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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.12.1918
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1918-12-03
- Erscheinungsdatum
- 03.12.1918
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. 279, 3. Dezember 1918. Der Bücherpalast ist auf folgender Grundlage zu organi. sieren: a) Es wird dekretiert, daß alle Verlagsbuchhandlungen, private, öffentliche und staatliche, verpflichtet sind, bis zu einem bestimmten Termine dem Bllcherpalast bei dem Kommissariat der Volksausklärung mitzuteilen: den Bestand an Büchern un ter gleichzeitiger Lieferung eines Musterexemplars zur Regi strierung ; diese Exemplare werden dann nach der Registrierung geschenkweise dem Museum beim Bllcherpalast, das für das Volk zugänglich sein muß, übergeben. d) Der Bücherpalast verlangt dann je nach seinen Vorräten vom Verleger zu den üblichen Buchhändlerbedingungen die nö tige Anzahl der Bücher in Kommission, e) Ein Verzeichnis der beim Bllcherpalast in Kommission eingehenden Bücher wird daun in besonderen Mitteilungen ver öffentlicht, die der Zeitung des Rates .Nordische Kommune' umsonst beigelegt werden. ä) Jeder Verleger, der seine Werke dem Bllcherpalast in Kommission gegeben hat, erhält zu einem bestimmten Zeitpunkt seine Abrechnung, e) Zur Beherbergung des Bllcherpalastes und zur Expe dition der Bücher muß ein umfangreiches Gebäude zur Ver fügung gestellt werden, das die ungeheure Menge der Bücher aufnehmen kann, die zur Versorgung der Völkermassen von ganz Rußland nötig ist. Wenn das Kommissariat der Volksaufklärung erst einmal einen solchen mächtigen Vertrtebsapparat zu seiner Verfügung hat, könnte es'diesem auch eine Verlagsabteilung anglicdern für die Herausgabe von Schulbüchern, an denen unsere Schule jetzt so große Not leidet. Die Regierung könnte dadurch die Kosten für den Unterhalt der Schule erheblich vermindern. Jedoch selbst dann, wenn der Bücherpalast sich aus seine direkten Funk- tionen beschränkte — Belieferung der öffentlichen Anstalten und Schulen mit Büchern —, würde auch dadurch schon der Unter halt der Schulen verbilligt werden, da die Lehranstalten zurzeit die benötigten Bücher aus verschiedenen Quellen in kleinen Postpakctchcn bekommen und deshalb erheblich mehr Porto zn zahlen haben, als die Bahnfracht für eine Massensendung aus dem Zentral-Bücherpalast kosten würde. Eine nach einem solchen Plane unter möglichst voller Be teiligung aller bestehenden Verlagsbuchhandlungen zusammen gestellte Büchersammlung würde unbedingt die Aufmerksamkeit aller im Lande bestehenden Bibliotheken, Schulen, wissenschaft lichen Korporationen und des lesenden Volkes auf sich lenken. Ein nach diesem Plane geschaffener Bücherpalast wird in der Geschichte der russischen Revolution einen Ehrenplatz ein nehmen, und der russische Verlagsbuchhandel wird auf eine rich tige und feste Grundlage für seine Weiterentwicklung gestellt werden. Dieser Bücherpalast wird nach der Reichhaltigkeit sei ner Bestände und der Größe seiner Aufgaben die erste Staats buchhandlung sein, wie man sie nirgends auf der Welt hat. Nach Anhörung des Referates erklärten die Anwesenden, an der Spitze A, W, Lunatscharskij, die Verwirklichung des Planes des Bllcherpalastes für wünschenswert und wählten eine Kom mission, in die auch der Referent gewählt wurde, zur Auswahl eines passenden Gebäudes, das den Bücherreichtum fassen kann, zur Aufstellung des Kostenanschlags und zur weiteren Aus arbeitung des Projekts.« Die in obiger Übersetzung genannten zwei Herren sind: Ge nosse Lunatscharskij, Kommissar des Kommissariats für Volks ausklärung, der gcmäßigste Vertreter der russischen Ssowjetregie- rung, und R, P, Karbassnikow, Der letztere ist Besitzer eines größeren Sortiments- und Kommissionsgeschäftes in Peters- bürg, Newskij Prospekt, im Handelshof, mit Niederlassungen in Moskau, Odessa und Warschau, und hat schon einmal, wie man sagt nicht ohne Vorteil für sich, falliert; nebenbei beschäftigte er sich mit allerlei nicht immer ganz einwandfreien Finanzierungs und Gründungsgeschäften, Im Privatleben war er Vorsitzen der des als Spielhölle in Petersburg verschrieenen »Kaufmän nischen Klubs« an der Fontanka und selbst als wilder Hasard spiele! bekannt, 72k Für uns ist der obige Artikel gerade in der jetzigen Zeit recht lehrreich. Also nach mehr als einjährigem kommunisti schen Denken hat man sich endlich zu Plänen durchgerungen, die unsere »kapitalistischen« Väter und Großväter größtenteils schon längst ausgefllhrt haben. War es nun wirklich nötig, erst den ganzen russischen Buchhandel durch übertriebene Löhne und Gehälter, sowie allerdings bald eingestellte gewaltsame Natio nalisierungen so gut wie zu vernichten, um dann dort anzu fangen, wo wir größtenteils schon vor 50 bis 90 Jahren ange langt waren? Der Verfasser des Artikels widerspricht sich auch öfters selbst: erst will er den Verlegern die ganze Auslieferung ab nehmen, dann spricht er unter b> nur von Kommissionsbestellun- gen der »nötigen« Anzahl Bücher, Ferner will er die Heraus gabe der Schulbücher verstaatlichen, bekommt jedoch schon ein paar Zeilen tiefer selbst Angst vor seinem kühnen Plane, weil er ja natürlich weiß, wie traurig die Versuche der Petersburger Kommune, die Produktion weniger schwieriger Industrien als der so Individuellen Industrie des Buchverlags zu verstaatliche», mißglückt sind und nur dazu geführt haben, Massen von fast arbeitslosen Staatspensionären zu schaffen, die immer wert loser werdendes Papiergeld erhalten. Im übrigen dürfte das Projekt, wie die meisten »dekretier ten« und nicht durch freiwillige Zusammenarbeit der Beteiligten entstandenen Pläne, in der Luft hängen bleiben, ob gleich es für uns ganz lehrreich wäre, den heillosen Wirrwarr beobachten zu können, der entstände, wenn jetzt die übrigge- bliebencn russischen Verleger wirklich alle ihre Verlagsreslc dem »Bücherpalast« zusendcten. Leider haben aber die russischen Verleger weder zu Herrn Lunatscharskij noch zu Herrn lstap bassnikow großes Vertrauen und werden deshalb ihre restlichen Büchervorräte nur noch tiefer vergraben. Das Erscheinen grö- ßerer neuer Verlagswerke verbietet sich in Rußland jetzt von selbst, denn durch die wahnsinnigen Gehälter sind die Herstel- lungs- und Vertriebskosten derartig gestiegen, daß z, B, ein Lexikonband in deutscher Ausstattung mit vielleicht R, 100, würde verkauft werden müssen. Auch dem deutschen und besonders Leipziger Buchhandel werden jetzt durch die in Aussicht stehenden Vermögensabgabe». Kriegs-, Friedens- und Umsatzsteuern, Gehaltserhöhungen und Einstellung der aus dem Felde zurückkehrenden alten An gestellten unter einstweiliger Beibehaltung der eingestellten Hilfskräfte schwer zu lösende Aufgaben gestellt werden, Steuern» Gehälter usw, sind ja schließlich nur Fragen der Kalkulation. Man sollte aber nie vergessen, daß Bücher keine Butter sind, für die jeder Preis bezahlt wird. Wird das Buch zu teuer, so wird eben der Käufer ausbleiben und damit die weitere Produktion unmöglich gemacht. Müssen wir in Leipzig größere Zugeständ nisse machen als in Berlin oder Wien, so wird eben der Buch handel dahin abwandern, wo er billiger produzieren kann. Das sind Naturgesetze, gegen die auch eine Arbeiierregierung nicht aufkommt, wie ja das russische Beispiel gezeigt hat. Wir werden zwar mit einem geringen Rückgang der Preise für Rohstoffe rechnen dürfen. Die in den letzten Wochen zu be- ! obachtende Besorgnis deß Sortiments, daß die Bücher zu teuer sind, ist jedoch Wohl gänzlich unbegründet. Wer in den letzten Tagen unter Berücksichtigung der in Aussicht stehenden Belastun gen an Steuern und Gehaltserhöhungen ein neues Buch kal kuliert hat, wird gefunden haben, daß die Herstellung eher noch teurer Wird, als sie bisher schon war, D, Wenn das Buch verstaatlicht würde. Die politische Umwälzung läßt die Möglichkeit offen, daß wenigstens ein Teil unseres Erwerbslebens vergesellschaftet, das heißt verstaatlicht werden wird. Welche Arten von Betrieben für diese Umwandlung eventuell als geeignet gefunden werden wür den, steht natürlich heute nicht fest, doch ist immerhin die Mög lichkeit vorhanden, daß das Buch, oder besser gesagt, diejenigen Erwerbszweige, die mit dem Buch Zusammenhängen, von der freien in die Zwangswirtschaft übergeführt werden könnten, und es dürfte nicht uninteressant sein, zu versuchen, sich über
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