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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.08.1919
- Strukturtyp
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- Band
- 1919-08-15
- Erscheinungsdatum
- 15.08.1919
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- Deutsch
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- Saxonica
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der Presse wurde sie als unamerikanisch gebrandmarkt und das gesamte Deulsch-Amerikanertum dadurch langsam aber sicher iso liert. Dies war der politische Hintergrund für meine buchhänd lerische Tätigkeit der letzten Jahre. Durch frühere Berichte von anderer Seite sind die Leser des Börsenblattes von Vorgängen im amerikanischen Buch handel unierrichtet worden bis zur vollständigen Blockade im Frühjahr 1916, indessen sind vielleicht einige buchhändlerische Belege zu meiner Schilderung der Verhetzung von Interesse. Da ich von Anfang au als Deulscher unsere Firma in den Dienst der Aufklärung stellte, organisierte ich in Boston zwei Monate nach Beginn des Krieges, also im Oktober 1914, einen Straßenverkaus der Broschüre »I7»tb adout Oei-manz-« und »Vital Issus», einer der oben erwähnten deutschfreundlichen Wochenschriften, und lies; sie ausrufen von 75 Jungen, wie das in Amerika Mode ist. Die Jungen erhielten den vollen Erlös ihrer Verkäufe und noch 50 Cents extra für jeden Verkaufstag. In der ersten Woche wurden mehrere Tausend Exemplare verkauft, aber von Woche zu Woche mehrten sich die Anfeindungen auf der Straße derart, daß die kleinen Verkäufer den Mut verloren. — Die Firma Chapple in Boston verlegte im Oktober 1914 das verdienstvolle Buch des amerikanischen Konsuls Thompson in Aachen, in der dieser nachwies, daß die in der Verhetzungskampagnc so ansgc« schlachteten Greueltaten der Deutschen in Belgien niemals be gangen worden seien. Herr Chapple klagte mir, daß der Buch handel sich durchaus ablehnend gegen dieses doch so wichtige Werk verhalte, und die Bostoner Buchhandlungen hätten im ganzen weniger als 20 Exemplare bestellt. Die einflußreiche Kundschaft liebe es angeblich nicht, derartige Bücher in der Aus lage zu sehen! Daß es damals immerhin noch zahlreiche Ameri kaner gab, die Willens waren, sich belehren zu lassen, zeigte der Umstand, daß unsere Firma dann in wenigen Wochen durch Postversa.nd über 400 Exemplare verkaufte. Nur Bücher sehr be kannter Schriftsteller, wie Burgeß und Münsterberg, konnten sich im Buchhandel durchsetzen trotz der gehässigen Preßkommentare. Der Buchhandel und die gesamte Vertriebsorganisation des Zeit schriften- und Buchvcrlags unterstützten die Presse in wirkungs vollster Weise. Die Erfahrung zeigte indessen, daß wir mit einem jeden deutsch-freundlichen Buche in der mundtot gemachten Minorität einen großen Abnehmerkreis hatten. Die deutsch feindliche Majorität agitierte mit tausend Mitteln, bis schließ lich alles geglaubt wurde, was das Vorurteil gegen das »herrsch süctige, die Freiheit bedrohende« Deutschland nährte. »Unkomicksck Erkenntnis geleitet beeinflußt der Angelsachse die öffentliche Meinung seit Jahrhunderten. Entwickelte sich auf der einen Seile eine stetig intensiver werdende Ablehnung alles Deut schen, so war die Minorität, besonders die Deutsch-Amerikaner, um so mehr bereit, alles aufzunehmen, was aus Deutschland kam, Bcvülkerungsschichten, die nie Bücher gekauft hatten, wurden zu eifrigen Bücherkäufern. Mit Beginn der vollen Blockade im Mai 1916 mußten na türlich viele Firmen, die lebhafte Beziehungen zu Deutschland gehabt hatten, sich anderweitig betätigen oder müßig das Ende des Krieges abwarten. Die anderen fremdsprachlichen Ab teilungen unseres Geschäfts wurden schon längst vom Publikum boykottiert, und die französische Kriegsliteratur war sowieso für deutsche Buchhändler zum Vertrieb unmöglich. Das deutsche Lager war zusammengeschmolzen durch umfangreiche Lieferungen an die Hilfsaktion in Tientsin sChina), die durch das amerikanische Rote Kreuz die sibirischen Gefangenenlager mit dem Nötigsten versorgte. Was in Asien an deutschen Büchern mobil gemacht werden konnte, ist Wohl alles den Gefangenen zugute gekommen und ziemlich viel aus Amerika, obwohl längst nicht genug. Ich habe nach besten Kräften Privatbibliotheken gesammelt und auch Bücher in allen Teilen des Landes zusammengekauft bis zum Herbst 1917, wo der Handel mit dem Feinde verboten wurde. Dadurch hatte ich öfters Gelegenheit, festzustellen, daß nur noch die Firma Stechert über ein erhebliches wissenschaftliches Kommissionslager verfügte. Das Verlangen der Gefangenen nach sprachlichen Lehrbüchern konnte schon lange nicht mehr befriedigt werden. So nahte also im Jahre 1916 für die Deutschen und Deutsch- Amerikaner ein bücherloses Weihnachtsfest heran, bis wir elek trisiert wurden durch die Nachricht, Kapitän König sei mit der »Deutschland« in New London angekommen und habe uns ein Weihnachtsgeschenk in Form eines Manuskripts seiner Beschrei bung der ersten Reise miigebracht, sowie einer englischen Über setzung derselben von Bayard Hale. Beide Ausgaben erschienen bei Hearst rechtzeitig für das Weihnachtsgeschäft und wurden in 40 000 Exemplaren verkauft. Der Buchhandel verhielt sich trotz der Bewunderung, die die Presse dem prächtigen Kapitän zollen mußte, ablehnend, und in der Hauptsache wurde der rasche Absatz für beide Ausgaben des Buches erzielt durch deutsche Organisationen, besonders die zahlreichen Bazare zum Besten der deutschen Witwen und Waisen, die damals im Gange waren. Neben einem Kommissionsvertage erfolgreicher medizinischer Bücher und einer vielbändigen Geschichte des Krieges, hatte ich im Herbst 1916 eine englische Übersetzung von Professor Eduard Meyers »England, seine politische Entwicklung und der Krieg gegen Deutschland« verlegt und war angenehm überrascht, als der Vertriebsleiter von Hearst sich erbot, den buchhändlerischen Vertrieb für diese und andere Bücher, zunächst von Mückes »Ayesha« und »Emden«, die in deutscher und englischer Sprache erscheinen solljen, durch die neu zu gründende veutscbl-mck Lomp-M)- in New Vork zu übernehmen. Die Wiederaufnahme des verschärften 11-Bootkrieges war von der deutschen Regierung für den Februar >917 festgesetzt worden, und die Gereiztheit der Presse stieg, je näher wir diesem Zeitpunkt kamen. Die einzigen Deutschen, die während des Krieges den Anglo-Amerikanern aufrichtige Bewunderung ab gerungen hatten, waren Kapitän König und die Führer sowie die Mannschaft der »Emden«. So sollte denn noch in zwölfter Stunde ein Versuch gemacht werden, die Taten dieser Tapferen zur Kenntnis weiter Kreise zu bringen. Die Presse schilderte neuerdings den deutschen Menschen als halbzivilisierten Wilden und wies an der Schädelbildung Hindenburgs nach, daß ein solcher Mensch edler Regungen unfähig sei. Es wurde ein Kata log gedruckt, der hauptsächlich aus ausführlichen Beschreibungen unserer Bücher bestand und auch die wenigen anderen Über setzungen aus dem Deutschen umfaßte, die in New Uork er schienen waren. Die Briefe, die ich dann während der vier wöchigen Geschäftsreise aus allen Teilen des Landes erhielt, klangen recht optimistisch. Besonders im Mittelwesten war das Interesse noch lebhaft, und die erste Auflage beider Ausgaben der »Ayesha« war durch Bestellungen erschöpft und das Buch von der Presse glänzend besprochen worden, als der V-Boot- krieg wieder einsetzte. Die zweite Auflage war bereits im Druck, wie auch die beiden Ausgaben des »Emden«-Bandes, die z. T. durch Vorausbestellungen gesichert waren. Die letzteren kamen erst zum Versand, als Amerika bereits im Kriege war, und damit glaubte ich meine Kriegsbllcher-Serie zum Abschluß gebracht zu haben, da ich als Deutscher mich nun ruhig verhalten mußte. Nur das Mcyersche Werk zog ich indessen aus dem Handel zurück. Es kam aber anders, als ich wollte. MeinVertriebsleiter scheutesich als Amerikaner nicht, die Serie auf eigene Faust fortzusetzen, und veröffentlichte noch den »Fremdenlegionär«, die »Bölcke- Berichte« und »Zeppelin« über England«, jedoch nur in deut schen Ausgaben, geriet mehr und mehr in Schulden und mit sich selbst in Zwiespalt, da sein Sohn als Offizier nach Frankreich ging. Am 27. Oktober 1917 schrieb er mir noch von einem Brooklyner Hotel aus und stürzte sich eine halbe Stunde später vom zwölften Stock auf die Straße. So mußte ich seine Firma und Bestände, die auch den Rest der Auflage des Königschen Buches einschlossen, an Zahlungsstatt übernehmen. Ich hatte nun einMonopol für neue deutscheBttcher in Amerika, vielleicht auf der ganzen Erde außerhalb des blockierten deutschen Sprachge biets? Im ganzen waren es sechs Bücher, ein schwach basiertes Monopol, und niemand verlangte nach meinen Ware»! Deutsch- Amerikaner gab es nicht mehr. So suchte ich denn Beziehungen zu den Deutschen in Südamerika anzuknüpfen und fand ziemlich reges Interesse in Chile, Brasilien und Argentinien, sogar aus Japan erhielt ich eine gute Bestellung von einer Firma, die mir früher einen Teil meines medizinischen Lagers abgekauft hatte. Während der Weihnachtszeit lebte auch das Interesse
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