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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.03.1927
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- 1927-03-26
- Erscheinungsdatum
- 26.03.1927
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X- 72, 26, März 1927. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.d. Dtschn. Buchhandel- Conrad Ferdinand Meyer, Fontane, Ebers und manchem anderen wird cs ebenso werden, sobald sie nachdrucksfrei sind. Wieviel aber wird nach weiteren 20 Jahren von Conrad Fer dinand Meyer noch übrig sein? Wird man dann überhaupt noch die Romane von Fontane und Ebers in Volksausgaben drucken wollen? Was dann nicht mehr lebendig ist, ist überhaupt ver loren für die Bildung der Allgemeinheit des deutschen Volkes und hätte doch, solange cs Zeit war, ungezählten Lesehungrigen, die sich die Ausgaben der Originalverleger, auch ihre sogenannten Volksausgaben, niemals kaufen, unschätzbare geistige Nahrung bieten können. Durch unsere zeitgenössischen Dichter, so bedeutend sie auch sein mögen, sind diese »freien« Schriftsteller nicht zu ersetzen. Denn das große Publikum hinkt mit seinem Geschmack und seinem Verständnis für Literatur immer hinter der jeweiligen »Moderne« nach; das kann auch gar nicht anders sein. Denjenigen aber von den zeitgenössischen Autoren, denen Herr Rosner durch die Verlängerung der Schutzfrist Krücken zim mern zu müsscn-glaubt, damit sie im Wettlaus mit den wirklichen Dichtern nicht Zurückbleiben, ist überhaupt nicht zu Helsen. Besinnungslos für 80 3ahre? Eine Entgegnung zur Stellungnahme Karl Rosners. (Vgl. Mitteilungen des Deutschen Berlegcrvereins. Bbl. Nr. 63.) Während bisher eine Ausdehnung der Schutzfrist aus 50 Jahre nur für die Erben der toten Autoren (und für deren Berlage) als vortcilbringeud angesehen lourdc, weist Karl Rosner nun auch auf eine bisher nicht berücksichtigte Jnteressentengruppe hin: die lebenden Autoren selbst (und ihre Verlage). Er ist der An sicht, daß um so weniger Bücher lebender bzw. geschützter Autoren gekauft werden, je mehr ungeschützte in guter Ausstattung auf den Markt gebracht werden, weil diese billiger sind als jene. Er glaubt also, daß z. B. das 7 Mark kostende Werk eines zeitgenössi schen Verfassers in vielen Fällen nur deshalb nicht gekauft wird, weil die Möglichkeit besteht, für den halben Preis das ebenfalls gut gebundene Werk eines nicht mehr geschützten Verfassers zu erwerben. Er verspricht sich einen wesentlichen Mehrabsatz neuer Werke, wenn die älteren erst 20 Jahre später nachdrucksrei, also billiger werden. So bestechend und neuartig die beredten Ausführungen Rosners vielleicht auf den ersten Blick erscheinen, so muß sich der erfahrene Sortimenter nach gründlicher Überlegung doch sagen: Das ist graue Theorie; die Wirklichkeit ist in den meisten Fällen anders, nämlich also: Wer ein Buch verschenken will (und von den neuen Ge schenkausgaben im Gegensatz zu den Ausgaben Reclams u. dgl. ist bei Rosner allein die Rede), kommt in 99 Prozent aller Fälle bereits mit der festen Absicht in den Buchladen, einen bestimmten Preis auszugeben. Diese Preisgrenze wird zu Hause bereits so genau festgelegt, daß der Kunde in den seltensten Fällen zu einer Überschreitung zu bewegen ist. Dies ist eine allgeineine Zeit erscheinung, die ihre bekannt« und oft genug besprochene Ursache hauptsächlich in der allgemeinen Verarmung hat, die zu einer genauen Budgetausstellung besonders bei Geschenken aller Art eben zwingt. Bekommt nun der Kunde für den in Aussicht ge nommenen Preis ein modernes, zeitgenössisches Buch, dann kauft er meistens lieber dieses als ein älteres. Wenn aber seine Mittel dazu nicht reichen, dann entschließt er sich zu einem noch er schwinglichen honorarfreien Werk, — falls ein entsprechendes zur Hand ist; sonst verläßt er den Laden, um etwas anderes zu schen ken: eine Vase, Konfekt u. dgl. Denn in allen anderen »Branchen« gab es von jeher »Geschenkartikel« in allen denkbaren Preislagen, sodaß jeder Geldbeutel etwas finden konnte. Wenn es aber im Buchladen etwa heißt: unter 6 Mark können Sie hier kein gut aussehendes Buch kaufen, dann bleibt eben das Buch als Gc- schenkobjekt für alle jene Fälle ausgeschlossen, in denen man nicht so viel ausgeben kann oder mag. In allen diesen Fällen gehen aber nicht nur die Einnahmen dem Buchhandel als solchem ver loren, sondern auch willige Käufer und damit die von diesen Be schenkten wenden sich vom Buche immer mehr ab. Die Parole 338 unserer »sportdurchtobten und radiodurchspuktcn Zeit- (W. Lange- Wiesche-Brandt) aber lautet für den Buchhandel doch stets: »Wie erhalte ich dem Buchhandel die alten Käufer und wie werbe ich ihm neue?« Durch das Rezept Karl Rosners geschieht dies nicht; es wird vielmehr das Gegenteil erreicht. So sehr auf das Buch als solches ist ein Käufer fast niemals kapriziert, daß er nur ein Buch schenken will, und nichts anderes, koste cs, was es wolle. Hingegen findet man diese Entschlossenheit gelegentlich in bezug auf einen A utor. Ist dieser wirklich so »lebendig«, wie Karl Rosner meint, daß er »den Lebendigen und Vorwärtsstrebenden wahrlich mehr zu sagen hat als jene verblaßten, zu künstlichem Dajein neu ausgeschminkten Werke, deren beste Verdienste in einer vergangenen Epoche ruhen«, — dann setzt er sich auch durch, wie er sich bisher stets durchgesetzt hat (natürlich immer im Rahmen der allgemeinen Kaufkraft der Zeit). Er müßte sich um so leichter, ja spielend durchsetzen, wenn es wirklich einen Kampf der Leben digen gegen »Mumicnhandel« gälte, wenn es sich wirklich nur um »verblaßte, zu künstlichem Dasein neu aufgcschmiukte Werke« han delte. In Wirklichkeit handelt es sich natürlich in der überwiegen den Mehrzahl der Fälle gerade um solche Werke, die so sehr »lebendig« sind, daß ihre Lebensdauer noch unabsehbar ist; um die wenigen Romane z. B., die aus der Unzahl ihrer zeitlichen Ge schwister ausgesiebt wurden durch die unerbittliche Richterin Zeit, die alles Wertlose früh verwelken läßt, — so gründlich verwelken, daß kein »Ausschminken« mehr hilft, es sei denn, daß hie und da (wie überall) sich ein Unwürdiger zwischen Starke geschmuggelt hätte. Die Existenz dieses Unwürdigen aber beruht allein auf der Möglichkeit, sich an jene Starken anzuhängen, womit die Lebens kraft der ausschlaggebenden Mehrzahl desto mehr erwiesen ist. Oder hält Herr Rosner an der Bezeichnung »Mumienhandcl» z. B. auch gegenüber der »Bibliothek der Romane« des Insel-Ver lages fest? Dies find die gleichen Werke, die auch den Grundstock der anderen honorarfreien Geschenkausgaben bilden. Der Insel- Verlag gibt seelenruhig diese Bücherreihe für 4.50 Mark, Stefan Zweigs »Verwirrung der Gefühle» für 7 Mark und Hofmanns thals »Drei Erzählungen« für 24 bzw. 60 Mark gleichzeitig heraus und weiß jedenfalls, was er tut (das hat er bisher zur Genüge bewiesen). Er weiß unter anderem, daß diese durch jene nicht umzubringen sind; hätte er andere moderne Au toren im Verlag, dann würde er vielleicht anders handeln. Aber auch andere Autoren setzen sich gegen »die Masse der künstlich mobilisierten Toten- immer noch durch, solange ihr Name bei der Masse der Bücherkäufer zieht: Wieviel Exemplare von Rudolf Herzogs »Fähnlein der Versprengten« verkauft wurden, dürste Herr Rosner am besten wissen. Bei vielen modernen Au toren wäre übrigens (nebenbei gesagt) eine Verdrängung durch etwa die »Mumien- des Insel-Verlages sehr im Interesse des all gemeinen geistigen Niveaus gelegen. Bei solchen Autoren hin gegen, die ihrer Zeit so sehr voraus sind, daß ihre gebührende Würdigung einer späteren Generation Vorbehalten bleiben muß, werden weder ein Ladenpreis von 50 Pfennigen noch eine 50jährige Schutzfrist Riesenauslagen zustande bringen. In diesem Falle aber wird die verlängerte Schutzfrist gerade der vollen Wir kungsmöglichkeit der wertvollsten Werke im Wege stehen. Noch vieles unter den Behauptungen Karl Rosners reizt zur Erwiderung. Aber über diesen Gegenstand ist schon so viel gesprochen worden, daß ich — besonders nach den tiefgründigen Ausführungen Eugen Diederichs' — mich Wohl kurz fassen darf. Nur eine Stelle möchte ich noch mit der Erfahrung des Sorti menters, der allein das Publikum kennt, beleuchten. Rosner er zählt jenen heiteren Zufall, daß er »vor Jahr und Tag- auf dem Konfirmationstische eines jungen Kaufmanns fünfmal »Soll und Haben- gefunden habe, und fügt hinzu: »Statt der 5 Exemplare von ,Soll und Haben', die auf dem Tische jenes jungen werden den Kaufmanns lagen, hätten, wenn jenem Auch-Verlegertum die Zügel etwas kürzer gehalten worden wären, aller Wahrscheinlich keit nach 5 Werke des regulären Verlages und von lebendigen, für Gegenwart und nahe Zukunft bedeutungsvollen Autoren gelegen«. Hieraus erwidere ich: Nein, das ist ein großer Irrtum. Neh men wir beispielsweise an, daß die Schenkenden im Durchschnitt 4 Mark für ein »Soll und Haben» ausgegeben hatten, während
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