Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.04.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-04-30
- Erscheinungsdatum
- 30.04.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19140430
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191404306
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19140430
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
- Monat1914-04
- Tag1914-04-30
- Monat1914-04
- Jahr1914
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. V 98, 30. April 1914. ausdrücken, das; der Buchhändler der Einwirkung der sittlichen Mächte in seinem Berufe in besonderem Grade ausgesetzt ist. Das zweite Buch behandelt die Quellen des kapitalistischen Geistes. Nach allgemeiner Erörterung des Problems finden wir im ersten Abschnitte unter dem Titel »Die biologischen Grund lagen« zunächst die Bourgcoisnaiuren (Bürgernaiuren und Un ternehmernaturen) analysiert. Daran schließt sich die sehr inter essante Abhandlung von der Veranlagung der Völker. Im zwei ten Abschnitte geht der Verfasser den Einflüssen nach, die Philo sophie und Religion auf den Menschen der Frllhkapitalismus ausgeübt haben (Katholiken, Protestanten, Juden). Spezielle Kapitel über den Katholizismus, Protestantismus und Judais mus schließen sich an und zeigen die Stellung, die berufene Ver treter dieser Religionsgemeinschaften dem kapitalistischen Unter nehmungsgeist gegenüber eingenommen haben. Daraus ergibt sich eine geschlossene Behandlung des Anteils der sittlichen Mächte am Aufbau des kapitalistischen Geistes. Im dritten Abschnitt, »Die sozialen Umstände«, wird näher aus die Förderung des kapitalistischen Geistes durch den Staat, durch Wanderungen (der Juden, religionsverfolgten Christen, besonders Protestanten, Kolonisation), durch die großen Gold- und Silberfunde einge gangen und insbesondere der gewaltige Einfluß geschildert, den die ungeheure Entwicklung der Technik aus den Geist des moder nen Wirischafismenschen ausgeübt hat. Nachdem der Verfasser noch die vorkapitalistische Berufstätigkeit gestreift hat, kommt er zum Kapitalismus selbst und schließt mit einem Rück- und Aus blick. Die Psyche des modernen Wirischafismenschen ist uns kein Geheimnis mehr, nachdem der Kapitalismus die letzte Barriere weggerisseu hat, die den Unternehmer vor dem Versinken in die Untiefe schützte: das religiöse Empfinden. Die Zeit hat ihn ge lehrt, auch in der Ode Lebenslverte zu finden, indem sie seine Tätigkeit mit eignen Reizen umgab. Das Geschäft ward zur Ge liebten, zum Lebensinhalt des Unternehmers. Der Prozeß ge winnt noch mehr an Machtfülle, und neue Anreize führen zur Anspannung der letzten Kräfte. Der Ausblick ist wenig erfreulich, der Ausgang nach der Meinung des Verfassers höchst ungewiß. »Nun rast der Riese fessellos durch die Lande. Was kommen wird, wenn einmal der kapitalistische Geist aufgehört haben wird, seine jetzige Spannkraft zu besitzen, geht uns hier nichts an. Viel leicht wird der Riese dann, wenn er blind geworden ist, dazu ab gerichtet, einen demokratischen Kulturkarren zu ziehen. Vielleicht auch ist es die Götterdämmerung. Das Gold wird dem Rhein- strom zurückgegeben. Wer weiß es?« Die Darstellung stützt sich auf eine gewaltige Fülle geschicht lichen, religionsphilosophischen und philosophischen Materials. Die Kirchenväter mit ihren kaufmännischen Moraltheorien sind dem Verfasser ebensowenig fremd wie die Kaufmanns- und Unter nehmertypen in den Romanen Gustav Kreistags oder Kellermanns (Der Tunnel). Vermag der Leser den Ausführungen des Ver fassers auch nicht in allen Punkten zuzustimmen, das Bild seines eignen Daseins gewinnt durch die Lektüre festere Gestalt und sicherere Umrahmung. II. Die Betriebsführung. In demselben Maße, in dem sich der Geist des modernen Wirischafismenschen entfaltete, wuchsen die Erfahrungen in der Geschäftsführung und mündeten in dem bewußt und fest gesteckten Ziele, den Betrieb so rationell wie nur möglich zu gestalten. Som- bart bezeichnet dieses Streben als ökonomischen Rationalismus, dessen Erzeugung heute eine selbständige, Haupt- und neben beruflich geübte Tätigkeit vieler Tausende geworden sei, die sich abmühen, neue Buchhaltuugs- und Registriennethoden, Schreib und Rechenmaschinen usw. zu erfinden. Diese Verselbständigung des ökonomischen Rationalismus, seine Summierung, Objekti vierung, Mechanisierung und Automatisierung, die auf der einen Seite neue Kräfte bindet, hat den ökonomischen Vorteil, daß sie die Kräfte des Unternehmers zu anderen Zwecken frei macht. Hier stoßen wir heute aus die Spuren der Wissenschaft, die sich mehr und mehr der praktischen Lösung des Problems zu zuwenden beginnt. Das Land, das den Typ des modernen Wirt- schastsmenschen in höchstem Maße ausgcbildet hat, weil das Be tätigungsfeld des Einzelnen ein viel größeres war und weil in 712 der neuen Welt die Entwicklung nicht durch die Traditionen der Vergangenheit in dem Matze gehemmt wurde, wie auf dem alten Kulturboden Europas, Amerika, gibt die ersten brauchbaren Anregungen zur Benutzung wissenschaftlicher Hilfsmittel im Jn- nenbetriebe modemer Wirischaftskörper. Als grundlegendes Werk auf diesem Gebiete muß das Buch »Tbo k>riaeiplo8 ok 8oisn- tikio AanLAemont« von Frederick Winslow Taylor*) angesehen werden. Taylor, in allem ein Mann der Praxis, geht von dem Grund sätze aus, daß das Hauptaugenmerk einer Verwaltung daraus ge- richtet sein müsse, gleichzeitig die größte Prosperität des Arbeit gebers und des Arbeitnehmers herbeizusühren. Das ist aber nur möglich, wenn die zu leistende Arbeit mit dem geringsten Aufwand an menschlicher Arbeitskraft, an Rohstoffen und Kosten für die Überlassung des benötigten Kapitals für Maschinen, Gebäude usw. verbunden ist. Die größte Prosperität besteht also in einer möglichst ökonomischen Ausnutzung des Arbeiters und der Ma schine. Daß diese Ausnutzung nicht auf die Erzielung von Re kordleistungen und auf die Anspannung der Kräfte bis zur Er schlaffung ausgehen darf, sondern gerade in deren Vermeidung die richtige Ökonomie erblickt, soll im folgenden noch genauer ausgeführt werden. Aufgabe und Pflicht einer Betriebsleitung erfahren nach Taylor eine bemerkenswerte Erweiterung insofern, als die Arbeit sich nicht mehr nach den sog. Faustregeln (Metho den, die im günstigsten Falle durch die Erfahrung, oft aber nur durch die Worte: »daß die Methode immer gegolten hat«, »daß die andern es auch so machen« oder »daß wir es immer so gemacht haben« begründet werden) rich tet, sondern ein jeder Handgriff wissenschaftlich untersucht, ge messen und bestimmt wird. Ein genaues Studium nicht nur der Arbeit (Messung), sondern auch des arbeitenden Individuums, der Arbeitsbedingungen, Werkzeuge usw. führt zu bestimmten Ergebnissen und Forderungen der Arbeitsleistung. Eine fast über all vorhandene Neigung zu einer Art von passiver Resistenz, be sag. Sichdrückens oder Bummelns der Arbeiter, wird dadurch unmöglich. Eine Prüfung der Fähigkeiten des Arbeitenden be wahrt diesen davor, an der unrichtigen Stelle zu stehen. Die Arbeitsleistung wird nicht durch den guten Willen des Arbeiten den, sondern durch die wissenschaftliche Versuchstätigkeii des Betriebsleiters bestimmt. Die Arbeitskraft soll voll ausgenutzt, der Arbeiter aber keinesfalls überanstrengt werden. Man be zweckt eine möglichst haushälterische Verwertung der menschlichen Kraft, die z. B. auch darin ihren Ausdruck findet, daß auch der Umfang der erforderlichenRuhezeitenGegenstand wissenschaftlicher Beobachtung und Erforschung bleibt. In der Tat ist es Taylor in seinen praktischen Versuchen gelungen, nicht nur die Arbeits leistung und die Qualität der geleisteten Arbeit beträchtlich zu erhöhen, sondern gleichzeitig die Arbeitszeit nicht unwesentlich zu verkürzen. Hand in Hand mit diesen sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer zugute kommenden Verbesserungen geht eine Erhöhung der Löhne und eine Verringerung der für die betreffende Arbeit erforderlichen Personenzahl. Wie bereits gesagt, ist Taylor durchaus Praktiker. Darum sind seine in dem Buche von ihm beschriebenen Versuche das Interessanteste, was sich der Mann der Praxis denken kann. Es gelingt ihm, die elementare, rein körperliche Arbeit des Ver- ladens von Roheisen derart durch genauer Studium zu verein fachen und zu verbilligen, daß er die Durchschnittsleistung des Arbeiters von täglich 1214 t auf 47 t steigerte. Wie war das möglich? Er stellte eines Tages die Maximalleistung eines erst klassigen Arbeiters der Durchschnittsleistung aller gegenüber und fand die enorme Differenz. Die Aufgabe, diese Differenz aus zugleichen, ließ ihn nicht ruhen. Die Lösung war trotz der ein fachen Verhältnisse nicht leicht. Es mutzte diplomatisch zu Werke und langsam vorgegangen werden, um die Arbeiter nicht kopf scheu zu machen. Durch vernünftige Auslese der Arbeiter, Stu dium der Arbeitsbedingungen, Steigerung der Löhne und Prä- *s Frederick Winslow Taylor, Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung. Deutsche autori sierte Ausgabe von Or. jur. Rudolf Roesler. 8". (XX, 156 S.) München und Berlin 1913, N. Oldcubourg. In Leinen ged. .// 3.5N.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder