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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.12.1918
- Strukturtyp
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- 1918-12-19
- Erscheinungsdatum
- 19.12.1918
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. A» 293, 19. Dezember 1918. des Volkes ist, der diese Wertschätzung sür das Buch hegt: das ist leider eine unleugbare Wahrheit. Weiteste» Kreisen gilt das Buch als ein Luxus, an dem man zuerst spart, wenn man sparen mutz. Gibt es doch sogar »Gebildete«, die sich über die Belastung erbosen, die die Anschaffung der Schulbücher ihrer Kinder für ihr Budget bedeutet, während sie weit größere Beträge für Bier, Tabak und andere »Gegenstände des täglichen Bedarfs«, ohne mit der Wimper zu zucken, aufwcnden. Nicht aus mangelnder Wertschätzung des Buches ist es zu erklären, wenn der Buchhandel sich gegen dessen Unterordnung unter den Begriff der Gegenstände des täglichen Bedarfs wehrt; er tut es vielmehr in der Erkenntnis, daß diese Unterordnung einen Widersinn und eine Ungerechtigkeit bedeutet. Eine Unge rechtigkeit, weil diese Unterordnung die Geltung des Buches in keiner Weise erhöht, Wohl aber dazu dienen soll, dem Buch handel zu verwehren, was er als sein gutes Recht ansieht: wie alle anderen Berufszweige mit seinen Verkaufspreisen sich der allgemeinen Entwertung des Geldes anzupassen, wodurch allein ihm die Überwindung dieser wirtschaftlich so gefährlichen Zeit möglich ist. Er steht in dieser Hinsicht nicht allein; ich werde deshalb meine Erörterungen nicht auf die buchhändlerische Seite der Frage beschränken. Es ist kein Zweifel, daß die Einführung des Begriffs der Gegenstände des täglichen Bedarfs in die Rechtsprechung eine schwere Rechtsunsicherheit geschaffen und zu Gerichtsurteilen ge führt hat, die dem öffentlichen Rechtsbewußtsein geradezu ins Gesicht schlagen. Daß das gar nicht anders sein kann, wird sofort deutlich, wenn man diesen Begriff einmal auf seine Klarheit, seine Eindeutigkeit prüft. Verschwommene Begriffe führen stets zu Unsicherheit und Widersinn; und der Begriff der Gegenstände des täglichen Bedarfs ist geradezu ein Schulbei spiel daillr, wie ein jarunscher Bearlft nicht deschaiien sein Vars. Das überzeugend nachzuweisen soll hier zunächst versucht werden. Es wird dann noch kurz darauf einzugehen sein, wie dem Mangel abgeholsen werden kann, ohne den Zweck der Ver ordnung zu beeinträchtigen, die Bekämpfung des Wuchers. Denn soviel ist selbstverständlich, daß der Wucher mit Büchern genau so zu verurteilen und zu bestrafen ist wie der Wucher mit Ge treide oder Vieh, mit Gemälden oder Juwelen. Hinzusügen muß ich freilich, daß kaum eine Reform mir so dringend er scheint, wie die der Wuchergesetzgebung. Denn die gellende ist offensichtlich ganz ungeeignet, diesen täglich schlimmer wer denden Krebsschaden am Organismus des Volkes auch nur mit der leisesten Aussicht auf Erfolg zu bekämpfen. Das Gefühl dieser Ohnmacht ist Wohl auch die letzte, wenngleich unbewußte Ursache der Versuche, alle möglichen und unmöglichen Dinge unter die Gegenstände des täglichen Bedarfs zu begreifen und so herum den Wucher mit ihnen zu bekämpfen. So lobenswert dieses Beginnen ist, so wenig darf es doch eine Vergewaltigung der Logik und des Rechtsbewutztseins rechtfertigen, die mit Notwendigkeit zur Rechtsunsicherheit aus der einen, zur Miß achtung der Gesetze und Verordnungen auf der anderen Seite führen muß. Die fragliche Verordnung lautet in dem hierher gehörenden Teile: »Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu zehntausend Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: wer für Gegenstände des täglichen Bedarfs, insbesondere für Nahrungsmiiiel und Futtermittel aller Art, für rohe Natur erzeugnisse, Heiz« und Leuchtstoffe sowie für Gegenstände des Kriegsbedarfs Preise fordert, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse, insbesondere der Marktlage, einen übermäßigen Gewinn enthalten, oder solche Preise sich oder einem anderen gewähren oder versprechen läßt.« Schon diese Formulierung ist ganz mangelhaft. Wie ist sie zu verstehen? Dahin, daß unter die Verordnung fallen: 1. Gegenstände des täglichen Bedarfs, insbesondere . . . Futtermittel; 2. rohe Natur-Erzeugnisse, Heiz- und Leuchtstoffe; 3. Gegenstände des Kriegsbedarfs? oder bezieht sich das »insbesondere« auch auf rohe Natur- 75» Erzeugnisse, sodaß diese mit unter den Begriff des täglichen Bedarfs fallen? In letzterem Falle wäre nicht zu verstehen, warum aus der Fülle der Gegenstände des täglichen Bedarfs gerade nur diese hcrausgcgrisfen werden; in elfterem — wahrscheinlicheren — wäre schon damit erwiesen, daß der Gesetzgeber den Begriff der Gegenstände des täglichen Bedarfs unvergleichlich enger gefaßt hat, als es jetzt durch die Auslegung geschieht. Gerade Holz, Kohlen, Petroleum, Gas wird man sehr geneigt sein unter die Gegenstände des täglichen Bedarfs zu rechnen. Tut man das nicht, so wird der Begriff auf einen verhältnismäßig recht kleinen Kreis der verbreitetsten Nahrungsmittel, wie Kartoffeln, Milch, Butter, Fleisch usw. beschränkt, und es könnte sehr Wohl sein, daß der Gesetzgeber nur das im Auge gehabt hat. Jedenfalls aber ist die Fassung nicht eindeutig. Aber sehen wir uns nun den Begriff »Gegenstände des täglichen Bedarfs« einmal genauer an. Er wird gebildet von drei Unterbegriffen: Gegenstände, Bedarf, täglich. Erforschen wir ihre Bedeutung! »Gegenstände«. Der Ausdruck könnte darauf schließen lassen, daß alle ideellen Dinge ausgeschlossen sein sollen. Musik, ärztliche Behandlung, Wohnung, Reisen sind sicher keine »Gegen stände«. Bleiben sie deshalb von der Verordnung unberührt? Man könnte aber auch behaupten, daß mit »Gegenständen« Objekte des Bedarfs gemeint sind, die natürlich ebensogut ide eller wie reeller Art sein können. Weder Verordnung noch Auslegung hat darüber etwas festgelegt. Schon hier also offen bart sich die Unklarheit des Begriffs. Der Begriff des »Täglichen« dagegen erscheint auf den ersten Blick sehr scharf umgrenzt. Aber auch nur bei oberfläch licher Betrachtung. Denn man kann mit dem gleichen Recht be haupten, daß ein »täglicher« Bedarf bei jedem Konsumartikel, wie daß er bei keinem besteht. Geht man vom einzelnen Käufer aus, so hat dieser nicht einmal an Fleisch, Kartoffeln, Bier usw. jeden Tag Bedarf. Hält er keine Fasttage inne, so hat er doch min destens an den verschiedenen Fleischsorten, an Wild, Geflügel bei weitem nicht täglich Bedarf; bei vielen wird es Tage geben, an denen statt der Kartoffeln Hülsenfrllchte oder anderes ge nossen werden. Betrachtet man dagegen ein Volk, oder auch nur eine größere Bevölkerungsgruppe als Ganzes, so besteht in ihr nicht nur sür die allernotwendigsten Nahrungsmittel, sondern für alles ein »täglicher-« B.-darf; für den Luxuskonsum so gut wie für die Gegenstände, die der Befriedigung höherer und höchster Kulturbedürfnisse dienen. Ferner: hat der Einzelne täglichen Bedarf an Stiefeln? Er benutzt sie täglich, gewiß! Aber er hat doch nicht täglich »Bedarf« an ihnen, geschweige denn an jedem einzelnen Paar, das er besitzt. Wollte man sich also an das Wort klammern, so würde die ganze, riesige Gruppe der Artikel, die man zwar täglich oder fast täglich gebraucht, die sich aber nur langsam abnutzen und daher selten der Erneuerung bedürfen, vom Ge setzgeber gar nicht getroffen sein; darunter sicher eine Menge von Gegenständen, die er gerade in erster Linie im Auge ge habt haben wird. Der zweite Unterbegrifs erweist sich also als genau so unklar wie der erste. »Bedarf«. Ohne Zweifel hat der Gesetzgeber mit gutem Bedacht gerade diesen Ausdruck gewählt und weder von Be dürfnis, noch von Gebrauch, Verbrauch oder Ähnlichem ge sprochen. Wodurch unterscheiden sich diese verschiedenen Be griffe? Pedürfnis und Bedarf im wesentlichen wohl dadurch, daß der erstcre Begriff das psychische, der letztere das wirtschaft liche Moment betont. Beide stehen im Verhältnis von Ursache und Wirkung. Das Bedürfnis kann Bedarf Hervorrufen; nie mals aber besteht Bedarf an einer Sache, wenn kein Bedürfnis für sie vorhanden ist. Ich kann ein Bedürfnis nach Wein haben unier äußeren Umstände», die dessen Befriedigung aus- schließen; ich habe aber keinen Bedarf an Wein, wenn ich. trotz des vorhandenen Bedürfnisses, weder gesonnen noch in der Lage bin, welchen zu kaufen. Das — eigene oder
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