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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.03.1927
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- 1927-03-31
- Erscheinungsdatum
- 31.03.1927
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Redaktioneller Teil. X- 76. 31. März 1927. Volksvereins-Verlag G. m. b. H., M.-Gladbach Leopold Vost, Leipzig Karl Wachholtz Verlag, Neumünstcr H. Wagner L E. Dcbes, Leipzig Martin Warneck, Berlin Ed. Wartigs Verlag (E. Hoppe), Leipzig Horst Weber Verlag, Leipzig I. I. Weber, Leipzig Hans von Weber Verlag, München Theodor Weichert, Leipzig Weidmannlchc Buchhandlung, Berlin Gust. Weise Verlag, Stuttgart Aug. Westphalen, Flensburg Herm. A. WIechman», München I. Wiesike, Brandenburg Winckelmann L Söhne, Berlin M. Wols's Verlag, Dresden Artur Wolf Verlag, Wien Hellmuth Wollermann Vcrlagsbchh., Braunschweig Ernst Wunderlich, Leipzig v. Zahn L Jaensch, Dresden Zettka-Verlagsgesellschafl m. b. H., Kronos-Verlag, Berlin- Grunewald. Fr. Zillessen sHeinrich Beenken), Verlagsbuchh., Berlin Zodiakus-Verlag, Freiburg (Baden) Der Lebende hat unrecht*). Von Adolf Spemann. Herr Eugen Diedcrichs hat im Börsenblatt zweimal (Nr. 50 und Nr. 58) zur Frage der 50jährigen Schutzfrist das Wort er griffen, ohne bisher Widerspruch zu finden, und so muß ich leider ohne Rücksicht auf die Gefahr des Verdachts grundsätzlicher Gegnerschaft gegen Herrn Diederichs das Wort nehmen. Herr Diederichs hat, seiner bewährten Gewohnheit folgend, die Schafe von den Böcken geschieden, indem er die Verfechter der 30jährigen Schutzfrist als die Erkenner von »Lebenstatsachen«, die Befür worter der 50jährigen Schutzfrist dagegen als die »materiell Inter essierten« bezeichnet hat. Diese Vereinfachung entspricht allzusehr dem Plakatstil der »Neuen Sachlichkeit- und die ganze Schwarz- Weiß-Kunst allzusehr den Leitartikelgepflogenheiten eines Partei blattes, als daß denkende Menschen sich dadurch tatsächlich an der unvoreingenommenen Prüfung der Zusammenhänge hindern lassen könnten. Ich will Herrn Diederichs auf das von ihm be tretene Gebiet der Minderbewertung Andersdenkender nicht folgen, sondern aussprechen, daß er meines Erachtens für die 30jährige Schutzfrist bemerkenswerte Gesichtspunkte beibringt, wenngleich sie meiner Meinung -nach am wesentlichen Vorbeigehen. Ich sag« ganz offen, ich bin einfältigeren Geistes und kann mich bei den Worten »kosmisch« und »dynamisch« eines gewissen Gruselns nicht er wehren, bediene mich daher unseres gelieMn, anspruchsloseren Deutsch. Herr Diederichs stellt irgendwo im Weltall einen Lehr satz auf, -der eben ein« persönliche und -damit unanfechtbare Glaubensansicht ist, und entwickelt von seinem Grundsatz aus eine Kette von Schlußfolgerungen, die mit unerbittlicher Logik in Jena bei der 30jährigen Schutzfrist landet. Gleicht er dabei nicht dem Seiler, der, auf dem Seilerwasen rückwärts gehend, den Tatsachen und dem verehrten Publikum das dafür nicht bestimmte Teil zu kehrend, von seiner Grundsatzspindel seinen Flachs abdreht? Seine Bahn ist ihm genau vorgeschrieben; Steine im Weg werden ihn nicht stören, das Seil gerät. Ich zweifle keinen Augenblick an der vorwiegend idealen Grundhaltung des Verlegers Diederichs, und trotzdem ist es stets ein mißliches Ding, wenn ein Verleger, der eben unter allen Umständen, will er nicht anders «in lebenslänglicher Dilettant und fahrlässiger Anwalt seiner Autoren bleiben, an seinen Ver lagswerken materiell interessiert ist und sein muß, mit dem An spruch austritt, »über den Parteien zu stehen« und »nur das Mit einanderleben der Volksgemeinschaft- zu vertreten. Ich möchte nicht auf diesem Geleise fahren, denn ich fürchte nichts so sehr wie jede Art -von Cant — ein englisches Wort, doch leider ein« deutsche Sache! —, sondern möchte mich von vornherein ganz offen als eigennützigen Vertreter materieller Interessen bekennen. Vielleicht gelingt es aber zu zeigen, daß gerade mit diesem Eigen nutz das Interesse des Geistes und der Kultur gut, wenn nicht besser gewahrt ist. *) Als dieser Artikel bereits geschrieben und an die Schrisilcitung abgesandt war, bekam ich das ganz hervorragende Referat von Karl Rosner aus der Tagung der schönivissenschastlichen Verleger zu Gesicht. Herr Rosner, mit dem ich weder brieflich noch mündlich auch nur ein Wort über die ganze Frage gewechselt habe, kommt zu völlig denselben Ergebnissen. Die Übereinstimmung geht zum Teil bis in die Einzel heiten der Begründung und der Ausdrücke. Ein Beweis sllr die un- ansechtbare Richtigkeit der vorgetragencn Anschauungen. Sp. Herr Diederichs erlaube mir, auch meinerseits einen Grund satz aufzustellen, von dem ich hoffe, daß er keine Flachsspindcl, sondern ein Samenkorn sei, nämlich folgenden: Das Volk soll -das geistige Gesicht seiner Gegenwart er kennen lernen, denn nur diese Erkenntnis macht fruchtbar. Dieses geistige Gesicht spricht sich, soweit uns dies als Buchhändler, die wir ja selbst zugleich Volksgenossen und Publikum sind, berührt, aus in der Literatur unsrer Zeit. Die Durchsetzung der lebenden Schöpfung ist daher die vornehmste, nämlich die eigentliche »kriegerische Aufgabe und zugleich die schwerste. Der »Monopol-Verleger« (Unfreundliches Wort — du gefällst mir nicht!) kämpft sich ständig als Pionier durch uner forschtes Gebiet, der »Nachdruck-Verleger« dagegen gleicht dem Reisenden, der von Cooks Reise-Büro an die im Baedeker mit Sternchen bezeichnet«» lohnenden Punkte bugsiert wird. Die Auf gabe des »Verlegerpioniers- ist die ungleich schwerere, denn er schafft durch die Auswahl des Neuen und oft durch schöpferische Mittätigkeit mit am Gesicht der lebenden Dichtung und damit der Zeit. Er steht in der Front, der »Nachdruckverleger« in der sicheren Etappe. Die Tätigkeit des »Verlegerpioniers« geht über die bloße Witterung weit hinaus; wenigstens ist dies so bei dem Verleger, wie ich ihn mir denke. Der »Nachdruckverleger« dagegen, ein Typus, der in seinen Anfängen zweifellos kulturelle Ziele verfolgte, wie etwa Reclam, der Insel-Verlag, Eugen Diederichs und Georg Müller, ist heute in der Hand der Epigonen, Nutznießer und Nachahmer kaum mehr etwas anderes als ein Großkaufmann, der zufällig Bücher handelt statt Haushaltungsartikel oder Elektro- bedarf. Das Durchdringen der Neuproduktion, die Durchsetzung eines neuen Autors, und sei er noch so begabt oder bedeutend, ist nun durch die lawinenhaft geschwollene Produktion der »Nachdruck- Verleger« heute so erschwert wie noch nie. In demselben Augen blick, wo nach Ablauf des 30. Schutzjahres die Schleuse hoch gezogen wird, ergießen sich in wildem Sturz Dutzende von Parallelausgaben des nunmehr freigewordenen Autors über das Volk. Das ist kein schönes Schauspiel, sondern das sind die An fänge des Amerikanismus. Wenn man sieht, wie darüber hinaus die tausendste Ausgabe von Storms »Immense««, di« zweitausendste Ausgabe des »Faust« losgelassen wird, welche Scheingründe für jede neue Reihe von Werken der Weltliteratur mobilisiert werden, so ist man sich vollkommen klar darüber, daß hier tatsächlich nur das materielle Interesse treibende Kraft ist. Diese ganze ins Wahnsinnige gewachsene Nachdruckssabrikation ist ja doch die Hauptursache der Überproduktion und verbaut den lebenden Dich tern, soweit sie nicht bereits durchgesetzt sind, den Weg. Sagen wir es doch offen, daß nicht -die lebenden Schriftsteller, sondern die lebenden Verleger und Auchverleger schuld an der Überproduktion sind! Die Toten schlagen die Lebenden tot. Herr Diederichs führt nun, wenn ich ihn richtig verstanden habe, aus, daß sozusagen durch das Freiwerden von Gustav Freytag, Theodor Storm und Gottfried Keller -die Massen gedüngt worden seien, um sie für die Hervorbringung der engeren intellek tuellen Schicht fruchtbar zu machen, -die das Neue aufnehmen soll. Dies klingt zunächst bestechend) ist aber ein vollkommener Trug schluß. Hat es denn einen Sinn, daß nun plötzlich mit hydrau lischer Kraft die ganze Gedanken- und Vorstellungswclt früherer Generationen ins Volk hineingepumpt wird? Glaubt Herr Diede richs wirklich, daß dadurch Leser für das Neue, -das wirklich Lebende
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