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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.05.1918
- Strukturtyp
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- 1918-05-03
- Erscheinungsdatum
- 03.05.1918
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- Deutsch
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Redaktionell» Teil. 102, 3. Mai ISIS. Strautz, Rosenkavaiier (1S11). — Ariadne aus Naxos (1813). Thuille, Lobetanz (1888). - Gugeline (1901). Ur sprach, Das' Unmöglichste von allem (1887). S. Wagner, Bärenhäuter (1899). -- Herzog Wildfang (1901). — Der Kobold (1904). — Bruder Lustig (190S). — Sternengebot (1908). — Banadietrich (1910). — Schwarzschwanenreich (1911). — Sonnenslammen (1913). Walters Hausen, Oberst Chabert (1912). Weingartner, Sakuntala (1884). — Genesius (1893). — Orestes (1902). — Kain und Abel (1914). KarIWeis, Der polnische Jude (1901). Wolf, Der Corregidor (1896). Wolf-Ferrari, Neugierige Frauen (1903). — Die vier Grobiane (1908). — Susannens Geheimnis (1909). — Der Liebhaber als Arzt (1903). Das Publikum. Ist das Verschwinden nachwagneri« scher Musikdramen, die Erfolglosigkeit von Opern, deren Texte zum Komponieren von vornherein ungeeignet waren, dem ange- klagten Komponisten zuzuschreiben, so ist für die kurze Lebens dauer manch wertvoller obengenannter Oper das Publikum ver antwortlich zu machen. Das Publikum, von dem jeder einzelne ein lieber Mensch sein mag, das aber in seiner Gesamtheit das inusendköpfige Ungeheuer bleibt, liebt seinen Wagner heute wie je, auch für klassische Opern, wie Fidelio, Figaro, Zauberflöte, Freischütz, deren Melodienschätze sich von Generation zu Gene ration vererben, sind begeisterte Hörer stets vorhanden. Sobald es sich aber um Opern-Neuheiten handelt, be ginnt der Kampf mit dem Publikum. Am Abeud der er sten Aufführung ist das Theater von »Premieren-Gängern«, die überall dabei sein müssen, gefüllt, jedoch schon über die zweite Aufführung lautet der Kassenbericht ungünstiger. Man sehe sich die »wirklichen Erfolge« der letzten Jahre an: Neßlers Trompeter, volkstümlich banale Speise mit stark sen timentalem Behttt-dich-Gott-Überguß, Hänsel und Gretel, ein altbekanntes Märchen voll Poesie unter Benutzung richtiger Volkslieder mit stark wagnerischem Einschlag, d'Albert, Tief land, Die toten Augen, Sensationsdramen mit Musik, die bei allen zugcgebenen Vorzügen von Tiefland gerade de» schlechten In stinkten des Publikums entgegeukommeu. — Die Oper gehört zu den schwierigsten Kunstwerken; das gleichzeitige Aufnchmen von Handlung, Gesang und Orchesterbegleitung bei einem neuen Werke ist selbst für einen geübten Hörer fast Unmöglichkeit. Um ein solches Werk wirklich zu erfassen und kennenzulernen, bedarf cs eines zwei- und dreimaligen Hörens, bedarf es einer wirk lichen Mitarbeit. Das ist der springende Punkt, vergnügen will sich das verehrte Publikum; für sein Geld aber auch noch Mit arbeiten, das ist zuviel verlangt. Dies sind die Erziehungs früchte der weiteren Angeklagten, der Theaterdirektion und der Presse. Unser Opernpublikum ist nicht nur schlecht erzogen, es ist im Grunde auch unmusikalisch. Werden ihm nicht freundlich melodische Opern geboten, aus denen es die Weisen — wie etwa bei Lortzing — mit nach Hause nehmen kann, oder erotische Sen sationen, wie cs solche vom Kino her gewohnt ist, so wendet cs sich von der ernsten Muse ab und wirft sich der leichtsinnigen, vöstig entarteten Muse, der modernen Operette, in die Arme, Datz immer größere Mengen des Publikums bei der Operette heimisch werden, ist für die musikalische Entwicklung des deut schen Volkes schlimm genug; schlimmer und schwererwiegend aber als dieser Tanz um den musikalischen Bastard-Götzen ist die Gleichgültigkeit, das ablehnende Verhalten gegen wertvolle Werke. Die Sünden, die das französische Publikum in tollem Unverstand einst an dem Komponisten von Carmen begangen, ' 242 sind in langen Jahren gesühnt worden, aber wundervolle deut sche Werke, wie: Der Widerspenstigen Zähmung von Hermann Goetz, Der Barbier von Bagdad von Cornelius, Der Corregidor von Hugo Wolf, harren bei uns noch heute des Verständnisses und der Liebe weiterer Kreise. Und doch bieten diese Opern alles, was uns nottut: gesunde, kräftige Musik, voll Humor und Poesie, tiefes Empfinden ohne Empfindsamkeit; die Aus- einandersetzung Petruchios und Katharinas im dritten Akt der Widerspenstigen, das Finale im zweiten Akt des Barbiers mit dem köstlichen: Salamaleikum, ferner die Rückkehr des sich-betrogen-glaubenden Tio Lukas in Wolfs Corregidor sind unvergängliche Blüten echt deutscher Kunst, die al lein genügen würden, den Werken Unsterblichkeit zu ver leihen, Und doch bei diesen wie anderen Werken eine starke Teilnahmlosigkeit, Wer gibt den Grund hierfür uns an, wie erklärt man, daß ein und dasselbe Werk wie: Die Schneider von Schönau in Dresden Dauererfolg zu ver zeichnen hat, während die Oper in Leipzig es kaum zu 5 Auf führungen brachte, daß im Gegensatz hierzu die Dresdner so verständig waren, Die Toten Augen von d'Albert glatt abzuleh- ne», während die Leipziger sich heute bei jeder neuen Ausfüh rung dieses Prachtwerkes (?) um die Karten reißen wie am ersten Tage? Wer löst die Rätsel der Bühnenerfolge, wer schreibt endlich die dringend erwartete Geschichte der Opern-Ersolge? Die Presse, Daß die Tagespresse für das Sichdurch- setzeir neuer Werke viel tun könnte, daß bei der Erziehung des Publikums die Stimme des Kritikers in der Zeitung, auf die der Hörer eingeschworcn, von größter Wichtigkeit ist, unterliegt keinem Zweifel, Wie erzieherisch haben Männer wie Eduard Hanslick (trotz seiner Wagner-Blindheit) gewirkt! Aber nicht nur die Rezensenten versagen nur zu oft, auch viele Schrift leitungen haben von ihren erzieherischen Pflichten, von der Kul- turbedeutung des Theaters und der Oper nur schwache Begriffe. Für albernste Betrachtungen und Kannegietzereien ist Platz vor handen, aber die Besprechung einer neuen Oper wird unterm Strich in einer oder eineinhalber Feuilletonspalte abgetan! Es wäre Pflicht und Aufgabe der Tagespresse (die einen ganz anderen Einfluß ausüben kann als die höchstens acht tägig erscheinenden Musikzeitungen), sich vor den Aufführungen mit dem neuen Werk zu beschäftigen, Wochen vorher über Text dichter und Komponisten und ihr Wirken zu berichten; wenn kein Klavierauszug der neuen Oper erschienen ist, wenigstens sich mit dem Textbuch zu befassen, durch Einführung und Erläu terung Interesse und Neugierde des Publikums zu erwecken. So würde die richtige Einstellung des Publikums zu dem neuen Werk erreicht werden und auch das Interesse der Hörer für wei tere Aufführungen Wohl zu erwecken und wachzuhalten sein. Zu einer wissenschaftlichen Darbietung wird kaum ein Hörer un vorbereitet gehen, und doch ist der irrige Glaube noch allge mein, bei der Kunst sei dies etwas ganz anderes, da müsse auch das komplizierteste Werk sich dem unvorbereiteten, meist völlig falsch eingestellten Hörer willig erschließen! Sollte es nicht Zeit sein, mit diesem Aberglauben aufzuräumeu, sollte es nicht die Pflicht erheischen, für den außerordentlichen Aufwand an Arbeit, Zeit und Kraft allen Beteiligten einen Hörerkreis zu schaffen, der wenigstens eine Ahnung hat von der Welt, die Komponist und Dichter ihm erschließen wollen? Eine neue Oper müßte für die musikalischen Kreise der ganzen Stadt ein wirk liches Ereignis sein! Hierzu beizutragen vermag auch der Musikalienhändler oder Buchmusikalienhändler. Sind die Kla vierauszüge der Neuheit noch nicht erschienen, so müßten Text bücher und Plakat ein ganzes Schaufenster füllen, seine Bezie hungen zum Theaterdirektor, zum Kapellmeister, zur Presse müßte er, sofern er sich als Kulturträger fühlt, in den Dienst der Sache stellen. Die ernste Mitarbeit der Presse scheint für das Wohl der neuen deutschen Oper so wesentlich zu sein, datz man über die bisherige Lässigkeit auf diesem Gebiete nur staunen muß. Kann die Presse hier nicht aus eigenen Mitteln durch wirklich fähige Kritiker wirken, so wäre es Pflicht der Bühnen, für diese unterstützende Mitarbeit der Presse namhafte Beträge in ihre Haushaltpläne einzustellen. Daß das nichts mit Erkaufen der Presse zu tun hat, bedarf keiner Erwähnung.
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