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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.11.1919
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1919-11-04
- Erscheinungsdatum
- 04.11.1919
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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Redaktioneller Teil. Sächsisch-Thüringischer Buchhändler- Verband E. V. Bericht über das Geschäftsjahr 1918/19. Erstattet auf der 33. ordentl. Verbandsversammlung in Friedrich roda am 21. September 1919 vom Vorsitzenden WaltherJäh. Sehr geehrte Herren Kollegen! Als wir uns im letzten Jahre fast am gleichen Tage in Weimar zusammenfanden, da ahnte noch niemand, daß diese für die Geistesgcschichte der Deutschen so bedeutsame Stadt in kurzer Zeit dazu berufen sein würde, auch in der politischen Geschichte des Deutschen Reiches eine wichtige Rolle zu übernehmen, und diejenigen Kollegen, die am Sonntag abend das Weimarer Hof- lheater aufsuchten und der ersten Vorstellung der Winterspiel zeit beiwohnten, ließen es sich nicht träumen, daß diese Stätte der Kunst nur wenige Monate später die Nationalversammlung der deutschen Republik ausnehmen sollte. — Eine Welt trennt uns von dem Tage, an dem wir uns zuletzt vereinigten. Schon hatte sich der Himmel mit dunklen Wolken umzogen, und Wohl fast alle Teilnehmer unserer vorjährigen Verbandsversammlung ahnten bereits, daß uns Schweres bevorstand. Niemand von uns allen aber hat sich einen Begriff machen können von der Schwere des Schicksals, das über uns Hereinbrechen sollte. Mehr als vier Jahre lang hatte die Gesamtheit des deutschen Volkes in einem Existenzkampf ohnegleichen alles eingesetzt, sich selbst, zu behaupten. Nun wurde der militärische Zusammenbruch zu einer Katastrophe, die das alte und doch noch so junge deutsche Kaiser reich mit hinwegriß. Run ist uns nichts geblieben als die dank bare und nie genug hochzuhaltende Erinnerung an all das Große und Erhebende, das unser Volk mit unvergänglichem Hel dentum während dieses schweren Ringens geleistet hat. Eine spätere Zeit erst, die wieder mehr Abstand zu den Dingen der uns heute bedrängenden Gegenwart gefunden hat, wird die ganze Größe des Geleisteten und Erduldeten zu überschauen und die tiefe Tragik des deutschen Schicksals in vollem Umfange zu empfinden vermögen. Aus einem mächtigen, vorwärtsstreben den, in allen Erdteilen, wenn auch vielfach widerwillig, ange sehenen Reiche, das darauf hoffte, im friedlichen Wettbewerb der Völker kraft der Intelligenz und der Arbeitsamkeit seiner Bürger noch Großes in der Welt und zum Nutzen der Welt erreichen zu können, ist ein gedemütigtes, verarmtes und verge waltigtes Volk geworden. Wohl allen von uns ist dabei noch das Bitterste, daß sich weite Kreise unseres Volkes vor ihren eigenen Volksgenossen und vor den Augen der ganzen Welt noch verächtlich machen durch ihren Drang nach Vergnügungen aller Art, die so wenig passen wollen zu den ungeheuren Verlusten an Gut und Blut, die die Gesamtheit erlitten hat, und zu all dem Schweren, das uns noch bevorsteht. Wir leben in einer ent- göttcrten Welt, aus der alle Ideale entschwunden sind, und nur der Drang nach materiellen Dingen scheint die Seelen zu be herrschen. Da ist es denn die Aufgabe jedes einzelnen unserer Berufsgenossen, zu seinem Teile dazu beizMragen, daß unser Volk sich wieder auf sich selbst besinnt, und daß besonders das deutsche Schrifttum mit ernster Sorgfalt Mithilfe leiste beim Wiederaufbau einer besseren Zukunft. Jeder deutsche Buchhändler der es ehrlich mit seinem Volke meint, sollte sich, ein gedenk der ernsten und wichtigen Aufgabe seines Berufs, davon fernhallen, bei der Verbreitung einer Literatur mitzuwirken, die in sittlicher Beziehung unserem Volke zu schwerem Schaden gereichen muß und die unter dem Schutze der neuerrungenen »Freiheit« sich üppiger als je zuvor zu'entwickeln beginnt. In einem merkwürdigen Gegensatz zur wirklichen Lage des Reiches befinden sich heute noch große Teile des Wirtschafts lebens. Während man annehmen sollte, daß neben regstem Fleiße nur die größte Sparsamkeit uns über die jetzige Krisis hinwegbringen könnte, fehlt es vielfach sowohl an dem einen wie der anderen. Die Leichtigkeit, mit der heute auch von früher sehr sparsamen Leuten ohne Bedenken große Summen — und nicht immer nur für die würdigsten Dinge — ausge geben werden, läßt sich nicht ausschließlich durch die beispiel lose Entwertung des Geldes erklären. Sie beruht zu einem großen Teile doch auch auf der Erwägung, daß es im Gegen satz zu früher heute keinen Zweck mehr hat, vornehmlich für die Aufspeicherung von Kapitalien zu arbeiten, die in der einen oder anderen Form doch dem Zugriff des Staates ausgesetzt sind. So bedenklich diese Erscheinung volkswirtschaftlich und aus nationalen Gründen auch sein mag, so hat sie doch wenigstens für den Augenblick das Gute, uns über die eigentliche Schwere unserer wirtschaflichen Lage hinwegzutäuschen. Vielleicht ist gerade dieser starke Geldumlauf das einzige Mittel, das Wirt schaftsleben in Gang zu halten, und wir Buchhändler wollen uns jedenfalls freuen, daß wir auch unser Teil von der Kauf freudigkeit des Publikums abbekommen haben. Auf dem Ge biete des Buchhandels haben sich ja während des Krieges die Dinge ganz anders entwickelt, als vorauszusehen war. Man nahm an, unser Beruf, der ja vorzugsweise nicht »Gegenstände des täglichen Bedarfs« anzubietcn habe, werde der Verlänge rung des Krieges entsprechend immer bedeutendere Umsatzrück gänge zu verzeichnen haben. Infolge des Mangels an anderen Geschenkartikeln, wohl aber auch infolge der Schwere der Zeit, die viele Volksgenossen in der Heimat und draußen dem Buche zufllhrte, konnte jedoch der Buchhandel in den letzten Jahren des Krieges auf bedeutende Umsatzsteigerungen mit Genugtuung blicken. Und erfreulicherweise ist diese steigende Tendenz auch nach einer infolge des Eintritts der Revolution hervorgerufenen vorübergehenden Stockung erhalten geblieben. Ob diese Be hauptung auch für die jüngste Zeit noch zutrifft, vermag ich nicht ohne weiteres zu entscheiden. Sicher ist, daß durch di« Aufhebung der Blockade zahlreiche Gegenstände den Wettbewerb mit dem Buche wieder ausgenommen haben. Es wird sich nun zeigen müssen, ob die Neigung zum Buche auch in Zukunft diesem Wettbewerb standhält und ob das Publikum, dessen Fi nanzkraft ja in nächster Zeit in noch nie dagewesener Weise durch Steuern und Abgaben in Anspruch genommen wird, noch Geld und Neigung genug behält, seine Gunst auch weiterhin dem so außerordentlich verteuerten Buche zu erhalten. Di« Dinge mögen sich nun so oder so entwickeln, uns bleibt nichts anderes übrig, als mit Fleiß und Eifer das uns zugewiescne Feld zu bebauen, und gleich dem Landwirt wissen wir heute noch nicht, welche Ernte wir für uns in die Scheuern bringen werden. 973
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