^ 96, 28. April 1914. Künftig erscheinende Bücher. !. d. D„-ch„. D»chha»dü. 3787 »/,« »/,« »//. Hermann Hesse schreibt im neuesten hefte ües »März" über unsere §aksimile- ausgabe oonAlbrecht Dürers sämtlichenkupferstichen wie folgt: Wieder ein Schritt in Ser Geschichte üer Demo kratisierung üer Kunst. Man kann, seit kurzem, Dürers Kupferstiche, olle hunüertunözwei Glätter, in Originalgröße unü in Tiefüruck reproüuziert für Zb Mark kaufen. Wenn es sich um flachen Lichtüruck hanüelte, wäre Sie Sache gar nicht zu erwähnen, aber es ist wirklich ein kupfertiefüruck, unü üie Möglichkeit eines so geringenpreises beruht leüiglichauföerErfinöung, auch solche sensible kunstücucke nicht mehr mit üer hanü, fonüern mit Schnellpressen zu machen. Der Holbein-Verlag in München hat als erster üieses Verfahren auf Dürers Stiche angewenüet, unü wer eine Ahnung von Drucken hat, muß er kennen, üoß es sich nicht nur um üas verwenüen einer angenehmen neuen Erfinöung hanüelt, son- üern um eine höchst zarte, von Kennern gut kon trollierte Arbeit wohlgeschulter Drucker. Zwischen üen Griginalürucken unü solchen keproöuklionen steht immer minüestens üie Photographie. Da nun schon üie photographische Mechanik üies Verfahren beherrscht, ist es klar, öaß sein Züeal ein mechanisches sein muß, unü öiesem 3üeal ist üer Druck ües holbein-verlags setwa im vergleich mit üer älteren, sehr teuren Publikation üer Keichsüruckerei) wesent lich näher gekommen. Genug vom Technischen, auf üessen letzte Details einzugehen hier keinen Sinn hätte. Es genügt zu wissen, üaß es sich um ein Werk von sehr sorgfältig, aber willkürlos unü in eülem Verfahren hergestellten kupfer- ürucken hanüelt, üaß üies Werk verhält nismäßig sehr billig ist unü sämtliche Vürerstiche umfaßt. Vas beüeutet, öaß mäßig wohlhabenüe kunstfreunüe jetzt ein Werk, üessen Originale unerschwinglich, üessen frühere Keproüuktionen teils min- öerwertig, teils sehr teuer waren, ohne Opfer kaufen unü besitzen können. Damit beginnt ein Kunstwerk einen neuen kreis von Wirkungen, üas seit langem berühmt, üoch eigent lich wenigen in seiner Ganzheit unü eigentüm lichen, großen Schönheit recht bekannt war. Wenn irgenöwo, so läßt sich hier in Dürers Stichen ein Musterbeispiel üeutschen Kunstwesens erkennen, ein Ausgchen von üer Ehrfurcht vor üer Natur unü hinstreben zu Gesetzmäßigkeit unü Zorm, ein tiefes schmerzliches Ningen um Sie Schönheit unü ihre launig- Schwester, Sie Grazie, unü auf üiesem von hunüert schweren Hemmungen ver- üüstecten Wege ein Erwachen unü Entwickeln üer ethischen Künstlerpersönlichkeit, öes sensibelsten Gewissens. Da wirü jeöe Schönheitsahnung von Schwermut beschattet, ohne aber zu Gefühls schwelgerei zu werüen, vielmehr erzeugt Ser övrnige Weg eine immerwoche Stimmung von Kampf unü Aufmerksamkeit, eine Schulung öes Gewissens unü Intellekts, unü öiese ganz unü gar männliche Stimmung ist es, aus welcher nun eine neue Art von Natürlichkeit, ja Naivität ent springt. Wie in üieser üeutschen Natur üie ita lienische Klassik zum Problem wirü, üas ist immer wieöer groß unü rührenü anzusehen. Unü wenn vielleicht nie in üer bilüenüen Kunst sich Noröen unü Süüen so innig unü glücklich gemischt haben wie in üen Höhepunkten üeutscher Musik, so ist üoch üer sehnsüchtige Kampf um üiese Vereinigung vielleicht niemals schöner unü ergreifenüer zum Ausüruck gekommen als in Dürers Ningen nach üer Zorm. Schon üarum ist seine mächtige kupferstichfolge ein unvergängliches unü beöcutsames Denkmal - nicht als ein er- leüigtes Stück Historie, fonüern als großer Ausüruck eines Seins unü Willens, üessen kreis noch lange nicht geschlossen ist. Die erste Auflage ües Werkes ist bekanntlich in wenigen Wochen vergriffen gewesen. Oie Herstellung üer Neuauflage hat länger gedauert als angenommen wurde. In etwa acht Tagen erscheint aber nun öie Neuauflage! München Holbein-Verlag I