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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.06.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1914-06-18
- Erscheinungsdatum
- 18.06.1914
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- Deutsch
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Nr. 138. Leipzig, Donnerstag den 18. Juni 1914. 81. Jahrgang. Redaktion Das Schulbüchergeschäft Eine Betrachtung und ein Vorschlag. lBergl. zuletzt Bbl. Nr. 121: Eine Million in den Popierkvrl'1 Aus meiner Gehilfenzeit ist mir noch klar in Erinnerung, welch pläsierliches Intermezzo um die Osterzeit das Schulbücher- geschäft bildete. Wenn die Osterferien begannen, wurden die am bequemsten liegenden Teile der Regale im Laden ausgeräumt, die hier für gewöhnlich befindlichen Wissenschaften nach hinten verbannt, die Fächer vom Staub befreit und für die Schulbücher, die nur für einige Zeit das Feld beherrschen sollten - zu jener Zeit gab cs nur zu Ostern Klassen- wcchsel —, wohnlich eingerichtet. Die geringen Vorräte der Weis- hcitsquellen, die von der letzten Kampagne übrig geblieben waren, wurden aus ihrem Winterschlaf ans Tageslicht gezerrt und, ehe sie ihren wichtigen Platz erhielten, einer sorgfältigen Durchsicht und Prüfung auf ihren Gesundheitszustand unterzogen. Was kein hochzeitlich Kleid anhatte, also namentlich die »Umtausch- excmplare«, die, »noch gar nicht gebraucht«, doch meist allerlei Beweise vom Gegenteil zeigten, wurden dem Meister Buchbinder in die Reparaturwerkstatt überliefert, und dann ging es an die Lagerergänzung. So leicht wie jetzt war sie damals nicht. Heute erhält der findige Sortimenter ziemlich genaue Angaben darüber, was alles gebraucht wird, wieviel Schüler die einzelnen Klassen haben usw., früher waren solche Angaben sehr unzuverlässig und namentlich in Mittelstädten schwer zu erlangen. Außerdem spielten damals die Vererbung von Schüler auf Schüler und der von diesen untereinander betriebene schwunghafte Antiquariatshan del eine große Rolle; auch die Lehrer, namentlich wenn sie Ver fasser eingeführtcr Schulbücher waren, nahmen häufig dem Sor timenter die Mühe des Vertriebes ab. Man bestellte also sehr vorsichtig. Doch wollten wir auch damals nicht durch mangelhaften Vorrat in Verlegenheit kommen, und so wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine möglichst sichere Grundlage für die Lagervervollständigung zu erlangen. Am Stammtisch bei der Tante Lange hatte unser Chef einen Direktor und den ersten Professor einer anderen Schule nach und nach soweit bearbeitet, daß er die wichtigsten Mitteilungen über den voraussichtlichen Bedarf gleich nach Schulschluß erhielt. Nun fehlten noch das Rcalghmnasium und die höhere Töchterschule. Das erstcre nahm ein Gehilfe auf sich, der ein weitläufiger Ver wandter der Direktorin war. Unter der Vorgabe, sie Sonntags nie sprechen zu können, machte er blauen Montag und brachte dann auch wirklich gegen Abend die gewünschten Angaben. Bei der Töchterschule aber war guter Rat teuer, und während beim Ordnen und Auszeichnen der Bücher dieser übelstand seufzend unter uns besprochen wurde und allerlei unausführbare Vor schläge gemacht und verworfen wurden, mußten wir unscrm hoff nungsvollen Lehrling Schorsch mehrfach Verweise erteilen, weil er ein ganz zerstreutes Wesen zeigte, die Titel auf den Kopf stellte, eingereihte Bücher wieder aus dem Regal nahm und dann wieder suchend auf den Platz starrte, wo sonst die Liebes- briefstellcr standen. Ein heftiges: »Aber, Schorsch!« brachte den Jüngling zur Besinnung, und da er wieder von unseren Sorgen hörte, nahm er sich ein Herz, griff in die Brusttasche und brachte ein eller Teil. duftendes,rosafarbigesBriefböglein zumVorschein. Mit tadellosem Augenaufschlag überreichte er cs uns, nnd siehe da, es enthielt in zierlicher Schrift alles, was wir über den Schulbücherbedars der Töchterschule wissen wollten. Schorsch hatte »ns alle beschämt, seine Liebe zum Töchterchcn des Direktors hatte uns geholfen - er erhielt das einstimmige Zeugnis, daß er ein tüchtiger Mensch sei, mit glänzenden Aussichten für seine Zukunft. So konnten wir denn unsere Lagerbestcllungen guten Mutes machen und standen beim Beginn der Schule, denn vorher kaufte niemand Bücher, trefflich gerüstet da. In zwei, drei Tagen war die Schlacht geschlagen; wo vorher überquellender Büchcrsegen sich zeigte, gähnten jetzt öde Höhlen uns entgegen, und rasch konnten die verbannten Werke, auch die Trostliteratur Schorschs, die Liebesbriefstcller, ihren angestammten Platz wieder ein- nehmcn. Nicht wenig zur schließlichen fast völligen Räumung des Schulbllcherlagers trug meist der Umstand bei, daß wir unse ren Kollegen gerne mit ihnen fehlenden Werken aushalfen, so daß wir nur selten das Entgegenkommen der Verleger — mit Barsortimentern wurde damals noch wenig gearbeitet — wegen Zurücknahme liegengebliebener Exemplare in Anspruch zu neh men brauchten. Wir waren schon damals der Meinung, daß dies eine Zumutung ist, die dem Verleger unter Umständen recht unangenehm sein kann, denn entweder kommt er durch ihre Zu rückweisung in den Verdacht der Ungefälligkeit und dadurch um die Freundschaft seiner Kunden, oder er bringt, um das abzuwenden, ein direktes, oft recht großes pekuniäres Opfer. Deshalb sollten sich die Herren Sortimentskollegen, wie es in einigen Artikeln unter der Spitzmarke »Eine Million in den Pa pierkorb« geschehen ist, nicht so sehr über die Stellungnahme der Schulbücherverleger gegenüber solchen Zumutungen aufregen, sondern sich über die Beweggründe klar werden, die sie leiten. Es gilt die Schwierigkeiten zu betrachten, die der Erfüllung solcher Zurücknahme-Wünsche oft entgegenstehen. Es ist not wendig, sich zur richtigen Würdigung dieser Schwierigkeiten zu vergegenwärtigen, daß eine neue Auslage nicht von heute auf morgen beschlossen, bearbeitet und hergestellt werden kann. Das erfordert meist einen Zeitaufwand von einem halben bis zu einem ganzen Jahr und mehr, und es wird damit begonnen, sobald die Absatzstatistik nachweist, daß das Bedürfnis nach einer neuen Auf lage nach Ablauf der für ihre Fertigstellung nötigen Zeit ein- treten wird. Ich will die Vorgänge an einem einfachen Beispiel illustrieren: Vor Ostern ist die Auflage eines Lesebuchs so weit ausgeliefert worden, daß die noch vorhandenen geringen Vorräte gerade aus reichen werden, die Nachbestellungen zu decken. Der Verfasser hatte das Manuskript zur neuen Auflage auf Veranlassung des Verlags bereits in Bearbeitung genommen, und die Drucklegung wird begonnen, damit rechtzeitig vor dem Herbsttermin die neue Auflage auslieferungsfcrtig ist. Nachdem alles im Gang ist, kommen von 25 Städten her die Zumutungen von 100 Firmen, ihre nicht abgesetzten Exemplare zurückzunehmen. Wenn es sich da bei um durchschnittlich nicht mehr als 5 Exemplare handelt, so ergibt das 500 Exemplare — zuviel, als daß der Verleger sie makulieren könnte, zu wenig, um die Ausgabe der neuen Auflage hinauszuschieben, denn zum Herbst werden 2000 Exem plare gebraucht, und es können nicht die alte und die neue Aus-
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