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                    Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.03.1919
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1919-03-27
- Erscheinungsdatum
- 27.03.1919
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19190327
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191903272
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- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19190327
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel - Jahr1919 - Monat1919-03 - Tag1919-03-27
 
 
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                              7) daß zur Gültigkeit einer Vollmacht gehört: ») Benutzung des Börscnvcrcins-Formulars, b) eigenhändige Unterschrift des Mitglieds, das vertreten sein will, °) Beglaubigung dieser Unterschrift durch den betr. Vereins-Vorstand, ä) Vorlage spätestens am Tage vor der Hauptversammlung (Satzungen Z 17, Absatz ä>; 8) daß der Vorstand jedes Vereins die Vollmachten seiner Mitglieder zu sammeln und mit übersichtlichem Verzeichn nisse, zu welchem das Börsenvereins - Formular zu benutzen ist, an die Geschäftsstelle des Börsenvereins z» senden hat.*) Leipzig, den 15. März 1919. Hochachtungsvoll Der Wahl-Nusschutz des Börsrnvereins der Deutschen Buchhändler ;u Leipzig- Or. Ernst Bollert, Vorsitzender. *) Dringend wird gebeten, die Vollmachten möglichst lange vor dem äußersten Termin einzureichen, da am Tage vor Kantate eine Prüfung zahlreicher Vollmachten völlig unmöglich ist. Wirklichkeit oder Phantasie? Von Josef Rieder (Steglitz). Ist nun das, was wir gegenwärtig erleben, — was uns Tag für Tag peinigt und mit banger Sorge erfüllt, Wirklich keit, oder haben wir es mit einer wahnwitzigen Phantasie zu tun, wie sie selbst der verrückteste Phantast in seinem kranken Gehirn nicht erfinden könnte? So fragt sich jeder vernünftige oder wenigstens sich für noch halbwegs vernünftig hallende Mensch; so fragt sich vor allem der Geschäftsmann, der nicht weiß, was er tun soll, der so gerne dazu beitragen möchte, die ins Stocken geratene Wirischaftsmaschine wieder in Gang zu bringen, und doch nicht weiß, was er dazu beitragen kann. Der Buchhändler ist in der gleichen Lage, vielleicht in einer noch unklarer»« als andere Geschäftsleute. Er mutz sich neben her noch fragen: was wird denn in Zukunft gehen, Wirklichkeiis- ltteratur oder Phantasieprodukte? Denken wir einmal zurück an »die Zeit, die, ach, so weit hinter uns liegt, die Zeit des Friedens. Da waren wir doch echte Wirklichkeitsmenschen, nüchtern und geschäftstüchtig. Unser Denken war klar und geordnet. Stimmt das aber auch? Viel leicht waren wir gerade damals die Phantasten. Die ganze Welt hat sich überboten, unheimliche Mordwerk zeuge zu bauen, Menschen abzurichten, die die Kunst erlernen mußten, sich gegenseitig damit umzubringen. Das alles schien so selbstverständlich, so überaus natürlich, daß man sich darüber gar keine Gedanken machte, was werden sollte, wenn die Dinger einmal in Aktion treten würden. Vorstellungen hat man sich ja wohl gemacht, aber falsche. Man glaubte, daß der Krieg um so unmöglicher werden würde, je mehr man Vernichtungs werkzeuge baute, je mehr Menschen man in ihren Dienst stellte. Das war auch eine Phantasie, wenn auch eine negative und kindliche zugleich. Das war gleichbedeutend, als ob jemand sagen wollte: wenn es nur recht lange regnen möchte, immerzu regnen, desto weniger kann eine zweite Sündflut kommen. Und dann kam die abscheuliche Wirklichkeit dieses Krieges und belehne uns eines Besseren. Und auch sonst waren wir arge Phantasten, hatten die unglaublichsten Weltverbesserungspläne. Sie waren so billig wie Brombeeren. Und auch in dieser Hin sicht erleben wir eine arge Enttäuschung. Nicht nur, daß diese Weltverbesserer unter sich einen Krieg führen, der den alten noch an Erbitterung übectrifst, sie scheitern an einem sehr bedauerns werten Umstand. Sie haben ihre wundervollen Paradiese nicht für uns arme, sündige Menschen gebaut, sondern für eine Rasse, die vielleicht einmal in einigen Jahrtausenden existieren wird. Vielleicht. Gewiß weiß man es auch noch nicht einmal, und es kann uns schließlich auch gleichgültig sein, wie sich die Menschen im fünften oder sechsten Jahrtausend nach Christi Geburt einrichten. Mit der Phantasie vor der Zeit vor dem Kriege ist Wohl nicht viel zu machen, nichts mit dem Gedanken der Erlösung der Menschheit durch den Krieg -- trotzdem es mit dem allge mein! n Weltfrieden auch noch nicht gerade glänzend aussieht. Aber auch mit dem Zukunftsstaat, in dem nach Bellamys Ver heißung alle Menschen gleich sind, ist es nicht viel anders. Auch an diese Botschaft ist der Glaube bereits bedenklich ins Wanken gekommen. Mit der Wirklichkeit, die so drückend auf uns lastet: ist erst recht nichts zu machen. Was also dann? Was für eine Kost soll der Schriftsteller und sein Mittelsmann, der Verleger, dem lieben Publikum vorsetzen? Man müßte eigentlich fragen: Was kann er ihm vorsetzen, damit das Gericht auch genommen wird, damit es nicht wie bittere Medizin schmeckt und ungenommen stehen bleibt? - Wir müssen unter allen Umständen wieder mit Phantasie aufwarten. Einer von der Wirklichkeit so mißhandelten Mensch heit kann man nicht mit brutaler Wirklichkeit kommen. Das verträgt sie bei dem geschwächten Magen am allerwenigsten. Aber woher nehmen und nicht stehlen? Das Gebiet ist abgegrast. Vielleicht doch nicht so ganz, wie es den Anschein hat. Viele Millionen haben heute schon solche Phantasten, blicken auf die Vorkriegszeit zurück wie nach einem Märchenland, nach einem verlorenen Paradies. Hierin liegt es. Wir müssen die Welt wiederfinden, — die war, nur in einer möglichst verbesserten Auflage, dazu wird die Literatur Pionierdienste leisten müssen und leisten können, weil sie ja nur ausspricht, was Millionen bewegt. Eine Welt, wie sie war, mit Ausschaltung von vielem Unzulänglichen und Ungesunden, das nicht notwendigerweise da sein mußte, wenn die Menschen nur ein wenig vernünftiger hätten sein wollen. Wir müssen nicht neue Weltsysteme zu finden trachten, sondern eine neue Menschheit hcranzubilden suchen, die sich mit sich selbst abzufinden weiß, die neben dem eigenen Vorteil die Pflichten gegen die Gesamtheit nicht vergißt. Das richtige und beste Staatssystem ergibt sich mit einer solchen Menschheit ganz von selbst. Nicht Systemfinder — sondern Menschenfinder sollten die Schriftsteller in Zukunft wieder werden und von ihren Ver legern darin Unterstützung finden. Der Frühlingstraum der Kulturmenschheit wird alsbald ausgeträumt sein. Es geht einem schwülen, arbeitsreichen Sommer entgegen, den wir rastlos ausnützen müssen, sollen endlich bessere Zeiten kommen. ISS
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