Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.08.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-08-25
- Erscheinungsdatum
- 25.08.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19140825
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191408252
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19140825
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
- Monat1914-08
- Tag1914-08-25
- Monat1914-08
- Jahr1914
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Börsenblatt f. d. Dtschn. BEondel. Redaktioneller Teil. 196, 25. August 1914. woch, 5. August, ein, um etwaige gemeinsame Maßnahmen zu be raten. Das Erscheinen des gemeinsamen Weihnachtskatalogs, so wurde beschlossen, solle anläßlich des Krieges unterbleiben; Anstoß zu den, Beschluß gab das Zurückziehen bon Inserat-Auf trägen einiger Verleger. Es geht auch einmal ohne Weihnachts- Katalog; vielleicht ergibt sich daraus dauernd eine Einschränkung des Luxus, der mit Weihnachtskatalogen und Ähnlichem sich ein genistet hat. Im übrigen war die Stimmung wenn auch ernst, doch beherzt. Ein Vorschlag, jetzt überhaupt nur gegen bar zu verkaufen, fand keinerlei Zustimmung. Bedauert wurde die Mit teilung einzelner Kommissionäre über Einlösung bzw. Nichtein lösung von Vorfakturen und Ähnlichem wegen der nervösen Ängst lichkeit, die sich darin kundtat. Gesprochen wurde über die Mög lichkeit der Aufhebung von Lagerbestellungen, die an Reisende schon für Weihnachten gegeben seien; man äußerte sich dahin, daß eine Verständigung mit den betr. Verlegern sicher zu erzielen sein würde. Bezüglich des zur Fahne einberufenen Personals wurde weitestmögliches Entgegenkommen bei Gehaltszahlungen empfoh len. Auch wurde wegen etwaigen Übertritts von Gehilfen aus einer Firma am Platze zur anderen beschlossen, von der üblichen Gepflogenheit, die solches Verfahren als unstatthaft ansieht, für die Kriegsdauer abzusehen. Endlich wurde noch zum Ausdruck gebracht, daß der Krieg und Kriegszustand den Anfang eines Ge sundungsprozesses im deutschen Volke bedeute und wir als deut sche Buchhändler berufen wären, dazu an unserm Teile mit ganzer Kraft beizutragen. Unverkennbar sind die Anzeichen der beginnenden Gesun dung im deutschen Volkskörper. Ja, wir hatten Krankheit und Krankheitssymptome in unserem Volke leider genug. Die schreck liche Parteiung und Zerklüftung ist wie ein böser Nebel durch den scharfen Sturmwind des Krieges verflogen: wir sind nur noch Deutsche schlichtweg! Ich hege die Hoffnung, daß wir nach Erlöschen des entflammten Weltbrandes eine internatio nale Sozialdemokratie in deutschen Landen nicht mehr kennen werden; eine deutsche Arbeiterpartei mag gern bleiben. Als ein Glück sehe ich deshalb die Kriegserklärung Englands, die mich im ersten Augenblick erschreckte, an. Sie hat die Erbitterung in allen Volkskreisen, die Entschlossenheit, den letzten Blutstropfen einzusetzen, bis zum höchsten Matz gebracht. Es geht jetzt ums Ganze, um Sein oder Nichtsein des deutschen Volkes, seiner Kultur und seiner Gesittung: das fühlte jeder und jede, alt und jung, hoch und gering! Wie herrlich zeigen sich die deut schen Mütter! Mir sagte vorgestern eine Mutier, die gesellschaft lich zu den ersten Kreisen Hamburgs gehört, mit leuchtenden Augen: »Ich bin stolz darauf, daß alle meine vier Söhne in der Front stehen!« Wo bleiben die literarischen Spötter, die noch unlängst solche Opferfreudigkeit als phantastischen Hurrapatriotis mus zu bekritteln wagten? Vom Simplicissimusgeiste, von all der schwülen Erotik mit ihren berauschenden und vergiftenden Schwaden auf den Bühnen, in der Literatur und in der Kunst, so hoffe ich ferner, werden wir frei werden. Da hatte z. B. ein deutscher Dichter, Maximilian Böttcher, zum großen Erinnerungsjahr 1913 ein vaterländisches Stück »Vaterland« geschrieben, Uork und die Konvention von Tauroggen behandelnd. Kein Hoftheater, keine städtische und keine Privatbühne hat es zur Aufführung angenommen. Meinen Beinühungen, unterstützt von mehreren gleichgesinnten Freunden, ist es gelungen, die zehnmal wiederholte Aufführung zu einem wohltätigen Zweck durch Dilettanten bei fast immer ausverkauftem Hause im Juni d. I. im hiesigen Deutschen Schauspielhause durch zusetzen. Der moralische Erfolg war überwältigend, der Kassen erfolg befriedigend. Heute höre ich nun, daß das Deutsche Schau spielhaus dieses Stück in seinen kommenden Spielplan ausgenom men hat. Eine hiesige Sommerbühne führt jetzt Paul Heyses Kolberg auf. Für andere Stücke hat das Publikum keinen Sinn. — Dank einem Befehl des Generalkommandos des 9. Armee korps müssen alle Wirtschaften ohne Ausnahme abends um 11 Uhr geschlossen werden; in größter Ruhe und Willigkeit wird diesem gesundheitlich nur dankbar zu begrüßende» Befehl überall Folge geleistet. Auch das ist ein Gesundungs-Anzeichen; zu stark hatte jedermann — ich schlage dabei willig mit an meine Brust — sich einer gewissen Leichtlebigkeit und Genußsucht hingegeben. 1296 Wird dieser eingesetzte GesundungSprozeß Erfolg haben, wird er dauernde Ergebnisse zeitigen? Ich hoffe es. Der hiesige Haupt pastor zu St. Michaelis, v. Hunzinger, vordem Professor in Er langen, trug mir den Druck seiner K r i e g s p r e d i g t e n an. Ich ging gern darauf ein. Zwei davon sind bisher erschienen, eine unter dem Titel: »Der Geist, in dem wir kämpfen«, die andere unter dem Titel: »Vater, ich rufe dich!«. Der Einzelverkauf dieser Pre digten — das Stück kostet 10 — ging weit über meine Erwar tungen hinaus; von jeder sind bisher 6000 abgesetzt, und ich habe nun noch 4000 Nachdrucken lassen. Außerdem hat das Note Kreuz 20 000 Stück gekauft, um sie den im Felde stehenden Truppen nach zusenden. Die Gottesdienste in den hiesigen Kirchen sind über füllt, wie sonst nie. Heute wurde in meiner Kirche verkündet, der Andrang zu den abendlichen Gebetsgottesdiensten wäre erneut so stark geworden, daß diese, wie es in der ersten Kriegswoche der Fall war, wieder allabendlich bis auf weiteres stattsinden sollten. Das Gebet findet wieder eine Stätte in den Herzen des deutschen Volkes, das Wort von Ernst Moritz Arndt: »Wer ist ein Mann? — der beten kann!« kommt wieder zu Ehren. Ge sangbücher werden bei mir gekauft, als ob es Konfirmatiouszeit wäre. Die modernen, ausgeklügelten Weltanschauungen und Spe kulationen halten in der jetzigen Zeit der Not nicht vor, sie er weisen sich als Häuser auf Sand gebaut. Das Volk wendet sein Herz wieder dem alten Gott zu, der sich als feste Burg, als gute Wehr und Waffen in den ernsten Zeiten der Not immer bewährt hat. Ja, die Zeit ist ernst auch auf wirtschaftlichem Gebiete. Die hiesige Detaillistenkammer, die staatliche Vertretung des Kleinhan dels in Hamburg, hatte zu gestern abend eine Versammlung ein berufen, um über die Errichtung einer Dartehns-und Vor schutzkasse zu beraten und zu beschließen, wie sie für den hie sigen Großhandel bereits eingerichtet wurde. Der Staat will, so konnte mitgeteilt werden, 1)4 Million Mark Garantiesumme übernehmen, wenn aus den Kreisen der Detaillisten selbst minde stens V» Million gezeichnet würde. Anscheinend ist das gemein nützige Unternehmen durch die gleich erfolgten Zeichnungen als ge sichert anzusehen. Also auch hier Entschlossenheit und Vertrauen auf den Sieg der gerechten deutschen Sache. Was nun den PersönlichenWaffendienst anbelangt, so steht bisher erst eines unserer Mitglieder als Wehrmann unter den Waffen. Eine größere Zahl, etwa sechs, ist der Einberufung in den Landsturm gewärtig. Von Söhnen stehen, soweit mir be kannt geworden ist, schon sieben im Felde. Der Abgang von Per sonal zu gleichem Zwecke ist bedeutend. Die deutschen Buchhänd ler werden, davon bin ich überzeugt, auch im Kampf mit der Waffe ihren Mann stehen, wie es 1870/71 geschehen ist, und ich hoffe, daß manche mit dem Eisernen Kreuze geschmückt, dem höchsten Ehren zeichen für Männer, heimkehren werden. Erwähnen möchte ich noch, daß der älteste Sohn eines Lüneburger Kollegen in den Reihen der 90er (Rostock) den ebenso fürchterlichen wie helden haften Sturm auf Lüttich wohlbehalten mitgemacht hat, daß die beiden jüngeren Söhne, einer davon mein Zögling, sofort als Kriegsfreiwillige bei den Lüneburger Dragonern eingetreten sind. Ach, wie viele freudige Kriegsfreiwillige mutzten überall abge wiesen werden! Aber Heil jeder waffenfreudigen Gesinnung und Betätigung! Sollte ein Volk, das sich so gesund, so opferfähig zeigt, unterliegen können? Nein, Gott und sein scharfes Schwert werden ihm helfen! Darf ich in solch ernster, in solch großer, in solch herzerheben der Zeit, die mit zu durchleben doch jeder als ein Glück bezeichnen muß, einen Rückblick werfen auf ein friedliches Stilleben, einen harmonischen Klang kollegialer Zusammengehörigkeit? Ich meine den diesjährigen Sommer-Ausflug des Hamburg- Altonaer Buchhändler-Vereins, der uns im Juni nach Trave münde und von dort durch Wanderung am Strand der Ostsee nach Niendorf führte. Beim Mittagsmahl in Lübeck wurden starke vaterländische Worte geredet und bekräftigt durch den Gesang des Liedes »O Deutschland, hoch in Ehren, Du heil'ges Vaterland«, in dem die Verse Vorkommen: »daß sich unsre alte Kraft erprobt, wenn der Schlachtruf uns entgegentobt«. Siehe, der Schlachtruf tobt, unsere alte Kraft wird sich erproben!
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder