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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.04.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1914-04-07
- Erscheinungsdatum
- 07.04.1914
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- Deutsch
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2 oder deren Daum koktet 30 Pf. Ve> eigenen Änzeigen zahlen z«. » Mitglieder für die Seile 10 Pf., für '/, 6. 32 211. statt 36 M.. « ! für'/°S. NM. statt 18 M. Stellengesuche werden mit IVPf. pro ZL ! Seile berechnet. — In dem illustrierten Teil: für Mitglieder Nr. 80. Leipzig, Dienstag den 7. April 1914. 81. Jahrgang. Redaktioneller Teil Zum Entwurf eines -Iugendschutzgesetzes«. Referat, in stark gekürzter Form erstattet in der Versammlung des GoethebundcS in Berlin am 29. März 1914, von vr. Walter de Gruyter. Meine geehrten Damen und Herren! Ich spreche hier nicht als amtlich berufener Vertreter, Wohl aber als das Glied eines Standes, der von dem 8 43a der Ge werbeordnung, wenn er Gesetz werden sollte, in erster Linie ver warnt und bedroht wird. Denn das steht außer Zweifel, daß zu den Schaufenstern und Verkaufsräumen, die zur Verhütung der sittlichen Gefährdung der Jugend künftig strenger als bis her überwacht werden sollen, die Ladenbelriebe zählen, die dem Buchhandel und seinen Grenzbezirkcn angehören. Die Zwiespältigkeit der Empfindung und des lirieils, die das erste Lesen und das erste Überlegen dieser Novelle bei jedem nachdenklichen Menschen auslöst, wird bei dem Angehörigen des Buchhandels von besonders hoher Spannung sein. Denn er weiß cs, daß trotz der 88 184 und 184a des Strafgesetzbuches und 56 der G.-O., trotz internationaler Abkommen und Zentralstellen zur Bekämpfung unsittlicher Literatur, trotz Lehrcrvereinen, Vereinen für Jugendpflege und Dürerbund und trotz des heißen Bemühens seiner eigenen beruflichen Körperschaften fein Haus und vor allem seine Nebenhäuser, für die man ihn mit zur Rechenschaft zieht, von der literarischen und bildlichen Kuppelei noch nicht gesäubert sind; er weiß, daß die verächtliche Spekulation auf den unreinen Schautrieb, der auch in der unverdorbenen Jugend freie nicht immer schläft, in manchem Schaufenster noch ihre Fin ger ausstreckt; und er weiß, daß in dieser Beziehung eine schwere Verantwortung auf ihm lastet, für die er sich jeden gesunden und erfolgversprechenden Beistand wünscht. Aber er verwahrt sich da gegen, daß man ihn um der Sünde Weniger willen unter eine lähmende und entwürdigende Zensur stellt; er weiß aus seinen eigenen Heilversuchen auf diesem Gebiete, wie schwer nicht nur die Therapie, sondern auch die Diagnose ist; und er hält ohne Überhebung dafür, daß er mit solcher Anschauung und mit solcher Abwchrstimmung auch der Bildung und Sittlichkeit dient. Mißhören Sie mich nicht: ich weiß, daß es nicht Mißwollen oder Mißtrauen gegen den Buchhandel an sich ist, was diese neue Einschaltung in die G.-O. veranlaßt hat. Die Begründung sagt es ausdrücklich und überzeugend. Und auch darin, was viel wichtiger ist, glaube ich ihr, daß der Geist, aus dem der erste Entwurf der sogen. lex Heinze erstand, an diesem 8 43a der G.-O. nur einen bescheidenen und, wenn es mehr ist, einen unbe wußten Anteil hat. Als damals mit den Stürmen um jenen Entwurf auch die Gefahr seiner Gesetzgebung verweht war, schrieb Wolsgang Kirchbach, dessen Zcugenschaft an dieser Stelle und in dieser Stunde gewiß als unverdächtig gelten wird, einen Epilog und führte darin aus, wie das Anwachsen eines entgeisteten Se xualismus in der Literatur, weniger in der bildenden Kunst, gerade die vorurteilslosesten Männer wieder und wieder mit schwerer Sorge erfülle und wie sich immer stärker die Vorstellung in ihr spiegele und von ihr ausstrahle, als ob der ganze Wclt- lauf sich nur um das Geschlechtsleben bewege; und wie eine solche Täuschung besonders die Köpfe und Sinne der Heranwachsenden verwirre und in Aufruhr setze. Bringen wir solche Gedanken, die uns allen kaum fremd sind, in Verbindung mit der leider siche ren Beobachtung, daß bei unserer männlichen Jugend auch außer halb der Vorstelluugswclt die Bindung der Sinnlichkeit durch das Schamgefühl sich weiter zu lockern geneigt ist, so ergibt sich, daß die Absicht des 8 43a nicht aus kulturtrüber Quelle geflossen zu sein braucht. Das Urteil der Öffentlichkeit würde in dieser Beziehung vielleicht weniger argwöhnisch sein, wenn es nicht genötigt worden wäre, die Dinge im Zwielichte der vielgenannte» polizeilichen Mißgriffe und richterlichen Fehlurteile zu sehe», die besonders in jüngster Zeit, bis zur Korrektur durch das Reichs gericht, die 88 184 und 184a des St.-G.-B. entstellend begleitet haben und durch die das Vertrauen in die Zentralstelle zur Be kämpfung unsittlicher Bilder und Schriften nicht gewachsen ist. Wenn die relativ groben Kriterien jener beiden Gesetzcsparagra- phen aber so vieldeutig sind, wie es sich in jenen Verfügungen und Entscheidungen spiegelt, welchem Auslegungs-Chaos wür- den erst die übcrzarie» Bestimmungen des neuen 8 43a der G.-O. ausgesetzt sein! Der Vertrieb und die Herstellung unzüchtiger Schriften und Abbildungen wird von 8 184, der Verkauf gröblich das Schamge fühl verletzender Schriften und Abbildungen an Personen unter 16 Jahren von 8 184a unter Strafe gestellt. Jedes dieser beiden Verbote enthält in den Worten »unzüchtig« und »das Schamge fühl gröblich verletzend« Begriffe, die geflissentlich hart und ro bust gewählt sind, um sie den Zersctzungsversuchen und Zer setzungsversuchungen einer falschen Auslegung zu entziehe»; in dem beabsichtigten Flicken auf die G.-O. aber vermehren die beiden nebeneinander stehenden und weit unsichereren Zwcifels- begriffe des »Ärgernisses« und der »sittlichen Gefährdung der Jugend« in Verbindung mit einer besonderen Art »der Zur schaustellung« die Möglichkeit des Irrens in geometrischer Pro gression. Mit so starken Mitteln und in gewiß gutem Glauben die Begründung des vorliegenden Paragraphen-Entwurfs die Deutung hintanzuhalicn sucht, als handle cs sich um ein Wieder aufleben des 8 I84a in seiner ersten, 1906 verworfenen Fassung, dasGefäß dieses neuenVerbois, mag es demGeist und dcnAbsich- ten nach aus anderem Metall und mit anderem Hammer ge- fertigt sein, ist weiter und dehnbarer als dasjenige der da maligen Bestimmung, die den bedrohte, der, in der »Ab sicht, das Schamgefühl zu verletzen, Schriften, Abbildungen oder Darstellungen an öffentlichen Straßen in Ärgernis erregender Weise ausstellte«. Dort »an öffentlichen Straßen«, hier »in Auslagen inner halb der Verkaufsräume«; dort »die Verletzung des Schamge fühls in ärgerniserregcnder Weise« als das begriffliche Rea gens des Entwurfs von 1900; hier die Erregung von »Ärgernis wegen sittlicher Gefährdung der Jugend« als Prllfungsmerkmal des neuen. War damals die Wirkung des strafbegründenden Ärgernisses aber nur au das Objekt, an den zur Schau gestellten Gegenstand gebunden, so kann nach der neuen Bestimmung der G.-O. auch mit Dingen gesündigt werden, die an sich einer sitt lichen Beanstandung nicht unterliegen. Gewiß, es können nicht nur unkeusche, es können auch kcuschc Dinge, Gegenstände reinster Kunst oder strengster Wissenschaft lichkeit so zur Schau gestellt werden, daß sie die Sinne lüstern machen, statt sic zu veredeln oder zu vergeistigen; daß sic inson- 501
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