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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.05.1918
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1918-05-03
- Erscheinungsdatum
- 03.05.1918
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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102, 3, Mai 1018, Redaktioneller Teil, Die Zeitungen würden dadurch nur zur eingehenden Beschäftig gung mit den Neueinstudierungen unter völliger Wahrung ihrer kritischen Meinung verpflichtet. Das Theater, Wir sind bei dieser Frage zu dem letz ten Angeklagten, zu dem Theater selbst, gelangt. Die Oper ist früher eine höfische Kunst gewesen. Der Hof, der Mäzen, be stellte das Werk bei dem Komponisten, er war es, mit dessen Schutz und dessen Mitteln das Werk in den meisten Fällen her ausgebracht wurde. Der Komponist hatte, sobald ihm das Glück eines Auftrages zuteil wurde, kein Risiko, die Aufführung war nicht aus Gelderwerb angewiesen. Seitdem die modernen Theater in der weitaus größten Zahl kaufmännische Unter nehmungen geworden sind, hat sich das Bild völlig geändert. Der Kassenbericht ist der Punkt, um den sich alles dreht. Nur die Hoftheater bilden eine Ausnahme. Während einige Hoftheater in den letzten Jahrzehnten sich um die moderne Oper, ich denke nur an Dresden, München, Stuttgart, hohe Verdienste er worben, scheinen andere Hofbühnen, allen voran die von Berlin, von der ihnen zufallenden Aufgabe als Verfechter für die Schöpfungen moderner Lebender eine sehr merkwürdige Vor stellung zu haben. Gewiß dürfen Bühnen von dem Range der Königlichen Bühne in Berlin nicht Versuchsstationen für unreife Talente sein, aber zwischen Versuchsstation und geschlossenen Toren für alles Moderne ist doch ein weiter Unterschied, Daß in Berlin von 7 Spieltagen 5 mit französischen und italienischen Opern besetzt sind, zählt nicht zu den Ausnahmen, Die von Professor Weißmann in dankenswerter Weise in der Allgemeinen Musikzeitung für 1916/17 aufgestellte Spielstatistik der Königlichen Hofoper bringt aber auch sonst merkwürdige Dinge genug, die Professor Weißmann erwähnt, aber mit dem Mantel der Liebe zudeckt. Die höchsten Aufführungszisfern in dem dritte» Kriegsjahr weisen Carmen, Mignon, Blumen der Maintenon und Hoffmanns Erzählungen auf, dann erst kommt ein deutscher Meister: Mozart mit 13 Figaro-Aufführungen; von neuen Werken sind einzig die Ariadne von Strauß und Mona Lisa von Schillings zu verzeichnen. Daß bei den Höchstziffern von 4 französischen Werken eine Hofbühnc es wagen darf, Mo zarts Znubcrflöte, Don Juan, Cosi san tutte, Nicolais Lustige Weiber, 'Cornelius' Barbier von Bagdad gänzlich fehlen zu lassen, daß eine Bühne, die für ihre Stars Vermögen ausgibt, nicht eine Uraufführung verzeichnet, klingt kauin glaubhaft. Und das ist die Stätte, die allen Opernhäusern Deutschlands mit leuchtendem Beispiel vorangehen sollte! Wie anders kleinere Privatbühneu ihre Aufgabe erfassen, zeigt eine in der Allgemei nen Musikzeitung gegebene Statistik über die ersten 5 Spiel zeiten des Deutschen Opernhauses in Charlottenburg, die wir ebenfalls Professor Wcißmann verdanken. Die höchste Auffüh- rungSzifser hat auch hier Ofsenbach, Hoffmanns Erzählungen mit 88 Vorstellungen erreicht, dann aber komme» Parsifal mit 76, Fidclio mit 75, Freischütz mit 68 und Figaro mit 64 Vor stellungen, Diese ausgezeichnet geleitete, wirklich volkstümliche Bühne hat in den 5 Jahren 3 Uraufführungen und 12 für Ber lin neue Opern geboten! Leider ist auch hier zu bemerken, daß von den Neuigkeiten sich keine auch nur in der nächsten Spiel zeit aus dem Spielplan gehalten hat. Sehr lehrreich für das Wirken unserer Opcrnbühnen ist das Studium des von Oesterheld L Co,, Berlin, herausgegebenen Bühnenspielplans, von dem mir der Jahrgang 1910/11 (wie ich glaube, der letzte Registcrband) vorlicgt; danach hatte in ganz Dcnischland die höchste Aufführungsziffcr Carmen (432), dann Puccinis Madame Butterfly (424), Tannhäuser brachte es ans 370, Freischütz auf 314, Fidclio auf 208, Lustige Weiber aus 176, Figaro auf 165, Cornelius, Barbier auf 13 (!) Auffüh rungen, Dagegen die Operette: Lehar, Graf von Luxemburg: 1794, Gilbert, Polnische Wirtschaft: 976, Fall, Geschiedene Frau: 813, Fidele Bauer: 671, Strauß, Fledermaus: 550. Diese an und für sich toten Zahlen sprechen zusammengc- stellt eine ungeheure Anklage gegen unser Knnstlcben aus. Soll ten die Bühnenleitungen diese Sprache noch immer nicht ver stehen? Die Opernhäuser, die staatlichen oder städtischen Zu schuß erhalten, müßten verpflichtet werden, mindestens 2 Neuig keiten im Jahr herauszubringeu. Bei den kaufmännischen Büh- Urenunternehmungcn sollten die kassenfüllenden Operetten oder ! Opernschlager wenigstens solchen Goldstrom einbringen, daß ! dafür Opernneuigkeitcn von Wert, auch wenn das Publikum zu- ' nächst nicht zu ihnen strömt, auf dem Spielplan gehalten wer den können. Vor allem müßten aber die städtischen Bühnen ! eine fachmännisch gebildete Kommission zur Prüfung der ein gehenden Opernpartituren dauernd zur Seite haben. Die über- ! lasteten Kapellmeister sind in den meisten Fällen zur ruhigen Prüfung der neuen Partituren gar nicht imstande, und doch ist ! der richtige Blick bei der Wahl von entscheidender Bedeutung, j Die musikalischen Dramaturgen müßten nicht nur musikverstän- ! big sein, sondern auch über dramatische und historische Kennt- i ntsse verfügen. Man sieht, das Sündenregister aller Angeklagten ist groß, ^ Sollen der modernen deutschen Oper bessere Tage erstehen, so ^ müssen die musikalische Ausbildung der Komponisten, die Be- ^ Handlung, um nicht zu sagen Erziehung des Publikums, die l verständige Mitwirkung der Presse, die Leitung der meisten ; Opernbühnen in andere Bahnen gelenkt werden. Daß diese For derungen nicht ins Reich Utopia gehören, daß ihre Erfüllung ^ möglich und zugleich ein wirksames Mittel gegen die Operetten- ! Pest Wäre, das ist meine feste Überzeugung, Natürlich müßten ^ diese Forderungen immer wieder von allen Seiten und weithin ^ vernehmbar gestellt werden. Es ist dies nicht eine Angelegen heit, die nur Musiker und Musikliebhaber angeht, sondern eine allgemeine, nationale Frage von nicht geringer Bedeutung, Zum Schluß möchte ich noch kurz die wesentlichen Opern- ! Neuigkeiten und Uraufführungen der letzten Monate verzeich- Aomponisl: Titel: d'Albert, Engen Liebesketten d'Albert, Eugen Der Stier von Olivera Bittner, Julius DerliebeAugustin Textdichter: Itrnnfsührung, Rud. Lothar Charlottenburg (Umarbeitung) R, Batka Leipzig Blech, Leo Brandt-Buys Rappelkopf Der Eroberer Komponist (Umarbeitung) Warden u, Wel- leminsky Walter Bergh Ille von Stach Gerdt v. Vasi-Witz Komponist Komponist Nürnberg (iür Deutschland) Berlin Dresden München Dresden Mannheim Nürnberg Stuttgart Courvoisier, W. Lanzelot u. Elaine PfiSner, Hans Ehristelilein Sekles, Bernhard Schahrazade Spörr, Martin Der Abt v. Fiecht Wagner,Siegfried An allen, ist Hüt chen schuld Von Bittner, dessen Höllisch Gold einen hübschen Erfolg erzielt hat, hatte man Stärkeres erwartet als diese losen Szenen aus dem Leben eines wienerischen Talents; auch Vrnndt-Buys hat trotz der freundlichen Ausnahme seines Eroberers in Dres den enttäuscht, nach seinen Schneidern von Schönau hoffte man gerade von ihm eine echte komische Volksoper, statt dessen kam er tief tragisch, welche Miene, wie die Kritik meint, ihm und seiner Musik gar nicht stehen will. Ebenso prophezeit man der Märchenoper von Sekles, die in Mannheim uulcr Furlwänglers Leitung glänzend herauskam und im Drei MaSken-Vcrlag be reits erschienen ist, nur kurze Lebensdauer. d'Alberts Liebes- ketlen, Blechs Rappelkopf, PfitznerS Chrisielflcin sind Umarbei tungen früherer Schöpfungen, Pfitzners Musik soll echt märchen haft von bezaubernder Anmut und Wärme sein, das Textbuch aber so schwach, daß selbst Pfitzners Genie hiergegen vergeblich ; kämpft. Von den Uraufführungen wurde das Hauptinteresse d'Al- ! bert und Siegfried Wagner entgegengebracht; d'Alberts Stier ^ von Olivera, der in vorzüglicher Aufführung unter Lohscs Lei tung einen Riesenersolg in Leipzig erzielte, ist so veristisch, so verlogen in Text und Musik, daß sogar - man hat es nicht für möglich gehalten — alles Üble der Tolen Augen noch überboten wird. Der d'Albert von Tiefland und der reizenden Abreise will uns fast klassisch erscheinen gegen diesen neuen d'Albert, der sich mit Leib und Seele dem modernen Knnstteufel — dem Kluo- geschmack — verschrieben hat. Er aber, der kleine große Mann, der nur so ungern noch Klavier spielt (obwohl er hier ein un bestrittener Meister ist) lind so gerne komponiert, er lächelt übe» die blöden Kritiker, da doch das Publikum seinem Schaffen zu- 243
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