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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.11.1926
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- 1926-11-13
- Erscheinungsdatum
- 13.11.1926
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X- 285, 13, November 1926. Redaktioneller Teil. Me Ergslmiffe würden noch viel ungünstiger sein, tvenn es sich um Urheber- oder vevlagsrechtlichc Streitsachen gehandelt hätte. — Ganz nachteilig für deutsche Beklagte ist, daß ihnen durch die ziemlich leicht zu erreichende Einstweilige Verfügung der Vertrieb des Klagegegenstandes stillgelegt werden kann, >vas im Auslande selten möglich sein wird. — Recht lehrreich, wenn auch mit der Frage der Rechtsprechung nur lose zusammenhängend, ist auch der Aufsatz über Vollstreckung deutscher Urteil« im Ausland« (Börsen blatt 1926 Nr. 246 u. 252), besonders in Frankreich, das sich das Recht nimmt, die in Deutschland rechtskräftig durchgestrittcnc Sache nochmals zu verhandeln und das deutsche Urteil umzustotzen. Ich glaube, dargetan zu haben, daß das, was hauptsächlich von Herrn vr. Schulze bestritten wird, erweislich richtig ist. Aus anderes: wie Erfüllungspolitik oder nicht, auf das Verhalten der deutschen Vertreter bei den Friedenskongressen im Haag oder deren künftiges Verhalten in Rom will ich hier nicht eingehen. Das wäre ein zu weites Feld. Nur über eins spreche ich mein Be dauern aus: daß Herr vr. Schulze dem ausländischen Rechts anwalt, der uns Deutsche Piraten genannt hat, anscheinend nicht auf die Torheit und Dreistigkeit eines solchen Vorwurfs auf merksam gemacht hat. Er hätte dabei überdies recht gut aus Ar tikel 306 des Versailler Schanddiktats Hinweisen können, worin cs unter anderem heißt: »Jede der alliierten oder assoziierten Mächte behält sich die Befugnis vor, jode seit dem 1. August 1914 vollzogene und jede künftige Abtretung oder Teilabtretung oder jede Einräumung gewerblicher, literarischer oder künstlerischer Eigentumsrechte, die die Anwendung des gegenwärtigen Artikels vereiteln könnte, als null und nichtig anzuschen.» Die Bewahrung der Zugend vor Schund- und Schmutzschriften. Von Prof. vr. Karl Brunner -Prien. Dem Reichstag liegt ein Gesetzentwurf zum Schutz der Jugend vor Schnich- und Schmutzschristen vor, der gegenwärtig lebhaft erörtert wird. Das Problem ist alt und erheischt dringend eine Lösung. Das ist sittliche Pflicht. Der Streit kann für jeden Ehrlichwollenden nur um die Krage gehen: Welches ist der zweckentsprechende, der relativ beste Weg? Der vorliegende Gesetzentwurf in seiner jetzigen Fassung ist cs nicht. Sein Hauptfehler ist, grundsätzlich betrachtet, der: der Entwurf stellt das an sich Minderwertige (literarischer Schund) aus die gleiche Stufe mit dem die Jugend sittlich gefährdenden Schrifttum (moralischer Schmutz). Die Begriffsbestimmung von Schund- uni Schmutzschriften ist im Gesetz nicht gegeben: sie ist anerkanntermaßen so schwierig, daß sie einwandfrei überhaupt nicht zu geben ist. Die Richtlinien sollen erst aus der Praxis, wie das auch sonst im Rechtsleben nicht selten der Kall ist, gesunden werden. Ein« befriedigende Möglichkeit, das Gesetz im Sinne des erstrebten Zieles wirksam und für alle Be teiligten, soweit st« Berücksichtigung verdienen, erträglich zu machen, bietet dieser Entwurf nicht. Aus Grund langjähriger Erfahrung und, ich darf wohl sagen, gründlicher Kenntnis der Materie befürchte ich vielmehr, das Gesetz wird durch eine ossensichtliche Überspannung der Maßnahmen aus dem heiklen Gebiete des Druckschristenwesens letzten Endes undurchführbar. Die allzu scharfe Waffe wird stumpf, und durch bas unausbleibliche Fiasko der Staatsgewalt wird auf lange hinaus der Weg zu dem höchst anerkennenswerten Ziele verschüttet, eine wahr haft gute Sach« in schweren Mißkredit gebracht. Darin sehe ich die große Gefahr, die in der jetzt geplanten Regelung liegt. Ich halte mich für berechtigt und nach meinem Gewissen sllr verpflichtet, meine warnende Stimm« zu erheben, weil mir die Sache so wichtig erscheint, daß ich ihr die besten Jahre meines Lebens und Schaffens gewidmet habe. Nach meiner Beurteilung der augenblicklichen Lage fände ein sach lich gehaltener, maßvoll begrenztes und gegen Mißbrauch möglichst sicherndes Vorgehen selbst durch ein Sondergesetz — ich hätte einem entsprechenden Ausbau der Gewerbeordnung oder des Strafgesetzes den Vorzug gegeben — heute die Zustimmung aller loyal gesinnten Vertreter der Presse, des Buchhandels und der Schriftsteller. Es würde in gewissem Sinne eine Einheitsfront der verschiedenen Lager geschaffen werde» In einer seit langem umstrittenen Frage. Die gut willige Mitarbeit weitester Kreise und die selbst bei unentwegten Gegnern jeder »Zensur» zu erwartende Hinnahme eines vernünftigen Zustandes der Einschränkung hemmungsloser Freiheit unter der aus richtig gemeinten Losung »Jugendschutz- wäre ein Gewinn, gar nicht hoch genug anzuschlagen. Es könnte sich da als Ersatz für die fehlende Begriffsbestimmung eine geschlossene öffentliche Mei nung aller Anständigen herausbilden, durch die allein ein solches Gesetz erst lebensfähig, der Jugendschutz erst wirksam werden kann. Ich halte mich bei meinen Besserungsvorschlägen möglichst eng an den nun einmal vorliegenden Gesetzentwurf, weil ich hoffe, dadurch um so leichter «ine Übereinstimmung mit dessen Verfechtern zu er zielen, von denen ich voraussetzc, daß sie selber die Beseitigung schwerer Mängel begrüßen werden. Der Hauptinhalt dieses Gesetzes liegt im ersten Satz des 8 1: Zum Schutze der Heranwachsenden Ju gend werden Schund- und Schmutzschristen in eine Liste ausgeiwmmen — zwecks Verbots. Darin, daß hier 1. »Schund» und 2. »Schmutz» nach freiem Ermessen der Prüfstellen (8 2) völlig unbeschränkt aus dem Verkehr gezogen werden kann, liegt die Gesahr, die Schwierig keit, die Unmöglichkeit dieses Gesetzes. Die Ersassung der »Schund- fchristen» allein als solcher führt ohne weiteres zu einer Geschmacks zensur, die sich konseguenterweise auch aus einen Nieritz, Hossmann, Karl May erstrecken muß und selbst vor mancher gefeierten Tages- größe nicht Halt machen darf. »Der Staat ist doch keine Gouvernante», äußerte mir einmal der verstorbene Geheimrat Rocthe, der sich wohl heute, wie ich ihn kannte, entschieden gegen den Entwurf aus- sprcchen würde. »Schmutzschristen- allein berühren sich so nahe mit der unzüchtigen Literatur des 8 184 StrGB., daß sich eine geradezu verhängnisvolle Praxis der Prüsstellen, denen zunächst jede Erfah rung aus diesem Spezialgebiet mangelt, herausbilden muß. Diese würde dazu führen, ergangene richterliche Entscheidungen (Freisprüche), selbst solche des Reichsgerichts, durch ein gänzlich ungeschultes Laienkollegium unizustoßen, »der Druckschristen, etwa solche künstlerisch oder wissen schaftlich illustriert« Werke, die für eine Strafverfolgung nach 8 184 überhaupt nicht in Betracht kommen können, durch ein geheimes Ge richtsverfahren ohne Verteidigungsmögiichkeiten in die Versenkung ver schwinden zu lassen. Allerlei Erlebnisse aus meiner amtlichen Praxis bestärken mich in dieser Befürchtung. Hier kann also eine Verwirrung der Rechtsverhältnisse, eine uferlose Erweiterung der im Strafgesetz begrenzten Möglichkeit der Unterdrückung eines Buches Platz greifen, noch dazu für die Öffentlichkeit gänzlich unkontrollierbar I Mein Vorschlag geht dahin, die Begriffe »Schund und Sch mutz» alssichgege» seitigbedingendzu einem Begriff zusammenzusafsen, also Schundschriften schmutzigen Inhalts oder Schmutzschristen mit S ch u n d ch a r a k te r. In diesem Sinne hat auch der Ausdruck »Schmutz und Schund» in der Weimarer Verfassung Artikel 118, auf den sich das Gesetz stützt, Ausnahme gefunden, wie mir ein sühnendes Mitglied der Rechten von der Nationalversammlung erklärt hat. Wird diese Auffassung in unzweideutiger Form im Gesetz ausgedrückt und noch hinzugesllgt: »Soweit eine sittliche Gefährdung der Jugend zu befürchten ist» — dann ist meines Erachtens das neue Gesetz der schlimmsten Gefahrenzone entrückt. Dann wird aber auch die erste Ver botsliste von Schund- und Schmutzschristen völlig anders aussehen als die dem Entwurf beigesügte Probeliste, die schlechterdings unan nehmbar ist, enthält sie doch u. a. das Verbot von 200 Romanen im Zweitdruck, die vorher in angesehenen Tageszeitungen aller Schattie rungen erschienen sind. Ein Mangel des Gesetzes liegt auch in den Bestimmungen über die Prüsstellen. Hier müßte vor allem zur Erreichung einer Stetigkeit der Rechtsprechung eine größere Konzentration eintreten. Ich denke mir drei solcher Prüsstellen: in München sür Süddeutsch- land, in Leipzig für di« Mitte, ln Berlin sllr den Norden. DieOber - Prüfstelle sollte ihren Sitz in Leipzig erhalten, dem Brennpunkt des Büchervcrkehrs nicht nur Deutschlands, sondern der ganzen Kulturwelt, wo schon die ganze Atmosphäre im Geschäfts- wie im Rechtsleben aus das Buchhändlerische eingestellt Ist. Uber die Zusammensetzung der Prüfstellen ließe sich noch manches sagen. Von grundsätzlicher Bedeutung erscheint mir die Zuziehung zweier Beruss- richter zur Oberinstanz. Beruhigend für ein strenges Rechtsempfinden wäre vor allem ein genau geordnetes, durchsichtiges Gerichtsver fahren der beiden Instanzen und womöglich die Zuziehung irgendeiner bewährten öffentlichen Einrichtung aus dem Gebiete des Verivaltungs- oder des Gerichtswesens. Die Filmprüfstellen, die-hier zum Vorbild gedient haben, haben doch einen völlig verschiedenen Wirkungskreis. Es kann nicht nachdrücklich genug gewarnt werden, dieses Jugendschutz gesetz allzusehr dem Lichtspielgefetz anzupassen. Auch daraus sei hin- 13S3
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