprache zum Rednerpult:
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