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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.05.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-05-19
- Erscheinungsdatum
- 19.05.1914
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- Deutsch
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Nr. 114. Leipzig, Dienstag den 19. Mai 1914, 81. Jahrgang. Redaktion Gesetzentwurf gegen die Gefährdung der Jugend durch Zurschaustellung von Schriften, Abbil dungen und Darstellungen. Eingabe des Vereins Deutscher Bahnhofsbuchhändler zu Leipzig. An den Deutschen Reichstag Berlin. Einen hohen Reichstag bittet der Unterzeichnete Vorstand des Vereins Deutscher Bahnhofsbuchhändler zu Leipzig, dem Gesetzentwurf gegen die Gefährdung der Ju gend durch Zurschaustellung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen (Zusätze zu den 88 43 und 149 der Gewerbeord nung) seine Zustimmung versagen zu wollen. Wie alle buchhändlerischen Korporationen von Bedeu tung, an ihrer Spitze der Börsenverein der Deutschen Buch händler zu Leipzig, ist auch der Verein Deutscher Bahnhofs buchhändler schon seit Jahren bemüht, in seinem Bereiche alle minderwertigen Erzeugnisse, insbesondere jeglichen Schund und Schmutz in Literatur und Kunst fernzuhalten. Presse und Reichstag selbst haben immer mehr erkannt, daß der Bahnhoss- buchhandel bei Beurteilung und Auswahl der von ihm ver triebenen Schriften und Kunstartikel (im besonderen Ansichts postkarten) den strengsten Matzstab anlegt. Viele nicht ver botene Literaturerzeugnisse, die in jeder Stadtbuchhandlung erhältlich sind, werden vom Bahnhofsbuchhändler grundsätz lich nicht in seinen Vertrieb einbezogen. Gleichviel mutz der Verein Deutscher Bahnhofsbuchhänd ler in der dem Reichstag zugegangeuen Fassung des Gesetz entwurfes eine drohende schwere Gefährdung der berechtigten Interessen seiner Mitglieder und seiner Abnehmer erblicken. Weit entfernt, die Zweckmäßigkeit eines sich in vernünftigen Bahnen bewegenden Jugendschntzes zu bestreiten, glaubt er doch die staatsbürgerliche Forderung erheben zu dürfen, daß alle in dieser Beziehung zu treffenden gesetzgeberischen Maß nahmen einer Formulierung unterliegen sol len, die eine mitzver st än bliche Auslegung und eine mißbräuchliche Anwendung nach Möglich keit als ausgeschlossen erscheinen lassen. Eine solche klare Begriffsbestimmung läßt aber der vorliegende Ge setzentwurf nicht nur vermissen, sondern er fordert geradezu zur mißverständlichen Auffassung und zum Mißbrauch auf. Das strafrechtliche Moment wird in dem »Ärgernisnehmen wegen sittlicher Gefährdung der Jugend«, also in einem von allen möglichen Umständen und Einflüssen abhängi gen Gemütszustände desBeurteilers gefunden. Schon dieWahr- scheinlichkeit oder die Möglichkeit einer sittlichen Gefährdung eines jugendlichen Individuums, dessen Seelenzustand und Veranlagung dem Ärgernisnehmenden durchaus fernsteht, gibt ihm ein Rechtsmittel in die Hand, einen Dritten unter straf rechtliche Verfolgung zu stellen. Bei den ungeheuren Begriffs schwankungen in sittlichen Fragen, bei der Verschiedenheit des Bildungsgrades, des Geschmacks und der Anschauungen in Kunst und Literatur erscheint es unmöglich, Grenzlinien zu finden, die den ehrlichen Kaufmann vor einer ständigen Be- eller Teil. drohung durch die Aufsichtsorgane und vor der denunziatori- schen Betätigung unberufener Laien schützen können. Einer der hervorragendsten deutschen Buchhändler, vr. de Gruyter in Berlin, hat die drohenden Folgen mit den Worten treffend gekennzeichnet: »Ungeschickte Seelensamariter, Puritaner, ehr liche oder lüsterne Zeloten, überängstliche Väter und Mütter, die von der Abhärtung nichts, von der Verweichlichung alles halten, persönliche Neider, gehässige Gegner in Konfession un dPolitik werden unter dem Schutze des Z 43a auch für den guten und soliden Buchhandel eine Plage werden, wie sie kein anderer Beruf kennt, und die eine beson dere Verschärfung noch durch die Bestimmung erfährt, daß Verletzungen des ß 43a grundsätzlich mit Haststrafe zu sühnen sind, die nur in besonders leichten Fällen in eine Geldstrafe ver wandelt werden darf«. Angesichts der grotzen Dehnbarkeit des Paragraphen er scheint seine Befolgung mit den größten Schwierigkeiten ver bunden. Die bei der Prüfung literarischer und künstlerischer Erzeugnisse bisher geübte Rücksicht aus das sittliche Gefühl des Erwachsenen wird zugunsten der Jugend verschoben. Der Buchhändler ist gezwungen, seine eigenen Empfindungen in das Kindes- und Jugendalter zurückzuschrauben und einen ganz anderen Maßstab für die Beurteilung seiner Ware ein- zufllhren. Die in der Begründung des Gesetzentwurfes ent haltenen beruhigenden Momente sind nur wenig geeignet, die sich ergebenden Schwierigkeiten zu überwinden und jemals das Gefühl ruhiger Sicherheit wieder aufkommen zu lassen, dessen der Buchhändler zum Betriebe seines Unternehmens bedarf, und auf das er wie jeder andere Staatsbürger be rechtigten Anspruch hat. Die Ware des Bahnhofsbuchhändlers findet im allgemeinen ihren Absatz nur durch geeignete Zur schaustellung, sei es in festen Ständen, sei es durch Feilhalten durch die Verkäufer vor den abgehenden Eisenbahnzügen. Die Bahnhöfe als Stätten des Verkehrs führen Menschen aller Bildungsgrade, aller politischen und konfessionellen Richtungen zusammen. Pflicht des Bahnhofsbuchhändlers ist es, auf die Bedürfnisse des reisenden Publikums nach jeder Richtung hin Rücksicht zu nehmen. Seine Auslagen sind demnach der Be trachtung und Beobachtung aller Reisenden in ihren verschie denen gegensätzlichen Anschauungen fortwährend ausgesetzt, also auch der Gefahr des Ärgeruisnehmens des Einzelnen je nach dessen Bildung, Geschmack oder momentaner Empfindung. Bei der unklaren Begriffsbestimmung und dem Spielraum, den das Gesetz gibt, müßte notwendigerweise die Folge eintreten, daß trotz aller Vorsicht, trotz allen ehrlichen Willens, in Wort und Bild nnr einwandfreie literarische und künstlerische Er zeugnisse feilzuhalten, die Beunruhigung des Bahuhofsbuch- händlers durch Beschwerden der Reisenden, durch Zitatiouen zur Polizei und zum Gericht kein Ende nehmen würde. Alle innere Befriedigung an dem erwählten Berufe, alle Arbeits freudigkeit und das ehrliche Bewußtsein, im Dienste der Allge meinheit eine wichtige Mission zu erfüllen, müßten unter sol chen Umständen dem Buchhändler verloren gehen. Leiden würde auch sein Ansehen unter seinen Mitbürgern. Nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten würden sich im prak tischen Betriebe des Bahnhofsbuchhandels ergeben. Die aller-
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