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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.05.1914
- Strukturtyp
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- 1914-05-01
- Erscheinungsdatum
- 01.05.1914
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- Deutsch
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Wirtschastsgeist und Betrisbsführung. HI. Nutzanwendung auf den Buchhandel. <1 u. II stehe Rr. 98.1 Wie lassen sich nun die gesammelten Erfahrungen und die aus ihnen gewonnenen Grundsätze auf die verschiedenen Betriebe des Buchhandels übertragen? Auch hier wird es nötig sein, die bereits angedeutete Stellung etwas genauer zu fixieren, die der Buchhändler innerhalb der von Sombart mit stark aufgetrage nen Farben dargestellten Atmosphäre des modernen Wirtschafts- geistes einnimmt. Während das Buchsortiment von den geschil derten Einflüssen fast unberührt geblieben ist, ist die Ent wicklung zum Großbetrieb sowohl im Verlage wie im Kommissions- und Barsortimentsgeschäst schon ziemlich weit ge diehen. Es ist auch gar nicht zu leugnen, daß die Nachteile, die sich ergeben, annähernd die gleichen sind wie im übrigen Handel. Daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen können, dafür sorgt allerdings die Sonderart der Ware. Ein Großverlag kann, wenn er sein Ansehen erhalten will, niemals zum reinen Fabrikbetrieb ausarten. Die engen Fäden zur Literatur, Kunst und Wissen schaft in Gestalt von Verbindungen durchaus persönlicher Natur schieben immer wieder das kulturelle Moment, das Verantwortlich- keitsgefühl gegenüber der Allgemeinheit in den Vordergrund. Je größer die Betriebe werden, desto unpersönlicher werden allerdings die Beziehungen zu Literatur, Wissenschaft und Kunst. Der Verkehr z. B. mit den Autoren erfordert den Mechanismus oder Schematismus einer Organisation und eine eiserne Hand, um die Verflachung der Leistungen zu verhüten, die sich gewöhn lich als natürliche Folge der Mechanisierung und Schematisierung einstellt. Gleichwohl sind auch im Verlag sowohl wie im Kommis sionsgeschäft einige Erscheinungen zu beobachten, die durchaus parallel zu der Entwicklung des modernen Wirtschaftslebens ver laufen, z. B. das Aufsaugen der kleinen und mittleren, also der schwächeren Betriebe vom Großbetriebe. Das ist beim Ver- lagsgeschäft durchaus zu bedauern. Denn dadurch verschwin den eine größere Anzahl von Unternehmern, die mit großer Er fahrung, Sachkenntnis und Liebe und mit viel innerer Begeiste rung ihren Beruf ausgeübt und die Interessen ihrer Autoren in geradezu vorbildlicher Weise wahrgenommen haben. Dasselbe Bild bei den kleinen und mittleren Kommissionären! Gewiß, die großen Kommissionsgeschäfte haben alle Einrichtungen zur (wie sie sagen) »individuellen Behandlung« ihrer Kommitten ten getroffen. Das persönliche'Verhältnis, das Freundschaftsbe dürfnis, das Menschen zu Menschen führte und aus intimerer gegenseitiger Wertschätzung und Zuneigung bestand, wo ist es hin? Die Graduierung moderner und modernster Wertschätzung findet ihren Ausdruck in den Ziffern der Umsätze und in der äußerlichen Bedeutung des Geschäfts. Und man müßte sich sehr irren, wenn nicht auch eine ähnliche Bewertung nach Ziffern in bezug auf die Autoren hier und da bei den Verlegern schon Platz gegriffen hätte. Diese Anfänge des Aufsaugens, der Bildung von Kartellen und Jnteressenverbänden im Buchhandel sind kein gutes Symptom für die Zukunft unseres Standes. Sie nähren das Machtgefühl des Einzelnen, und vom Gefühl der Macht bis zu ihrer Ausübung ist bekanntlich nur ein Schritt. Nicht in allen Fällen wird man sich, wie z. B. die beiden großen Barsortimente bei Feststellung ihrer Lieferungsbedingungen getan haben, mit Defensivmatznah men begnügen, die durchaus im Interesse aller Beteiligten lagen. Wir erwähnten bereits, daß der Geist des modernen Wirt schaftsmenschen bisher den Sortimentsbetrieb im wesentlichen verschont habe. Der kleine und mittlere Unternehmer, der in den meisten Fällen unter allerlei Abhängigkeitsverhältnissen arbeiten muß, hat nicht die Ellbogenfreiheit, nicht das Machtgefühl des Großkaufmanns. Der Handelsgeist fehlt ihm vielfach, weil ihn seine Vorfahren nicht besessen haben. Es wäre interessant, ein mal genealogische Forschungen über die Herkunft unserer Sorti- mentsbuchhändler anzustellen. Man kann Wohl annehmen, daß unter den Vorfahren mehr Beamte, Männer des Geistes und der Wissenschaft vorhanden sind, als Kaufleute. Das Fehlen der »Rechenhaftigkeit«, die doch eigentlich eine Errungenschaft von aufeinanderfolgenden Käufmannsgeschlechtern zu sein Pflegt, könnte das nur bestätigen. Auch der Umstand, daß sich das Sorti ment dem Ansturm des Großkapitals in Gestalt der Warenhäuser nicht wirksam genug zu erwehren vermochte, spricht dafür. Mit tel und Wege dazu fehlten ganz gewiß nicht. Was die Großbe triebe vielfach zum Trutzbündnis in Gestalt der Interessengemein schaft auf rein sachlicher Basis zusammenführte, hätte in Ge stalt eines Zusammenschlusses des Sortiments zum Schutzbündnis hier gute Dienste- getan. Im allgemeinen steht hier aber das rein Persönliche derart über der Sache, daß jeder Einzelne lieber den Kopf in den Sand steckt, als sich mit dem ihm gleichgearteten Konkurrenten zu Verbünden. Und wie leicht wäre es, gerade an gesichts der sich immer mehr steigernden Bllcherproduktion dem Publikum die Notwendigkeit und die Vorteile des Einkaufs im Sortiment nahezulegen! Rechenhaftigkeit und Handelsgeist sind ererbte Eigenschaf ten, Erfahrungen der Geschlechter, instinktive Betätigung von Fähigkeiten, die man besitzt und nicht ohne weiteres erwerben kann. Tritt nun an die Stelle der Instinkte die wissenschaftlich begründete Notwendigkeit der Anwendung des ökonomischen Ra tionalismus, so ist es Wohl möglich, daß das Dornröschen einer Tages aus dem Schlafe erwacht. Die Wissenschaft diktiert die Arbeit, schreibt ihre Ari und ihre rationellste Durchführung zur Erreichung der größtmöglichen Prosperität vor. Als Grundlage wissenschaftlicher Betriebsführung aber ergibt sich eine möglichst zweckentsprechende Buchhaltung, eine sorgfältige Auswahl des Per sonals, die genaue Prüfung des Arbeitspensums des einzelnen Angestellten und — soweit das möglich ist — Schaffung gün stigerer Arbeits- und Gehaltsbedingungen, wozu auch Ruhepan- sen, Urlaub, vielleicht sogar freie Nachmittage in der stilleren Sommerszeit gehören. Denn wenn auch die Methoden und Er fahrungen der wissenschaftlichen Betriebsführung in erster Linie dem Großbetrieb zugute kommen, so besteht doch kein Zweifel, daß sie sich auch auf die kleineren Betriebe übertragen lassen. Nehmen wir ein ganz einfaches Beispiel an. Es sollen Fak turen geordnet und registriert werden. Zunächst das Ordnen. Dabei wäre zu prüfen, ob es zweckmäßiger ist, die Fakturen nach jedem einzelnen Buchstaben auszulegen oder sie erst einmal nach den vier Abteilungen L—X, V—X, I-—II und 8—2 zu ordnen und diese dann unter sich zu alphabetisieren. Der ersten Methode stehen Bedenken entgegen, einmal wegen des erforderlichen Platzes, dann aber auch weil der Arbeitende eine schnellere Auf fassung und bessere Dispositionsgabe besitzen müßte als in dem anderen Falle. Zwanzig vor ihm liegende Felder verlangen eine größere Übersicht über das Ganze als nur vier. Gleichwohl ist es denkbar, daß ein intelligenter Angestellter bei Benutzung der ersten Methode die Arbeit schneller und sicherer erledigt als ein weniger intelligenter bei der Trennung in vier Abteilungen. Proben und Messungen der Arbeit entscheiden. Wir stoßen also schon hier bei einer der elementarsten Arbeiten im Sortiments buchhandel auf die Möglichkeit zur Vornahme einer primitiven Jntelligenzprllfung. Man wird schließlich die Methode wühlen, die die Erledigung der Arbeit in der kürzesten Zeit gewährleistet und der Individualität des Arbeitenden sowie den räumlichen und sonstigen Verhältnissen am besten entspricht. Ist dieser Ar beitsgang getan, so wird es sich darum handeln, ob es z. B. besser ist, die Fakturen in Bündeln unter steifer Pappe verschnürt oder in den bekannten billigen Ordnern aufzubewahren. Als hindernd für das letztere erweisen sich die Formate, die nirgends eine größere Verschiedenheit aufweisen als gerade im Buchhandel. Es heißt demnach ein System finden, das alle Formate und alle Papierstärken am praktischsten unter einen Hut bringt. Ist diese Frage gelöst, so ist es durchaus nicht gleichgültig, wo die Fakturen aufbcwahrt werden, ob sie irgendwo in einem der obersten Regale ihren Platz haben und erst mit der Leiter erlangt werden müssen oder ob sie in Manneshöhe bequem greifbar untergebracht sind, und zwar dort, wo sie am meisten gebraucht werden. Ganz von selbst kommen wir zu weiteren Versuchen. Gerade im Buchhandel taucht der Ruf nach Einheitssormaten häufig auf, ein Beweis dafür, daß wir genug Leute haben, die geneigt sind, die geschäft liche Arbeit in rationell wissenschaftlichem Geiste aufzufassen und dieser Auffassung in der Praxis Raum zu geben. Leider sind
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