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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.10.1919
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1919-10-27
- Erscheinungsdatum
- 27.10.1919
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1919
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Redaktioneller Teil. 296, 27. Oktober 1919. Ansittliche Literatur. In verschiedenen buchhändlerischen Versammlungen — zuletzt noch auf der Zusammenkunft der Vorsitzenden der Kreis, und Ortsbereine in Würzburg — ist Klage über das Überhand nehmen anstößiger Inserate im Börsenblatt geführt worden. Ihr Gegenstück finden diese Klagen in Beschwerden an den Ausschuß aus dem Kreise der Anzeigengeber über die Verweigerung der Ausnahme von Inseraten, die von der Redaktion des Börsenblatts als anstößig angesehen werden. Dadurch ist der Aus- schuß für das Börsenblatt als das vom Vorstand des Börsenvereins mit der Wahrung der Interessen des Börsenblatts be traute Organ in die Notwendigkeit versetzt, zu dieser Frage öffentlich Stellung zu nehmen und sich zu den von der einen wie von der anderen Seite erhobenen Beschwerden zu erklären. Mit aufrichtigem Bedauern und wachsender Sorge hat der Ausschuß für das Börsenblatt seit dem Zusammenbruch unseres Reichs eine Literatur erstehen sehen, die er weder in Einklang zu bringen vermag mit dem Wohle unseres Vaterlandes, noch mit den Aufgaben, die dem deutschen Buchhandel in dieser schweren Zeit erwachsen, in der es gilt, alle Kräfte zu Sittlich, keit, Zucht und Ordnung aufzurufen, um wieder zu erträglichen Zuständen zu gelangen. Statt in diesem Sinne sich um die Wiederaufrichtung unseres Vaterlands zu bemühen, glauben einzelne Verleger, den Fäulnisprozeß, von dem unsere Zeit ergriffen ist, auch in dle Literatur hineintragen zu müssen, ohne zu bedenken, daß, wer Wind säet, Sturm ernten wird. Be- sonders bietet die Betonung des Geschlechtlichen, in der sich viele unserer zeitgenössischen Schriftsteller gefallen, diesen Verlegern Gelegenheit zu einer Reklame, die sich in der Hervorkehrung und Ausmalung des Indezenten nicht genug tun kann und an sich unzüchtig oder anstößig wirkt. Wir verkennen nicht, daß unter der auf diese Weise angepriesenen Literatur sich auch harmlose Schriften befinden, denen durch eine bombastische, die sinnliche Begierde anreizende Reklame der Kreis ,literaturbedürftiger »Lebemänner« und solcher, die es werden wollen, erschlossen werden soll. Bei der Beurteilung dieser Literatur und ihrer Anzeigen heißt es schon deshalb: mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen, als von der Redaktion des Börsenblatts und dem Buchhandel nur nach den verlegerischen Anzeigen geurteilt werden kann als den einzigen ihnen zur Beurteilung gegebenen Anhaltspunkten. Ist das Wohl des Vaterlandes der Maßstab, mit dem unser sittliches Verhalten gemessen werden muß, so mutz auch gegen «ine Literatur Front gemacht werden, die geeignet ist, unser Volkstum zu zerstören und seine Gesundheit zu untergraben. Ohne die Buntheit und Vielgestaltigkeit unseres Lebens zu verkennen und das Recht des Schriftstellers anzUtasten, halten wir uns für verpflichtet, gegen anstößige Anzeigen einzuschreiten, gleichviel, ob hinter ihnen ein unzüchtiges oder anstößiges Buch steht, oder ob nur dieser Eindruck durch die Anzeigen Herborgerufen wird. Die schillernde Begriffsbestimmung von »unzüchtig, anstößig, unanständig« usw. wird uns auf diesem Wege so wenig aufhalten, wie der Vorwurf der Mißachtung von Freiheit in Literatur und Kunst, der mit Vorliebe gerade von jenen erhoben wird, die ein Mäntelchen am dringendsten brauchen, um damit die literarischen und künstlerischen Blößen ihrer Erzeugnisse zu bedecken. Es hieße den Begriff der Unsittlichkeit verengen, wollte man ihn ausschließlich auf sexuelles Gebiet beschränken. Ob wohl sich der Börsenverein auf den Boden der gegebenen Tatsachen gestellt hat, können wir es nicht mit den Aufgaben seines Or gans vereinbaren, durch Aufnahme von Anzeigen bei dem Vertrieb von Büchern mitzuwirken, die auf eine Herabsetzung unseres Volkes oder auf die Beschimpfung (nicht Beurteilung I) einzelner, vielen Deutschen noch heute verehrungswürdiger Männer gerichtet sind und keinen andern Zweck verfolgen, als Deutschland noch tiefer in den Sumpf zu ziehen und seinem Ansehen in der Welt zu schaden. Es genügt, wenn diese, meist aus dem Auslande und dort aus recht trüben Quellen stammende Literatur in der Bibliographie verzeichnet wird, falls ein deutscher Sortimenter mit ihrer Besorgung betraut werden sollte. Reklame hafte Anzeigen darüber in das Börsenblatt aufzunehmen, hieße nichts anderes, als sich an einer Irreführung des Sortiments beteiligen, das in Kenntnis der wahren Natur dieser Schriften und der Absichten ihrer Verleger und Verfasser schwerlich sich für sie einsetzen würde. Viel zu der eingetretenen Verwilderung unserer Literatur hat die Anschauung beigetragen, daß »die Zensur aufgehoben« sei. Ganz abgesehen davon, daß hier ein nicht recht verständlicher Irrtum vorltegt — aufgehoben sind nur die durch den Krieg veranlaßlen Zensurvorschristen —, entstände dann nicht die Frage, ob der Buchhändler unter solchen Umständen sein Tun und Lassen nicht erst recht unter die eigene Verantwortung zu stellen, noch strenger zu prüfen hätte, ob Fluch oder Segen für unser Volk aus der von ihm vertriebenen Literatur erwächst? Oder ist die moralische Vergiftung, die sich auf Hunderttausende Volksgenossen erstrecken kann, etwa damit zu entschuldigen, daß sie, wenn überhaupt, schwerer durch das Gesetz zu fassen ist als die leibliche Beschädigung? So sehr wir die Leser des Börsenblatts bitten, jede Überempfindlichkeit beiseite zu lassen, da sie doppelt gefährlich in einer Sache ist, die so sehr in die Sphäre subjektiver Anschauungen hinüberspielt und oft erst durch die begleitenden Um- stände ihren wahren Charakter erkennen läßt, so eindringlich richten wir an den Teil des Verlags, dem diese Ausführungen in erster Linie gelten, die Mahnung, uns unser ohnehin nicht leichtes, dafür aber um so undankbareres Amt nicht durch Über weisung von Anzeigen an die Redaktion des Börsenblatts zu erschweren, die weder ihm selbst, noch dem Börsenblatt zur Ehre gereichen. Bestimmt, den Interessen des deutschen Buchhandels zu dienen und ein möglichst übersichtliches Bild der lite rarischen Erscheinungen zu bieten, kann das Börsenblatt nicht das, was der Anstand im öffentlichen Leben in den Hinter grund verweist, sich nach Lust und Laune spekulativer Unternehmer in seinen Spalten breit machen lassen. Leipzig, den 25. Oktober 1919. Der Ausschuß für das Börsenblatt. Paul Li st. Oscar de Li ag re. Paul Eger. vr. Hermann von Hase. 946
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