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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.08.1919
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1919-08-22
- Erscheinungsdatum
- 22.08.1919
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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.V: 180, 22. August 1919. Redaktioneller Teil. kennen, und so manche ernste und lustige Neportcrstückcheli habe ich damals mit vollfiihren helfen. Als ich in den ersten Angnsttagen 1894 von Amerika znriickkam, riet mir mein alter Vater, der die Tätigkeit des ältesten seiner 19 Kinder mit einer gewissen Bewunderung, aber auch mit Beunruhigung verfolgt hatte, nun endlich einmal eine feste Stellung in einem deut schen Geschäft anznnehmen. Dann aber besuchte ich den Mann, der die eigentliche Triebfeder meiner bnchhändlcrischen Tätigkeit wurde: Joses Kürschner. Bereits in Wien, wo er als Vertreter Württembergs in der Ausstellung tätig war, hatten wir uns kennen und schätzen gelernt. Als ich ihn in Eisenach anfsnchtc, stand er gerade im Begriff, einen neuen Verlagsvertrag über sein früher bei Spemann erschienenes Quart-Lexikon abzuschlieszen. Ich erzählte ihm von meinen Erfolgen durch den Zcitnngsvertrieb in Amerika. Der deutsche Buchhandel war mir ja völlig fremd, und so gingen wir denn an den Vertrieb von Kürschners Universal-Konversations-Lexikon, dem unzweifelhaft billigsten und besten Lexikon, das je erschienen ist. Am 22. August 1894 gründeten wir die Firma Hermann Hillgcr Verlag in Berlin mit dem Erfolge, das; bereits zu Weihnachten, also wenige Monate später, über 150 000 Exemplare verbreitet waren. Daran schlos; sich die Herausgabe von Kürschners Fünf-Sprachen-Lexikon und anderen Büchern. Meine Beziehungen nach dem Anslande habe ich niemals einschlafen lassen, und so kam es, daß ich mich um die Jahreswende 1895/96 in London wicderfand und in Verhandlungen mit den »Times- über die Herausgabe von Kürschners Quart-Lexikon in Englisch trat. Der Vertrag lag bis auf die Unterschrift fertig vor, da platzte wie eine Bombe das Telegramm des Kaisers an Präsident Krüger hinein, und der Präsident der »Times« war nicht mehr für mich zu sprechen, »sagte gar nichts weiter, sundern wandte sich, das; ich bewundern nur noch seinen Rücken knnnt«. — Völlig zerschlagen von diesem Miß erfolg ging ich. nach Piccadilly hinunter und hörte dort mit einemmale Hunderte von Zeitungsjungen ausbrüllen: »Der Graf von Monte Christo, jeder Band 1 Penny«. Ich kaufe mir ein Exemplar und sehe, das; der spekulative englische Verleger Dumas, »Graf von Monte Christo« in Depeschenkürze gedruckt, in vier Teile zerlegt und jeden Teil für 8 Pf. in Millionen-Anslagen durch den Strastenhandcl ab- sctzt. Das war die Anregung zu dem Gedanken, auch in Deutschland wirklich gute Erzählungsliteratur zu billigen Preisen herausznbringen, eine Idee, die Kürschner mit der ihm eigenen Begeisterung aufgrisf. Wieder wurden , die Zeitungen zu Vermittlern, und im August 1890 bereits konnte die erste Nummer, ein Noman in handlichem Bnchsormat von Arthur Achleitner, für 20 Pf. dem deutschen Publikum geboten werden. Es war ein beispielloser Erfolg. Hunderttausende wurden von den ersten Nummern abgcsetzt, aber mit dem Erfolg kam auch der Kampf des Buchhandels, der seine wohlerworbenen Rechte schützen wollte und mit allen Kräften gegen den Zeitungsbuchhandel vorging. Sehr bald erkannte ich, das; ich nicht mein Geschäft anfbaucn konnte ans einem dauernden Kamps mit dem Buchhandel. Ich lernte die historischen Zusammenhänge und das Recht des Sortimenters ans den Vertrieb kennen und wurde aus dem Saulus ein Paulus, ein begeisterter Buch händler und Kämpfer für die Rechte des Buchhandels. Wie der Buchhandel mir diesen Schritt gedankt hat, das beweisen die in über 150 Millionen Bänden verbreiteten 1250 Nummern von Kürschners Bücherschatz, der, weil er Werke der besten, deutschen und ausländi schen Schriftsteller bringt, von der Presse als billigste und beste 11n- terhaltungsbibliothet der Welt bezeichnet wurde, die wie kaum eine andere Sammlung das Gemeingut aller Deutschen auf dem ganzen Erdenrund geworden ist, wozu meine vielen Reisen im Ausland na türlich besonders beigetragen haben. Es gibt wohl in der ganzen Welt kaum einen deutschen Buchhändler, den ich nicht persönlich anf- snchte, um so die Forderungen des Tages kennen zu lernen. Viele andere Büchereien und Bücher konnte ich noch mit Josef Kürschner schaffen, unter denen Kürschners Jahrbuch wohl das bekannteste ist, bis er, der Unermüdliche, im Jahre 1902, viel zu früh die Augen schloß, sodas; ich nun neben der geschäftlichen auch die literarische Lei tung meines Verlags zu übernehmen gezwungen war. Damals grün dete ich die heute 150 Nummern umfassende volkstümliche Samm lung »Bücher des Wissens«, herausgegebcn von einer Vereinigung unter dem Schutze 5cs Königs von Württemberg, und später in Gemein schaft mit den Prüfungsausschüssen und dem Dürerbnnd das be währte Kampfmittel gegen die Schundliteratur, die Deutsche Fu ge n d b ü ch c r e i. Es ging ständig voran. Die Krönung meiner buchhändlerischen Tä tigkeit erblickte ich in den Feldb u chhanöl u n g c n. Im November 1914 hatte ich dem Kronprinzen den Gedanken nahegclegt, für die Zeit des Stellungskrieges Feldbnchhandlnngcn zu errichten. Der Kronprinz griff mit der ihm eigenen Energie die Sache ans, und schon wenige Tage später wurde die nötige Grundlage geschaffen. Eine Eingabe an das Kriegsministerium ging ab, die zum Ausdruck brachte, das; die a-nizen Erträgnisse ans den Feldbnchhandlungen dem Roten Kreuz zugute kommen sollten. Als im Februar noch keine Antwort des Kricgsministers da war, nahm mich der Kronprinz eines Tages kurzer hand mit ins Feld und ernannte mich zum Dienstleitcr der Feld- buchhandlungen, eine Stellung, die ich ehrenamtlich bis zum Ende des Jahres 1915 ausübtc, und die mir Gelegenheit gab, nicht nur in der vom Kronprinzen befehligten 6. Armee, sondern auch in den an schließenden Armeen Feldbuchhandlnngcn zu errichten, bis der Ruhm meiner Feldbuchhandlnngen auch in den Osten drang, wo ich in der Heeresgruppe Linsingcn, an der ganzen Front von Warschau bis Lem berg Fcldbnchhandlungeu errichtete. Erst im April 1915, als wir schon über 50 Feldbuchhandlnngcn mit größtem Erfolg in Betrieb hatten, kam die für den Geist des grünen Tisches charakteristische Antwort ans dem Kriegsministcrinm: »für Feldbnchhandlungen absolut kein Bedürfnis Vorhände n«. In der Weihnachts zeit 1915 brachte dann eine vom Gencralguarticrmcister berufene Kom mission feste Leitsätze für den Feldbuchhandcl des ganzen Feldheeres, die meiner bis dahin ehrenamtlichen Tätigkeit ein Ziel setzten. Ans Wunsch des Kronprinzen wurden mir aber auch weiter die Fcldbuch- handlnngcn der 5. Armee und ein Teil der 3. Armee unterstellt. Dazu habe ich noch für meinen leider so früh verstorbenen Freund und Mitarbeiter Hermann Zieger die Feldbnchhandlnngcn der 4. Armee an der ganzen Flandern-Front eingerichtet, ebenso im Generalgouver nement Warschau, in der rumänischen Dobrndscha. Auch wurde ich wäh ren der Kriegsjahre viel von einzelnen Armeen als Gutachter für Feldbnchhandlungen herangczogen. Schließlich erreichte die Zahl der von mir persönlich eingerichteten Feldbuchhandlnngen die Ziffer von über 300, die znm großen Segen für unser kämpfendes Heer arbeiteten und deren Millioncnüberschüsse den Armeen ermöglichten, in umfassendster Weise Wohlfahrtseinrich- tungcn für die kämpfenden Truppen einznrichten. Mein Streben wurde von der Heeresleitlung anerkannt durch die im vorigen Herbst erfolgte Verleihung des Eisernen Kreuzes. Wenn ich auf die ersten 25 Jahre bnchhändlerischer Tätigkeit zn- rückschane, so kann ich nur mit dem Psalmistcn sagen, das; sie köstlich gewesen sind, weil sie Mühe und Arbeit gebracht haben. Die Vor bilder meines Vaters, meines Lehrherrn und meines Freundes Kürsch ner stählten mich im Kampf ums Dasein. Mein Lebenslauf ist der unzweideutigste Beweis, wie auch unter dem zurzeit so viel gelästerten früheren Regime ein einfacher Mensch mit gesunden Sinnen, Pflicht treue und eisernem Fleiß seinen Weg in die Höhe nehmen konnte, daß auch in den Zeiten vor 1914 freie Bahn jedem Tüchtigen in Deutschland offen stand. Es ist nicht immer so glatt gegangen, wie es diese schmucklosen Zeilen etwa erscheinen lassen. Durch viele Irrungen und Wirrungen mußte ich hindurch, so mancher falsche Rnderschlag brachte mein Lebcns- schifflein beinahe zum Stranden, aber »in wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über mir Flügel gebreitet«. Und nun beim Abstieg meines Lebens stürmt die schwere Zeit ans mich und die mir anvertrnnten Angestellten meines Verlags noch einmal ein. Noch einmal gilt es, alle Kräfte zusammenznrasfcn. Wenn wir doch alle in Deutschland endlich zu der Einsicht kämen, daß noch nichts erkoren, noch alles zu gewinnen ist, wenn wir für die nächsten Jahre jede Partcipolitik verbannen, einer für alle, alle für ein Vaterland arbeiten! Aber ich befürchte, das Rezept ist zu einfach, zu erfolgversprechend, als daß der kranke Organismus unseres Volks lebens einmütig danach handeln wird. Und doch hilft sicher nur eins: »Arbeiten und nicht verzweifeln«. Hermann H i ll g e r. Kleine Mitteilungen. Zum Streik im Leipziger Buchhandel svgl, Nr. 17V, 172, 174 u. l78>. — Am Lv. August haben die Einigungsverhandlnngcn vor dem SchlichtungSausschnß begonnen. Der von diesen, in seiner Sitzung vom gleiche» Tage gefällte Schiedsspruch lautet wie solgt: 1, De» Parteien wird ausgegcben, sofort über den Abschluß des beabsichtigten Tarifvertrags in gemeinsame Verhandlungen cinzn- trcten und diese Verhandlungen spätestens bis zum 15, September dieses Fahres zu Ende zu sührcn, 2, Bei diesen Verhandlungen ist ausgehend von dem bisherige» Tarife bei der Klasseneinteilung der Angestellten außer dem Lebens alter »nd der Vorbildung auch die Leistung und Beschästigungsart entsprechend zu berücksichtigen, 1, Sollten die Parteien über den oder jenen Punkt des neuen Tarifvertrags eine Einigung nicht erzielen, so wird ihnen anheim- gcgebcn, erneut den Schlichtungs-Ausschuß anzurufen, 4, Sollten die Verhandlungen über den neuen Tarif bis zum ' 15, September ISIS z» einer Einigung noch nicht geführt haben, so ist dem neuen Tarifvertrag rückwirkende Kraft vom 15, September ab zu verleihen. 727
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