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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.03.1919
- Strukturtyp
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- Band
- 1919-03-20
- Erscheinungsdatum
- 20.03.1919
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- Deutsch
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»/, s. >15 M., sür MchtmilgN-d-r 70 M.. 135 230 M. Deilaoen werden nicht ange nommen. — Beiderseitiger Erfüllungoort ist Leipzig. s TM, Mich«mUgN-d?r Nr. 52 (N. 28). Leipzig, Donnerstag den 20. März 1919. 8S. 3ahrga»>. Redaktioneller Teil. Jugend-Erinnerungen eines alten Buchhändlers. Von E. Wohifarth. Dieselben Gründe, die meinen verehrten früheren Chef veranlaßten, seine Jugenderinnerungen zu veröffentlichen (vgl. Bbl. 1918, Nr. 174 u. 176), bewegen auch mich dazu, und Wenn es mir gelingen sollte, die Leser von den trüben Gedanken und schweren Sorgen um unser liebes Vaterland eine Zeitlang abzulenken, würde ich mich freuen, meinen Zweck erfüllt zu sehen. So wie Z. will auch ich mit meiner Schulzeit beginnen, aber im Gegensatz zu ihm halte ich sie in gutem Gedenken; waren auch unter meinen Lehrern einige verknöcherte Herren, die Mehrzahl waren tüchtige und kenntnisreiche Personen, bestrebt, uns die Schule angenehm zu machen. Griechisch fingen wir schon in Quarta an zu lernen, in Unter-Tertia lasen wir Homer, und nach der ersten Stunde konnten wir alle skandieren. Unser Lehrer, vr. Schillbach, war ein reizender, sehr interessanter Mann, der uns oft von Griechenland erzählte und uns Stücke aus seiner Sammlung nltgriechischer Münzen zeigte und er klärte. Weniger angenehm war der Ordinarius der Tertia: R. Er trug an der rechten Hand einen dicken Siegelring, und wenn er eine Ohrfeige gab, drehte er ihn nach innen. Als der Schul rat einmal zum Direktor sagte: »Der alte R. wird doch schon schwach«, erwiderte der Direktor: »Was, der schwach? Lassen Sie sich von dem mal eine Ohrfeige gehen!« Bei vr. Körber, einem hervorragenden Botaniker, hatten wir Naturgeschichte, Deutsch und Französisch. Statt des deutschen Aussatzes stellte er uns einmal frei, einen Vortrag zu halten; ich machte davon Gebrauch und sprach über das Theater als Bildungsstätte. Körber meinte dann, das; ich das Theater sehr überschätzte, sprach aber seine Freude aus, daß ich einen Vortrag frei ohne Konzept gehalten hatte. Ein anderes Mat machte ich statt des Aussatzes, den wir über die Ferien aufhattcn, ein Gedicht: »Lob der Ferien«. Der Anfang lautete: Ein Knabe, der noch gut geartet, Sagt nicht, daß ihm Wohl bange sei Nach Ferien, die er erwartet, Wünscht auch nicht sehnlichft sie herbei; Doch sind sie da, hat er sie gerne, Er fühlt erhaben sich und frei usw. Körber nahm mir diese Eigenmächtigkeit nicht übel. In der Sekunda lasen wir bei ihm Don Carlos, eine, wie ich glaube, nicht häufige Schullektüre. Kambly war der Mathe matik-Lehrer von Quarta an; er kam immer in schwarzem, ge schlossenem Rock und Hellem Beinkleid, seine Perücke saß stets tadellos. Wir antworteten alle im Chor, wobei mancher Unfug getrieben wurde. Zu seinen guten Schülern gehörte ich nicht. Bei De. Künstler lernten wir Gedichte deutscher Klassiker über setzen und in lateinische Versformen (Sapphischc Strophen) der- wandeln; auch er war ein interessanter Lehrer, der die Liebe zur antiken Metrik in uns zu Wecken verstand. HÄ)nel war der Geschichtslehrer; in der Ober-Sekunda fragte er uns einmal, was wir studieren wollten, und als mehrere jüdische Schüler »Jura« sagten, bemerkte er; Ganz Juda studiert Jura. Der Direktor, vr. Fickert, war ein hervorragender Lateiner; wir lasen bei ihm in der Ober-Sekunda Horaz, wobei oft in la teinischer Sprache gefragt und geantwortet wurde; auch den lateinischen Aufsatz machten wir bei ihm, der manchem — auch mir — leichter fiel als zuweilen der deutsche. Fickert war ein streng kirchlich gesinnter Mann, dabei überaus tolerant gegen Andersgläubige. Ta mein Wunsch, klassische Philologie zu studieren, aus verschiedenen Gründen nicht erfüll! werden konnte, trat ich, 1514 Jahr alt, am 16. Oktober 1866 in den Buchhandel ein, obgleich mir von vielen Seiten davon abgeraten wurde. Es fiel meinem Vater nicht leicht, eine Lehrlingsstelle für mich zu erlangen. Nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen erklärte sich Morgenstern bereit, mich anzunchmen, nachdem vr. Körber mich ihm empfohlen hatte. Er bedang vier Jahre Lehrzeit ohne Vergütung; als besondere Vergünstigung wurde die Zahlung eines Lehrgeldes erlasse». Voin 1. April bis 30. September wurde das Geschäft um 6-4 Uhr geöffnet, denn da die Schulen um 7 Uhr begannen, konnte doch ein Junge auf dem Wege zur Schule noch ein Schulbuch kaufen! Ich war also um !47 Uhr beim Öffnen da und hatte den Tag über stramm zu arbeiten, auch viele mechanische Arbeiten zu verrichten, hatte Makulatur glatt zu streichen, Bindfaden zu knüpfen, Staub zu wischen u. dgl. Oft sehnte ich mich nach der Schule zurück und nahm mir abends Homer und Sophokles vor. Mit mir ziemlich zu gleich lernten Carl Freund, der spätere Verleger von Sünde, Wildenbruch u. a., sowie PH. Schweitzer; mit beiden verknüpfen mich heute noch freundschaftliche Beziehungen. Erster Gehilfe war Albert Kaiser, seit mehreren Jahren im Ruhestand lebend, der mir ein sehr wohlwollender, lieber Vorgesetzter war, dessen ich mich stets dankbar erinnern werde. Sein Nachfolger war Ulrich Hoepli, damals schon ein genialer Mann, der sehr streng war und oft recht hohe Anforderungen an seine und der an deren Arbeitskraft stellte. Im Winter dis >0 Uhr zu arbeiten war nichts Seltenes und kam während der Meß-Arbeiten täglich vor. Als ich im Sommer 1868 um eine Woche Ferien bat, war man über diese Zumutung allgemein entsetzt; ich setzte es aber doch durch, wanderte durch das Riesengebirge, und wenn ich auch oft 4. Klasse fuhr, die damals nicht so gut eingerichtet war wie heute, kehrte ich doch hochbefriedigt von meiner kurzen Reise zurück. Morgenstern selbst kümmerte sich auch viel um meine Ausbildung, lehrte mich Postpakete packen und sie so zu öffnen, daß der Bindfaden wieder verwendet werden konnte. Zu diesen und ähnlichen Arbeiten stellte ich mich sehr unge schickt, und der alte Haushälter Langer, bei dem ich Ballen packen lernte, behandelte mich nicht sehr sanft. Nach 2!-jähriger Lehr zeit erklärte Morgenstern diese als beendet, aber Gehalt er hielt ich noch nicht, wurde auch nicht mit »Herr« angesprochen. Erst nachdem noch eilt halbes Jahr verstrichen, wurde mir ein Gehalt zugesprochen, das heute ein vierzehnjähriger Laufbursche erhält. Mein Wunsch, ein anderes Geschäft kenne» zu lernen, wurde mir schnell erfüllt. Unser damaliger Kommissionär, Her mann Fries, verschaffte mir eine Gehilfenstelle in G. Schönfelds Buchhandlung in Dresden, wo ich am 1. April 1870 mit einem Monatsgehalt von 25 Thalern antrat. Den damaligen Besitzer, C. A. Werner, bewundere ich noch heute; er war ein überaus praktischer Mann, sehr tüchtig und beliebt bei den hochgestellten Beamten und Gelehrten, die als Kunden bei ihm verkehrten. In dem schmalen Laden, Schloßstratze 27, wurde mit zwei Ge hilfen, einem Lehrling und zwei Haushältern das lebhafte Sorti mentsgeschäft betrieben, das für damalige Zeiten ansehnliche 173
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